Kindergarten: Appelle für mehr Investitionen in frühkindliche Bildung
Vertreterinnen und Vertreter von Wirtschaft, Wissenschaft und der Praxis haben am Montag bei einer Pressekonferenz die Rolle von elementarer Bildung für den weiteren Bildungsweg der Kinder betont und einmal mehr Investitionen in Kindergärten gefordert. Diese würden sich auch volkswirtschaftliche rechnen, betonten Vertreterinnen von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung. Laut Studien komme jeder Euro für die Qualität in der frühen Bildung mindestens achtfach zurück.
Frühe Bindung und Beziehung - auch etwa zu Elementarpädagoginnen und -pädagogen - würden nicht nur die soziale Kompetenz bis ins Erwachsenenalter prägen, sondern auch die innere Motivation, Lernbereitschaft und die Empathiefähigkeit, betonte Isabella Sarto-Jackson vom Konrad Lorenz Institut für Evolutions- und Kognitionsforschung in Klosterneuburg laut Presseunterlage. Für die entsprechende Qualität in der Beziehungs- und Bildungsarbeit brauche es u.a. eine gute Ausbildung, genug Zeit, Vertrauen und eine "wachstumsorientierte Einstellung". Als "good practice"-Beispiel wurde der "Bildungsgarten" in Graz vorgestellt, wo acht pädagogische Fachkräfte zwei Gruppen betreuen und zunehmend projektorientiert gearbeitet wird.
Ganzjährige Kindergartenplätze, die mit Vollzeitjobs der Eltern vereinbar sind, seien ein wichtiges Instrument für mehr Bildungsgerechtigkeit, betonte IV-Bildungsexpertin Gudrun Feucht. Immerhin sei die positive Wirkung qualitativ hochwertiger Kindergärten bei Kindern aus Familien mit wenige Geld und geringer Bildung besonders stark. Gleichzeitig würden diese Plätze auch mehr Frauen Vollzeitjobs ermöglichen. Derzeit arbeitet die Hälfte davon Teilzeit, was auch ein klarer Wettbewerbsnachteil für Österreich sei.
Mit den von der Regierung angekündigten 4,5 Mrd. Euro für den Ausbau der Kinderbetreuung bis 2030 habe die Regierung "wichtige Weichen für Teilbereiche gestellt", so Wirtschaftskammer-Bildungsexpertin Melina Schneider laut Presseunterlagen. Notwendig wären nun qualitätsvolle Bildungsangebote, die den Eltern tatsächlich eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen, österreichweit einheitlich hohe Qualitätskriterien, mehr Zusammenarbeit zwischen Kindergärten und Schulen sowie gezielte Sprachförderung in Deutsch bei Wertschätzung der Erstsprache der Kinder. Die IV fordert zudem mehr Zeit für Reflexion, bundesweit einheitliche faire Bezahlung und einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem 1. Lebensjahr. Für Bildungsaktivist Daniel Landau müsste der Fokus auf kleinere Gruppen gelegt werden, die Finanzierung müsste von derzeit 0,7 Prozent des BIP mehr als verdoppelt werden, um zu den Ländern mit den besten Rahmenbedingungen aufzuschließen.
Besonders groß ist der Handlungsbedarf bei Kindern mit Behinderung. So gibt es laut der Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft (Kija) nicht einmal genügend inklusive Plätze für jene im letzten Kindergartenjahr. Dieses ist zwar eigentlich für alle Fünfjährigen Pflicht. Kinder, die eine komplexe Behinderung haben oder weit weg von einem Kindergarten wohnen, können allerdings vom verpflichtenden letzten Kindergartenjahr ausgenommen werden. Aus Sicht der Kinder- und Jugendanwaltschaft müssten Unterstützungssysteme wie Assistenzdienste und multiprofessionelle Gesundheitsteams dem Bedarf entsprechend erweitert und die Zahl an Sonderpädagoginnen und -pädagogen sowie Diagnosemöglichkeiten ausgebaut werden.