Kindergarten - Hilfswerk setzt auf MINT und fordert Verbesserungen
Österreich kämpft schon seit vielen Jahren mit einem Fachkräftemangel in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT), in Zukunft wird der Personalbedarf aber noch weiter steigen. Um künftig mehr Nachwuchs für diesen Bereich zu begeistern, startet das Hilfswerk nun in seinen Kindergärten eine MINT-Initiative. Eine Umsetzung werde aber nur möglich sein, wenn die Rahmenbedingungen in den Kindergärten verbessert werden, wurde betont.
Aktuell gebe es beim AMS 35.000 offene Stellen im MINT-Bereich und bis 2029 seien bei den Schlüsseltechnologien noch 58.000 zusätzliche MINT-Jobs zu besetzen, schilderte Wolfgang Haidinger, der bei der Industriellenvereinigung für Forschung, Technologie und Innovation zuständig ist, vor Journalisten. Diese Posten zu besetzen werde - vor allem vor dem Hintergrund eines generellen Fachkräftemangels - eine "Mammutaufgabe". Die Lösung sei, Menschen möglichst früh für MINT zu begeistern, kontinuierlich an dem Thema dranzubleiben und vor allem Mädchen und Frauen, die derzeit immer noch deutlich unterrepräsentiert sind, gezielt anzusprechen. Das sei abseits des Fachkräftemangels auch deshalb wichtig, weil ein gewisses Technikverständnis mittlerweile auch die Voraussetzung dafür sei, an der Gesellschaft teilhaben zu können.
Früher Kontakt führt zu positiver Einstellung
Die neue MINT-Initiative des Hilfswerks, die auf eine Ausschreibung des Bundeskanzleramts zum Thema Frauenförderung zurückgeht, soll hier ansetzen. Derzeit verliere Österreich wertvolle Fachkräfte, weil man Talente verkümmern lasse, kritisierte Hilfswerk-Präsident Othmar Karas. "Wer künftig mehr Fachkräfte möchte, muss die Kindergärten endlich ernst nehmen." Immerhin führe ein früher Kontakt mit Naturwissenschaften mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer positiven Einstellung und einem besseren Verständnis auch im späteren Leben, hieß es bei der Pressekonferenz am heutigen Tag des Kindergartens.
In diesem Bereich ausschließlich Forderungen an das Personal zu stellen, reiche allerdings nicht aus, betonte Rebecca Janker vom Fachreferat "Kinder, Jugend, Familie und Psychosoziale Dienste" im Hilfswerk. Es sei wichtig, das pädagogische Personal im Umgang mit MINT zu stärken, etwa in Form qualitativ hochwertiger und flächendeckender Weiterbildungen, damit die Pädagoginnen und Pädagogen sich kompetent fühlen und die Inhalte auch im Alltag vermitteln. Das habe vor allem auch auf den Zugang der Mädchen zu MINT positive Auswirkungen. Bei seiner MINT-Initiative bietet das Hilfswerk u.a. freiwillige Präsenz- und Online-Fortbildungen, eine Online-Plattform mit pädagogischem Material und Social-Media-Inhalte wie Tiktok-Videos zu Experimenten.
Förderung wegen Personalmangel "Kraftakt"
MINT-Förderung angesichts des sich verschärfenden Personalmangels in den Kindergärten im Alltag unterzubringen, werde allerdings "ein Kraftakt", räumte Hilfswerk-Geschäftsführerin Elisabeth Anselm ein. Wenn es nicht gelinge, mehr Personal zu gewinnen und die Pädagoginnen und Pädagogen in den Einrichtungen zu entlasten, werde eine adäquate Umsetzung "ganz schwierig".
Immerhin ist das Personal in den Kindergärten schon jetzt knapp, bis 2030 geht jede vierte Pädagogin in Pension. Eine Studie im Auftrag des Bildungsministeriums geht davon aus, dass die Personallücke bis dahin auf 13.700 Köpfe wachsen wird. Gleichzeitig sei der Dropout in den Kindergärten hoch. "Wenn man die Attraktivität des Berufs und die Rahmenbedingungen für Einstieg und Verbleib nicht verbessert, ist der Fortbestand bestehender Einrichtungen nicht gesichert, sondern ernsthaft gefährdet."
Hilfswerk-Präsident Karas forderte deshalb rasche Maßnahmen der Politik, u.a. eine Ausbildungsoffensive, ein besseres Fachkräfte-Kind-Verhältnis, eine Entlastung der Pädagoginnen durch interdisziplinäre Teams, Weiterbildungsmöglichkeiten und Supervision sowie eine Entlastung von Verwaltungsarbeiten. Mit Blick auf die laufenden 15a-Verhandlungen zwischen Bund und Ländern mahnte Karas außerdem mehr Geld ein, um die Gehälter des Kindergartenpersonals zu verbessern und etwa die Zahlung von Einstiegs- und Treueprämien zu ermöglichen.