Wiener KI- und Kybernetik-Pionier Robert Trappl wird 85
Fragen nach der Funktionsweise der menschlichen Psyche und unter welchen Umständen Maschinen mit Künstlicher Intelligenz (KI) ausgestatten werden können und sollen, sind langjährige wissenschaftliche Begleiter des Wiener Kybernetikers und KI-Pioniers Robert Trappl. Mit dem Potenzial solcher Systeme, das vielen Menschen erst jetzt durch ChatGPT und Co. bewusst wird, setzt sich der Forscher schon jahrzehntelang auseinander. Am 16. Jänner feiert er seinen 85. Geburtstag.
Sein primäres Interesse habe immer an dem gehangen, was im Englischen mit "the mind" bezeichnet wird, erklärte Trappl einmal im Gespräch mit der APA. Im Deutschen treffe diesen Ausdruck am ehesten das Wort "Psyche". Doch dieser wandte sich der Forscher erst etwas später zu. Was daran lag, dass er ein "ganz ein armer Bua" gewesen sei, der teils auf "das abgetragene Gewand von meinen Schulkollegen" angewiesen war, erinnerte sich der am 16. Jänner 1939 in Wien geborene Trappl.
Elektrotechnik und Psychologie
Mit Elektrotechnik an der Technischen Universität (TU) Wien visierte er daher erst einmal "etwas Praktisches" an. Es folgte das Doktoratsstudium der Psychologie mit dem Nebenfach Astronomie an der Universität Wien und später noch ein Diplom vom Institut für Höhere Studien im Fach Soziologie. 2012 machte er noch den MBA in General Management und wurde zum Präsidenten der "International Academy for Systems and Cybernetic Sciences" gewählt.
1969 gründete Trappl mit anderen jungen Wissenschaftern die Österreichische Studiengesellschaft für Kybernetik. 1984 erfolgte dann die Gründung des Österreichischen Forschungsinstituts für Artificial Intelligence (OFAI) in Wien. Ebenda lässt man den Langzeit-Direktor des Instituts auch hochleben. Dort arbeiten zahlreiche Wissenschafterinnen und Wissenschafter an verschiedenen KI-Themen, wie dem automatischen Verstehen von Musik, Zugängen zu Big Data, Roboternavigation, Sprachtechnologie, emotionalen Persönlichkeitsmodellen oder der Entwicklung ethischer Systeme für Roboter.
Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Psyche brachte den seit 2007 emeritierten Professor für Medizinische Kybernetik und Artificial Intelligence (AI) an der Uni Wien unter anderem zur Hirnforschung. Bei der Überführung der menschlichen Psyche in die Technik beschäftigte man sich sehr lange lediglich mit der Intelligenz, als Ausdruck von Rationalität und Logik, bemängelte Trappl.
Rationalität bedingt Emotionalität
Für den Wissenschafter, der insgesamt über 180 wissenschaftliche Artikel veröffentlicht und 35 Fachbücher herausgegeben und mitverfasst hat, sind "Rationalität und Emotionalität Partner, die einander bedingen". Seinen Zugang erklärte der an Pantomime, Improvisationstheater und modernem Tanz interessierte und ausübende Forscher immer wieder auch im Rahmen von Vorträgen und Lehrveranstaltungen.
Viel manipulative Macht verortete Trappl vor allem aufseiten der Entwickler von KI- oder Robotik-Systemen, erklärte er etwa vor wenigen Jahren auf einer Konferenz zur "Robophilosophie" in Wien: "Der KI-Gott ist momentan viel ungefährlicher als das Potenzial, das in den Händen von Menschen liegt." Die Österreicher bräuchten jedenfalls mehr Informationen darüber, welches Potenzial selbstlernende Systeme und Robotik-Entwicklungen haben - abseits "furchterregender Artikel, die den Verlust der Hälfte der Arbeitsplätze prognostizieren", sagte Trappl im Jahr 2019 auf einem wissenschaftlichen Symposium.
2018 setzte er sich auch mit seinen eigenen "Prophezeiungen" auseinander: 1986 und 1987 wurden unter seiner Leitung Videos zur "Einführung in die Künstliche Intelligenz" produziert, die auch tausendfach verkauft wurden. Im Rahmen einer Vortragsreihe klopfte er diese auf ihre Treffsicherheit ab.
Trappl hält an mehreren Wiener Universitäten und an der Diplomatischen Akademie laufend Vorlesungen und Seminare über "Artificial Intelligence" und verwandte Themen. Der Wissenschafter ist ebenso auf Kongressen und anderen Veranstaltungen aktiv. So hielt er zuletzt unter dem Titel "Was bleibt vom Menschen, wenn Intelligenz künstlich wird?" den Keynote-Vortag beim "Internet Summit Austria 2023". Zusammen mit Kollegen rittert Trappl zur Zeit um eine Forschungsförderung im Bereich der "Roboterpsychologie". Aktuell beschäftigt er sich mit Fragen an der Schnittstelle zwischen KI und Bewusstsein, über deren mögliche Beantwortung er noch zu unsicher ist, um darüber zu sprechen, wie er gegenüber der APA erklärte.
Mehr als zehn Jahre lang ging Trappl auch der Frage nach, wie mittels KI Konflikte und Kriege vermieden werden könnten. Das komme vermutlich daher, dass er als Kriegskind viel Zeit in Bunkern verbracht habe. Da in der KI viel mit militärischem Hintergrund geforscht wird, stellt sich für ihn die Frage, ob damit auch der Ausbruch von Kriegen verhindert werden oder eine Auseinandersetzung besser friedlich gelöst werden kann. Die Ergebnisse sind im Buch "Programming for Peace" (2006) zusammengefasst.
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