Struktur-Reformbedarf bei Gesundheitswesen
Das österreichische Gesundheitswesen muss schnell an den medizinischen Fortschritt in Strukturen, Finanzierung und baulichen Gegebenheiten angepasst werden. In einigen Bereichen fehlt es an Einrichtungen im niedergelassenen Bereich, um eine stärkere "Ambulantisierung" der Patientenversorgung zu gewährleisten, hieß es am Donnerstag bei den Praevenire Gesundheitstagen (bis 11. Oktober) in Eisenstadt.
"Die Spitalsstrukturen waren immer ein Abbild des medizinischen Fortschritts. Früher baute man aus Angst vor Infektionen Pavillon-Krankenhäuser. Dann baute man aus Not mit den Grundstückspreisen in die Höhe. Heute geht man in Richtung modular aufgebauter Krankenanstalten", sagte Wilhelm Marhold, ehemals jahrelang Chef des damaligen Wiener Krankenanstaltenverbundes.
Trend Richtung Ambulantisierung
Der stärkste Trend geht derzeit in Richtung einer sogenannten Ambulantisierung medizinischer Leistungen. Einerseits sollen wir Patienten überhaupt außerhalb der Krankenhäuser betreut werden, andererseits können immer mehr dieser Leistungen ambulant in den Spitälern und in Tageskliniken erbracht werden. Hier fehlt es laut Marhold allein schon an einem entsprechenden Finanzierungssystem: "Wir haben im stationären Bereich eine leistungsorientierte Finanzierung. Im niedergelassenen Bereich haben wir hingegen eine gedeckelte Finanzierung (durch die Krankenkassen; Anm.). Kein Spitalserhalter hat ein Interesse vermehrt ambulante Leistungen anzubieten. Wir brauchen dafür eine eigene Finanzierung."
Dabei fehlen durch die bisher starke Spitalslastigkeit der medizinischen Versorgung in Österreich in vielen Bereichen extramural, also im niedergelassenen Bereich, die notwendigen Einrichtungen. Das können Primärversorgungseinheiten genauso sein wie Facharztzentren etc., welche die hoch spezialisierten Krankenhausambulanzen entlasten könnten. Stephan Kriwanek, medizinischer Geschäftsführer der "Gesundheit Burgenland": "Wir haben Schnittstellenprobleme. Wenn Sie aber etwas vernetzen wollen, brauchen Sie etwas, das Sie vernetzen können."
Gesundheitszentren als Chance
Eine neue Chance könnten Gesundheitszentren oder Gesundheitsparks im Umfeld von Spitälern oder in Krankenhäusern selbst bieten, welche ambulante Leistung erbringen, ohne dass die Patienten sofort stationär aufgenommen werden müssen. Das könnte auch in Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen Ärzten und Spitalspersonal erfolgen. Ein klassisches Beispiel sind Kataraktoperationen (Grauer Star). Sie werden in vielen vergleichbaren Staaten nur noch ambulant durchgeführt. "Wir hatten in Österreich im Jahr 2023 laut den Zahlen des Gesundheitsministeriums 116.405 Kataraktoperationen in den Spitälern (mit stationärer Aufnahme; Anm.)", stellte der Wiener Chirurg Benjamin Glaser dar.
Karl Lehner von der Oberösterreichischen Gesundheitsholding will auf neue Strukturen setzen: "Wir brauchen die Etablierung von Gesundheitszentren im Umfeld oder in den Spitälern. Wir brauchen eine deutliche Verbesserung der Patientenlenkung." Modelle, wonach man die Patienten für das Aufsuchen von Krankenhäusern und Spitalsambulanzen ohne ärztliche Überweisung zahlen lasse, seien in Österreich wohl nicht möglich, man sollte die Patienten aber dort abholen, wo sie ankommen und dort optimal versorgen.