Floren verlieren weltweit an Einzigartigkeit
Selbst weit voneinander entfernte Regionen unseres Planeten werden sich in ihren Floren immer ähnlicher. Grund ist die Ausbreitung gebietsfremder Pflanzenarten, so das Ergebnis eines globalen Forschungsprojektes der Universität Konstanz unter Beteiligung von Forscher*innen der Universität Wien um Franz Essl und Bernd Lenzner. Die Studie erscheint aktuell in Nature Communications.
Wenn gebietsfremde Pflanzen sich in einer Region neu integrieren und erfolgreich ausbreiten, so kann das erhebliche negative Folgen für die heimischen Arten haben. Ein weiterer bislang nur selten untersuchter Aspekt der weltweiten Verschleppung von Pflanzenarten ist, dass dieser Vorgang auch zu einer Vereinheitlichung regionaler Floren und damit zu einem Verlust an Einzigartigkeit führt.
Untersuchung mithilfe globaler Datenbanken
In ihrer aktuellen Studie verglichen die Forscher*innen anhand globaler Datenbanken erstmalig die Zusammensetzung 658 regionaler Floren aus nahezu allen Teilen der Welt. Zusätzlich untersuchten sie den Einfluss natürlicher und menschgemachter Faktoren auf die zunehmende Vereinheitlichung der regionalen Floren. Für die Bewertung der Einzigartigkeit einzelner Regionen berücksichtigten sie sowohl die Anzahl der Pflanzenarten, die sich eine Region mit anderen Regionen teilt, als auch den Verwandtschaftsgrad der Pflanzenarten zueinander. Sie schlossen dadurch auch die regionale Evolutionsgeschichte in ihre Untersuchung ein.
Eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung gebietsfremder Pflanzen und dem Verlust der Einzigartigkeit regionaler Floren spielen biogeographische Faktoren. Hierzu gehören laut Studie die geographische Entfernung zwischen den betrachteten Regionen und deren klimatische Unterschiede. "Eine Pflanze kann sich in einer neuen Region dann gut ansiedeln, wenn die klimatischen Bedingungen im Ursprungsgebiet und im neuen Gebiet einander ähnlich sind", erklärt der Biodiversitätsforscher Franz Essl von der Universität Wien.
Politische Faktoren als zusätzliche Triebkraft
Doch auch menschgemachte Faktoren haben einen Einfluss auf die Verbreitung gebietsfremder Pflanzen und die Vereinheitlichung der weltweiten regionalen Floren. So beschreiben die Forscher*innen, dass eine gemeinsame politische Vergangenheit ebenfalls eine Rolle spielt: Regionen, die ehemals einem gemeinsamen Staat angehörten, weisen eine stärkere Vereinheitlichung in der Artenzusammensetzung ihrer Floren auf. Auch innerhalb heute bestehender Landesgrenzen zeigt sich dieser Effekt, etwa bei den Bundesstaaten der USA. Historische Beispiele sind etwa die europäischen Kolonialmächte und ehemals von ihnen besetzte Gebiete. "Die Kolonialmächte schleppten in ihre ehemaligen Kolonien auch Pflanzenarten ein - entweder absichtlich als Handelsware oder als Nutzpflanze, aber auch unabsichtlich", erläutert der Biodiversitätsforscher Bernd Lenzner von der Universität Wien, Mitautor der Studie.
Wirksamere Maßnahmen zur Biosicherheit erforderlich
Fazit: Gebietsfremde Pflanzen treiben die weltweite Vereinheitlichung regionaler Pflanzengemeinschaften voran und der Mensch trägt durch die weitere Verschleppung einen wesentlichen Teil dazu bei. "Wir brauchen effektivere Schutzmaßnahmen gegen die fortschreitende Verschleppung gebietsfremder Pflanzen, um die Einzigartigkeit unserer Lebensräume zu erhalten", schließt Franz Essl.
Publikation:
Nature Communications: Qiang Yang et al. (2021). "The global loss of floristic uniqueness", Nature Communications; DOI:10.1038/s41467-021-27603-y
Wissenschaftlicher Kontakt: Assoz. Prof. Mag. Dr. Franz Essl Department für Botanik und Biodiversitätsforschung M +43-676-609-16-38 franz.essl@univie.ac.at www.univie.ac.at Rückfragehinweis: Mag. Alexandra Frey Pressebüro der Universität Wien 1010 Wien, Universitätsring 1 M +43-60277-175 33 alexandra.frey@univie.ac.at www.univie.ac.at
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