Selbsthilfe Darmkrebs begeht 20-jähriges Jubiläum
Die Selbsthilfe Darmkrebs hat am Donnerstag anlässlich ihres 20-jährigen Jubiläums ein Resümee gezogen. Vor allem sei es gelungen, die "Erkrankung gesellschaftsfähig zu machen", sagte Obfrau Helga Thurnher. "Der Tod meines Mannes hat mich angetrieben, den Menschen die Angst vor der Koloskopie zu nehmen", so Thurnher. Der Wunsch eines darmkrebsfreien Österreich werde sie nicht mehr erleben, doch in den 20 Jahren habe sich insgesamt viel getan.
"43.000 Menschen erkranken in Österreich jährlich an Krebs, 21.000 davon sterben - Darmkrebs ist die dritthäufigste Form mit der dritthöchsten Zahl an Todesfällen", erinnerte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) als Schirmherr der Selbsthilfe und "Darmkrebsüberlebender" in einer Video-Grußbotschaft. "Die Krankheit ist erst im fortgeschrittenen Stadium spürbar" - und daher sei die Vorsorge so wichtig. "Die Koloskopie kann bereits Vorstufen erkennen - und sie ist ab 50 Jahren kostenlos", sagte Rauch.
Koloskopie belastet nicht sehr
Die Koloskopie würde auch breit in Anspruch genommen, unterstrich Andreas Huss, Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), und sie sei keine großartig belastende Untersuchung. Aber man sehe auch: "Nur das Angebot allein ist zu wenig." Am Beispiel der Brustkrebs-Vorsorge habe sich gezeigt, "dass erst ein einheitliches Screening die Zahlen steigen ließ". Daher plane man bei der Vorsorgekoloskopie nun Ähnliches. "Positive Ergebnisse im Burgenland und Vorarlberg beweisen, dass es möglich ist, Neuerkrankungen und Todesfälle durch die Einladung zur Darmvorsorge signifikant zu senken", berichtet Huss. Nächstes Jahr soll ein Pilotversuch für ein zukünftiges österreichweites Darmkrebs-Screening in Wien, Steiermark und Tirol ausgerollt werden, kündigte Huss an - das würde nicht nur Leid, sondern auch Kosten sparen.
Wien hat das Programm bereits ausgeschrieben, in den beiden anderen Bundesländern seien Verträge geschlossen worden, sagte Huss. In Wien werden Röhrchen an die betroffene Gruppe ausgeschickt, während es in den anderen Bundesländern über die Ärzte laufen soll. Es ginge darum, sich unterschiedliche Modelle anzusehen und dann zu entscheiden.
Steigende Krebsraten in Österreich
Heinz Ludwig, unter anderem Onkologe und Mitbegründer der Selbsthilfe Darmkrebs, verwies auf die steigende Krebsinzidenz in Österreich, die aber in Relation mit der steigenden Bevölkerungszahl gesehen werden müsse. Altersstandardisiert gebe es einen Rückgang - aber da wolle man nicht stehen bleiben. Etwas weniger als die Hälfte der Patienten mit Diagnose sterbe an Dickdarmkrebs, und die Mortalität ginge nur bescheiden zurück. "Früherkennung ist nicht alles, auch Lebensstiländerung ist angesagt", riet Ludwig.
Das Darmkrebs-Risiko steige damit, wenn man bereits Fälle in der Familie habe, sagte der Mediziner Alexander Klaus vom Krankenhaus Barmherzige Schwestern - und "insbesondere wenn die Angehörigen in jüngeren Jahren erkrankt sind." Bedrohlich werde die Krankheit, wenn bereits eine Metastasierung, also Absiedelung der bösartigen Zellen, erfolgt ist: "Wir sehen leider immer noch bis zu 30 Prozent der Patienten, die bereits an dieser leiden", so Klaus. Dabei sei der Darm relativ leicht zu untersuchen, unterstrich Klaus, und die Untersuchung für den Patienten keineswegs belastend.
Das Krankenhaus Barmherzige Schwestern in Wien sei inzwischen ein zertifiziertes Darmkrebszentrum, hier werde aus verschiedenen medizinischen Blickwinkeln auf die Krankheit geschaut, um so ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen. "Seit 2017 gibt es eine eigene Onkologie und seitdem sind wir auch Partner der Selbsthilfegruppe", erläuterte Klaus. Mit dieser habe man den Nachsorgepass entwickelt, der für Patienten mit einer Diagnose gedacht ist und neben Ansprechpartnern auch ein Nachsorgeschema mit unterschiedlichen Untersuchungen enthält. Und käme es zu einer Operation, so würden neue Methoden und Narkoseverfahren dafür sorgen, dass sich auch ältere Menschen einer solchen unterziehen könnten.