Darm-Leber-Achse im Fokus: Semisynthetische Gallensäure wirkt entzündungshemmend auf den Darm
Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität Wien hat einen weiteren Fortschritt in der Behandlung von Darmentzündungen erzielt. Eine Studie zeigt, dass die halbsynthetische Gallensäure NorUDCA die Entstehung entzündungsfördernden T-Helfer-17-Zellen (TH17) im Darm hemmt und gleichzeitig die Bildung entzündungshemmender regulatorischer T-Zellen fördert. Dies könnte eine vielversprechende neue Therapiemöglichkeit für Patient:innen mit TH17-vermittelten Darmerkrankungen sein. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal Gut veröffentlicht.
NorUDCA (24-Nor-Ursodesoxycholsäure) ist eine chemisch modifizierte Gallensäure, die bereits vielversprechende Ergebnisse in der Behandlung von Lebererkrankungen wie der primär sklerosierenden Cholangitis (PSC) gezeigt hat und in klinischen Studien erprobt wird. Da die PSC häufig mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung einhergeht und hier ein ursächlicher Zusammenhang vermutet wird, untersuchte ein Forschungsteam der MedUni Wien unter der gemeinsamen Leitung von Michael Trauner (Klinische Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie) und Wilfried Ellmeier (Institut für Immunologie) nun die Wirkung von NorUDCA auf das Immunsystem des Darms. Dabei zeigte sich, dass NorUDCA nicht nur die entzündungsfördernden TH17-Zellen hemmt, sondern auch deren Umwandlung in regulatorische T-Zellen (Tregs) begünstigt.
Um die Wirkung von NorUDCA zu untersuchen, wurden verschiedene Mausmodelle genutzt, die Darmentzündungen nachahmen. Dazu gehörte ein Modell, bei dem bestimmte Immunzellen (CD4+ T-Zellen) in immungeschwächte Mäuse übertragen wurden, um die Rolle von TH17- Zellen zu analysieren. Ein weiteres Modell verwendete menschliche Immunzellen von PSC-Patient:innen, um die Ergebnisse auf den Menschen zu übertragen. Moderne Analysemethoden wie Vielfarben- Durchflusszytometrie, RNA-Sequenzierung und Stoffwechselanalysen mittels Massenspektrometrie halfen dabei, die Mechanismen hinter der entzündungshemmenden Wirkung von NorUDCA zu entschlüsseln. Die Ergebnisse in den Modellen zeigen, dass die Wirkung auch in menschlichen Immunzellen erkennbar ist. Dazu Ci Ashley Zhu, Senior Postdoc und Erstautorin der Studie: "Wir konnten den entzündungshemmenden Effekt von NorUDCA nicht nur in Mausmodellen, sondern auch in einem humanisierten Mausmodell mit Zellen von PSC- Patient:innen bestätigen, was darauf hinweist, dass dieser Effekt auch im menschlichen Darm wirken könnte." Es konnten dabei neue mechanistische Einblicke in die Signalwirkung von Gallensäuren in der Darm-Leber-Achse gewonnen werden.
Wilfried Ellmeier erklärt: "Die Ergebnisse unserer Studie liefern neue Einblicke in die Regulation und Modulation von TH17-Zellen und zeigen, wie durch NorUDCA metabolische Prozesse in Immunzellen gezielt beeinflusst werden können, um T-Zell-vermittelte entzündliche Erkrankungen zu behandeln. Das Resultat dieser Forschung ist das Ergebnis einer erfolgreichen Kooperation der immunologischen Grundlagenforschung und der klinischen Gastroenterologie und Hepatologie an der MedUni Wien."
Michael Trauner ergänzt: "Dass NorUDCA nicht nur in der Leber, sondern auch im Darm eine bedeutende immunmodulierende Wirkung hat, könnte neben der Bedeutung für die Therapie der PSC in Zukunft zur Entwicklung neuer Therapien für entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn führen. Die präklinischen Daten geben auch Hinweise darauf, dass diese immunmodulierenden Prozesse sogar neuroinflammatorische Vorgänge im Gehirn, also außerhalb der Darm-Leber Achse, beeinflussen könnten."
Die Forschungen, die im Rahmen eines Retreats des Forschungsclusters Immunologie der Medizinischen Universität Wien initiiert worden sind, wurden durch Mittel des Wissenschaftsfonds ( FWF) unterstützt.
Publikation: Gut 24-Nor-ursodeoxycholic acid improves intestinal inflammation by targeting TH17 pathogenicity and transdifferentiation
Ci Zhu, Nicole Boucheron, Osamah Al-Rubaye, Brian K Chung, Liv Wenche Thorbjørnsen, Thomas Köcher, Michael Schuster, Thierry Claudel, Emina Halilbasic, Victoria Kunczer, Fanziska Muscate, Lois L Cavanagh, Darina Waltenberger, Alexander Lercher, Anna Ohradanova- Repic, Philipp Schatzlmaier, Tatjana Stojakovic, Hubert Scharnagl, Andreas Bergthaler, Hannes Stockinger, Samuel Huber, Christoph Bock, Lukas Kenner, Tom H Karlsen, Wilfried Ellmeier, Michael Trauner doi:10.1136/gutjnl-2024-333297 https://gut.bmj.com/content/early/2025/03/02/gutjnl-2024-333297 Rückfragehinweis: Medizinische Universität Wien Mag. Johannes Angerer Leiter Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit Telefon: +43 1 40160-11501 E-Mail: presse@meduniwien.ac.at Website: https://www.meduniwien.ac.at Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/1238/aom *** OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT ***