Faire Chancen für sozial benachteiligte Jugendliche gefordert
Gesundheitskompetenz, ein präventives Gesundheitsverhalten oder auch die Inanspruchnahme von Gesundheitsservices sind für sozial benachteiligte Jugendliche nicht selbstverständlich. "Der Zugang zum österreichischen Gesundheitssystem heißt für diese Jugendlichen oft hohe Barrieren zu überwinden", sagte Andreas Pollak vom Wiener Verein für Training, Integration und Weiterbildung (T.I.W.) bei einem Pressegespräch am Mittwoch in Wien.
"Was es braucht, sind niederschwellige Angebote und pädagogisch entsprechend aufbereitete Informationen", forderte Pollak. Laut den Experten leiden sozial benachteiligte Jugendliche häufiger an Übergewicht. Sie ernähren sich schlechter, bewegen sich weniger und gehen seltener zu Vorsorgeuntersuchungen. Im Hinblick auf Gesundheitsversorgung und Informationszugang stehen sie um ein Vielfaches schlechter da. "Gesundheitliche Einschränkungen sowie physische, psychische, kognitive und soziale Beeinträchtigungen erschweren den Einstieg in das Ausbildungs- und Erwerbssystem sowie einen erfolgreichen berufsbezogenen Abschluss und damit die nachhaltige Integration in die Arbeitswelt", berichtete Pollak.
Es brauche dringend entsprechende Angebote und Services auf Augenhöhe, eine Einrichtung mit niederschwelligem Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen, Information und Prävention. So könne es gelingen, eine gesundheitskompetente Teilhabe dieser Gruppe am Gesundheitswesen zu erreichen und für Chancengleichheit aller Jugendlichen - auch mit Blick auf den späteren Einstieg ins Ausbildungs- und Erwerbssystem - zu sorgen, forderten die Experten. Auf Basis dieser Rahmenbedingungen und Berücksichtigung der Bedürfnisse der Jugendlichen entstand das T.I.W. Gesundheitszentrum in Wien.
"Außerschulische Jugendarbeit spielt durch ihre Niederschwelligkeit eine wichtige Rolle. Sie erreicht Jugendliche dort, wo sie sich in ihrer Freizeit aufhalten, und wo es in erster Linie um Entspannung und Spaß miteinander haben geht", sagte Daniela Kern-Stoiber, vom bundesweiten Netzwerk Offene Jugendarbeit bOJA. Jugendarbeiter:innen leisten eine wichtige Brückenfunktion zwischen Sozialer Arbeit mit jungen Menschen und Gesundheitssystem. "Der Regelbetrieb kann derzeit keine ausreichende Versorgung unserer Kinder und Jugendlichen gewährleisten", sagte Kern-Stoiber, "wir brauchen niederschwellige Angebote!"
Zahlen zum Gesundheitsverhalten benachteiligter Jugendlicher liegen kaum vor. Die Studie Gesundheit und Gesundheitsverhalten der österreichischen Lehrlinge 2021/22 zeigt mögliche Größenordnungen bzw. Richtwerte für Gesundheitskompetenz auf: Nur 19 Prozent der weiblichen und 17 Prozent der männlichen Lehrlinge schätzen ihre Gesundheitskompetenz hoch ein, 17 Prozent der weiblichen und 22 Prozent der männlichen Befragten als nieder. Diese Einschätzung verschiebt sich bei benachteiligten Jugendlichen erfahrungsgemäß weiter nach unten bzw. oben.