"Ewigkeitschemikalien" PFAS in steirischen Skigebieten nachgewiesen
Die Industriechemikalien per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) lassen sich mittlerweile überall auf der Welt nachweisen. Ein Grazer Forscherteam hat 14 verschiedene PFAS in mehreren steirischen Skigebieten entdeckt. Vermutet wird, dass fluorhaltiges Skiwachs für die Verbreitung verantwortlich ist, schilderte die Chemikerin Viktoria Müller der APA. Viele PFAS stehen im Verdacht, umweltschädlich zu sein und etwa Krebs oder Schilddrüsenerkrankungen hervorzurufen.
Fluorhaltiges Skiwachs macht wegen seiner wasserabweisenden Eigenschaften die Ski gleitfähig und wird daher für ein besseres Skifahrerlebnis - sowohl im Leistungs- als auch im Hobbysport - verwendet. Der Abrieb von Skiwachs hinterlässt dann PFAS auf der Schneeoberfläche, die sich rasch verbreiten können. "Man stirbt nicht, wenn man versehentlich Schnee isst, wenn man mit den Skiern stürzt", sagte die Wissenschafterin der Universität Graz. "Wie viel davon ins Wasser und in die Pflanzen und damit in die Tiere aus diesen Gebieten gelangt, ist unbekannt", gab sie allerdings zu bedenken.
Gemeinsam mit ihrem Team untersuchte sie verschiedene Skiwachse und entnahm Schnee- und Bodenproben von den Skigebieten auf der Teichalm, dem Lachtal, Schladming und dem Kärntner Klippitztörl. Nachweisen konnten sie insgesamt 14 PFAS - 31 wollten sie finden. "Wir machen uns mehr Sorgen über den Anteil, den wir nicht identifizieren können, weil wir höchstwahrscheinlich keine Informationen über ihren Verbleib und ihre Anreicherung in der Umwelt haben", erklärte Müller.
Mehrere tausend Substanzen werden als PFAS bezeichnet
Insgesamt gibt es mehrere tausend Substanzen, die als PFAS bezeichnet werden - nur wenige wurden bisher untersucht. "Die Toxizität dieser PFAS wurde jedoch lange Zeit unterschätzt, und die tolerierbare menschliche Aufnahmemenge von vier der am häufigsten vorkommenden PFAS wurde daher erst im Jahr 2020 maßgeblich herabgesetzt", heißt es im PFAS-Report 2022 vom österreichischen Umweltbundesamt.
Ob die PFAS-Konzentrationen in den Skigebieten definitiv vom Skiwachs kommen, lässt sich nicht feststellen. Dafür bräuchte es mehr Informationen über die Auswirkung von atmosphärischen Ablagerungen oder den verwendeten Geräten in den Skigebieten wie beispielsweise den Fahrzeugen, die den Schnee präparieren, sagte die Chemikerin. Ein Folgeprojekt soll sich aber mit der Identifizierung von jenen PFAS, die das Forscherteam mit seinen Methoden in den Proben nicht identifizieren konnte, befassen. Ein weiteres setzt sich mit der Migration von PFAS von den Skipisten in Bäche und Flüsse auseinander.
Wegen seiner umwelt- und gesundheitsschädlichen Auswirkungen wurde fluorhaltiges Skiwachs von der FIS bei Wettkämpfen verboten. In Geschäften zu kaufen gebe es das Wachs aber immer noch. Erkennbar sei es durch ein "F" oder eine ähnliche Kennzeichnung, erklärte die Forscherin. "Ein Tipp ist zu versuchen, die alternativen Wachse zu verwenden, die auch noch billiger sind, sodass es doppelt vorteilhaft ist - für die Umwelt und für unseren Geldbeutel", so Müller.
Breite Anwendungspalette
PFAS kommen aber nicht nur im Skiwachs zum Einsatz. Weil sie wasser-, fett- und schmutzabweisend, widerstandsfähig und nicht entflammbar sind, reicht ihre Anwendung von Feuerlöschschäumen, über Pestizide, Elektrogeräte, Arzneimittel, Sportarmbändern bis hin zu Kosmetika und Körperpflegeprodukten. Häufig werden sie auch laut dem österreichischen Umweltbundesamt als Beschichtung bei Kleidung, Möbel und Lebensmittelverpackungen eingesetzt.
Die Forscherin spricht sich für ein allgemeines PFAS-Verbot aus: "Ich bin der Meinung, dass es verboten werden sollte, und zwar nicht nur in Skiwachsen, sondern auch in anderen Dingen - vor allem, weil es so viele Unbekannte gibt, die sie umgeben." Sie betonte, dass es zwar einige toxikologische Daten gebe und man auch einige PFAS überwachen könne. Ihre Sorge gelte aber jenen Substanzen, die sich nicht identifizieren lassen, weil die entsprechenden Methoden fehlen. "Ein weiteres Problem bei diesen PFAS ist, dass sie lange Zeit in der Umwelt verbleiben, sich anreichern und transportiert werden - und wir keine kosteneffiziente und 'universelle' Methode zur Entfernung von PFAS haben", begründete sie ihre Meinung.
Ein generelles PFAS-Verbot wird von der EU diskutiert. Die Industrie steht diesem kritisch gegenüber. Schlüsseltechnologien für die Energiewende ließen sich nicht ohne diese Chemikalien produzieren, teilten die Industriellenvereinigung und mehrere deutsche Industrieverbände im Sommer 2023 mit.