Vom Labor auf die Straße - TU Graz macht Ampeln intelligenter
Um den Verkehr möglichst fließend zu halten, helfen Ampelschaltungen, die auf das reale Verkehrsaufkommen reagieren: So lange Grün wie nötig, um die Sicherheit zu gewährleisten und zugleich so kurz wie möglich, um den Verkehr nicht zu lange aufzuhalten. Die TU Graz hat ein System entwickelt das - mittels optischer Detektion in rund vier Metern Höhe - sich nähernde Fußgeher und selbst Personen mit Kinderwagen oder Rollator erkennt und für diese automatisch Grün anfordert.
Das von der TU Graz im Auftrag der Stadt Wien entwickelte smarte Detektorsystem für Ampeln kann via Kamera sich nähernde Zufußgehende in rund sechs Metern Entfernung erfassen. Aufgrund der Bewegungsrichtung des Fußgehers berechnet ein Algorithmus den vermutlichen weiteren Wegverlauf und leitet diese Daten an die Ampelschaltung weiter. Wenn der Passant die Ampel erreicht, bekommt dieser dann gleich Grün - ohne dass er noch den Druckknopf betätigen muss.
Das System ist bereits mehrere Jahre an einigen Ampeln in Wien im Einsatz und hat damit die Wartezeiten für Fußgänger erheblich verringert. Ein Problem gab es aber, wenn Personen mit Mobilitätseinschränkungen sowie Kinderwagen sich der Ampel näherten, die bisher nicht als Verkehrsteilnehmer, die die Fahrbahn queren wollen, erkannt wurden.
System erkennt Personen mit Kinderwagen und Gehhilfen
Das Team um Horst Possegger vom Institut für Maschinelles Sehen und Darstellen der TU Graz hat in Zusammenarbeit mit einem niederösterreichischen Energie- und Verkehrstechnikunternehmen eine neue Generation dieser smarten Ampeln entwickelt: Durch die höhere Kameraauflösung kann das System nun auch Personen, die einen Kinderwagen schieben oder Gehilfen wie Rollatoren und Krückstöcke benützen, erkennen, wie die TU Graz mitteilte. "Üblicherweise benötigen Personen mit Mobilitätseinschränkungen länger zum Überqueren der Straße. Unser Ampelsystem detektiert solche Personen sehr zuverlässig, sodass die Grünphase dann bedarfsgerecht verlängert werden kann", erläuterte Possegger.
Die Kameras werten einen Bereich von rund 30 Quadratmetern rund um die Ampelanlage aus. Die Bilddaten werden ausschließlich lokal verarbeitet und innerhalb von 50 Millisekunden gelöscht, wurde betont. Nur die Zahl der Personen und die Personenkategorien - etwa Informationen zu Mobilitätseinschränkungen - können bei Bedarf dauerhaft dokumentiert werden.
Bewegungsmuster zu 99 Prozent richtig vorhergesagt
Die Weiterentwicklung des Detektorsystems erfolgte nicht mit Aufnahmen einer realen Straßensituation, sondern anhand von "Feldversuchen" am Campus Inffeldgasse der TU Graz: Dabei wurden freiwillige Testpersonen in verschiedenen Konstellationen und mit unterschiedlichen Accessoires beim Nähern an die Ampelanlage gefilmt. Danach wurde das System an vier Fußgängerübergängen in Wien - erfolgreich - getestet.
Das System könne mittlerweile aus den Bewegungsmustern mit einer Genauigkeit von 99 Prozent richtig vorhersagen, ob eine Person die Straße überqueren möchte oder nicht. Beim Erkennen von Mobilitätseinschränkungen liegt die Trefferquote - je nach Mobilitätshilfe - bei rund 85 Prozent. Bei der Systemarchitektur wurde ein besonderer Schwerpunkt auf die Sicherheit gelegt. Somit wird zurzeit auch dann eine Grünphase angefordert, wenn Mobilitätshilfen oder -einschränkungen nicht richtig erkannt werden.
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