Zugang zu Gerichtsakten für die Wissenschaft wird erleichtert
Gerichtsakten von besonderer historischer und wissenschaftlicher Bedeutung werden für Forscherinnen und Forscher in Zukunft besser zugänglich. Ermöglicht wird dies durch eine Verordnung des Justizministeriums, wie es am Mittwoch gegenüber der APA hieß. Sie sieht vor, dass die Einstufung eines Akts als "von historischer Bedeutung" auch nachträglich erfolgen kann. Die sonst vorgesehene Vernichtungen von Gerichtsakten nach 30 Jahren kann so vermieden werden.
Den Vermerk "Von historischer Bedeutung, nicht vernichten!" konnte der oder die mit einer Sache betraute Richter bzw. Richterin zwar schon bisher anbringen lassen, allerdings kam es in der Praxis kaum dazu. Laut Justizministerium lag das unter anderem daran, dass es in den meisten Fällen schlicht nicht möglich war, eine potenzielle künftige historische Bedeutung des Aktes bereits zum Zeitpunkt der Archivierung festzustellen.
"Nicht vernichten!"
Die neu geschaffene Bestimmung - eine Änderung der Geschäftsordnung der Gerichte erster und zweiter Instanz - sieht daher vor, dass auch zu einem späteren Zeitpunkt eine Einstufung eines Akts als "von historischer Bedeutung" durch nachträgliches Anbringen des Vermerks zulässig ist. Eine nachträgliche Überprüfung soll dabei durch begründete Stellungnahme eines Leiters einer anerkannten wissenschaftlichen Einrichtung veranlasst werden dürfen. Darunter sind vor allem Universitäten, deren Fakultäten und Institute sowie Fachhochschulen zu verstehen.
Ein Akt, der diesen Vermerk trägt, ist dann dauerhaft aufzubewahren und dem Staatsarchiv zur Übernahme anzubieten. Ebenso ist das Staats- oder Landesarchiv nach den Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes zur Entscheidung über die Einsicht in einen Gerichtsakt berufen, wenn sich der Akt in diesem Archiv befindet und den Vermerk "Von historischer Bedeutung, nicht vernichten!" trägt. Somit, so das Ministerium, werde sichergestellt, dass alle relevanten Akten aufbewahrt und in weiterer Folge auch wissenschaftlich verarbeitet werden können.
Zugang für historische Forschung
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) erinnerte in einer schriftlichen Stellungnahme daran, dass Historiker und Forschende in der Vergangenheit oft mit dem Zugang zu historisch relevanten Gerichtsakten zu kämpfen hatten. Nun könne verhindert werden, dass potenziell wichtige Informationen verloren gehen.