Corona - Frühes Reagieren und digitale Technik erfolgreich in Taiwan
In angesehenen Medizin-Publikationen wird Taiwan für die Beherrschung der Covid-19-Pandemie gelobt. In einem von der Agentur für Gesundheits und Ernährungssicherheit (AGES) organisierten Online-Meeting stellten taiwanesische Experten ihre Erfolgsfaktoren - in dem Inselstaat wurde seit 12. April keine einzige Covid-19-Erkrankung mehr registriert - vor: Vorbereitung auf Epidemien, extrem schnelles Reagieren und Reaktion mit digitaler vernetzter Technik.
"Wir haben bisher 766 bestätigte SARS-CoV-2-Infektionen gehabt. Es gab sieben Todesfälle. Seit 12. April wurden keine neuen Infektionen mehr registriert", erklärte Elle Shu-Wan Jian vom taiwanesischen Zentrum für Krankheitskontrolle (ähnlich dem europäischen ECDC/Stockholm). Sie hat vor einiger Zeit einen Teil ihrer Ausbildung bei der AGES absolviert.
Taiwan war vorbereitet
Anders als die westlichen Industriestaaten hatte sich Taiwan bereits lange vor Covid-19 auf den Fall einer plötzlich ausbrechenden Seuche - auch aus der Volksrepublik China - vorbereitet. Die Expertin: "Das war die asiatische Erfahrung mit SARS (2002/2003; Anm.) und MERS (seit 2012; Anm.)." Speziell immer wiederkehrende Krankheitsausbrüche mit Infektionen in China, von dort stammten in den vergangenen Jahren auch immer wieder neue Influenza-Erreger, hätten so zum Aufbau effektiver Frühwarn- und Überwachungssysteme geführt.
In Taiwan war man durch die Nähe zur Volksrepublik und intensive Informationsauswertungen zu den Vorgängen dort extrem früh wegen SARS-CoV-2 alarmiert. "Am 31. Dezember (2019; Anm.) wurden in Taiwan die ersten Informationen über neu auftretende Pneumonien in Wuhan entdeckt. Am 18. Jänner gab es den ersten aus China importierten Covid-19-Fall in Taiwan, am 24. Jänner wurde auf hohe Alarmbereitschaft geschaltet", sagte Elle Shu-Wan Jian. Während sich die westlichen Staaten und deren Medien auf das Thema des Krankheitsausbruches konzentriert hätten, sei in ihrem Land sehr schnell die Gefahr für eine Pandemie erkannt worden.
Flächendeckende Überwachung
Mit der ersten Februarwoche wurde in Taiwan schließlich ein epidemiologisches Informationsnetzwerk zu Covid-19 samt flächendeckender Surveillance des Krankheitsgeschehens hochgefahren. Man stützte sich in Taiwan dabei auch auf jenes Kontrollsystem, das vorher bereits für Influenza-Krankheitswellen etabliert worden war. Das 99 Prozent der 23,5 Millionen Einwohner Taiwans umfassende Krankenversicherungssystem und die elektronische Vernetzung der Gesundheitsdienste auf ständiger Online-Basis erlaubte, so die Expertin, die extrem schnelle Feststellung Erkrankter und ihrer Kontaktpersonen sowie die Vernetzung der Daten über das Auftreten der Erkrankung im Real-Time-Modus.
Für die Betroffenen - Kranke wie Symptomlose bzw. Kontaktpersonen - gab es zweiwöchige Quarantäne mit umfassender Beratung, Begleitung mit täglichen Anrufen etc. sowie Kontrolle via Handy. So wurde auch die Einhaltung der Quarantäne erfasst. Faktisch alle engen Kontaktpersonen konnten binnen eines Tages erfasst werden. Eine allfällige Diagnose wurde ebenfalls binnen eines Tages per Labortest gestellt.
"Zusätzlich werden Social Distancing durch Kontrolle von Menschenansammlungen (per Handy-Daten; Anm.) und das Tragen von Masken registriert. Drei Viertel aller Menschen tragen Masken", sagte die Expertin. Umfassend sei jedenfalls die Informationstätigkeit bezüglich Covid-19 gegenüber der taiwanesischen Bevölkerung. "Transparenz der Regierung gegenüber den Menschen, nicht Transparenz der Menschen in Richtung Regierung lautet die Devise", sagte Elle Shu-Wan Jian.