Klima-Glossar: Seltene Erden
Die weichen, silberfarbenen Metalle sind vieles, nur nicht unbedingt selten. Von den 17 Elementen dieser Gruppe ist nur das kurzlebige radioaktive Promethium wirklich selten. Einige dieser Elemente wie Cerium, Ytrium und Neodym kommen sogar häufiger vor als Blei, Kupfer, Molybdän oder Arsen. Was sich durchaus gut trifft, denn die Bedeutung dieser erst Ende des 18. Jahrhunderts als Oxide entdeckten Metalle steigt stetig.
Wurde Europium in Röhren- und Plasmabildschirmen für die Rotkomponente benötigt, kommt Yttrium unter anderem in Leuchtstofflampen, Bildschirmen, LEDs und Brennstoffzellen vor. Lanthan findet sich etwa in Nickel-Metallhydrid-Akkus, Katalysatoren und Brennstoffzellen. Promethium wiederum dient als Wärmequelle in Raumsonden und Satelliten.
Vor allem bei Magneten kommen die Seltenen Erden zum Einsatz: Praseodym, Neodym, Samarium, Dysprosium und Holmium werden für Dauermagnete - etwa für Elektromotoren, Generatoren und die Medizintechnik gebraucht. Aber auch für Laser werden einige dieser Metalle benötigt.
Und letztlich trägt fast jeder von uns Produkte mit Seltenen Erden bei sich: So werden diese Metalle in Smartphones verarbeitet. Praseodym, Terbium, Dysprosium und Gadolinium kommen beispielsweise im Display sowie bei Mikrofon, Lautsprecher und Vibrationsmodul zum Einsatz. Unter anderem Neodym wiederum wird ebenfalls für Mikrofon, Lautsprecher und Vibrationsmodul gebraucht.
Es zeigt sich deutlich, dass die Anwendungen für diese Elemente und damit auch die Preise deutlich - zum Teil auf das Fünffache - gestiegen sind. Und dieser Trend wird sich laut der University of Birmingham fortsetzen. Demnach wird bis 2050 der Bedarf an Seltenen Erden in der EU zehn Mal höher sein, als die EU derzeit zur Verfügung hat. Ausgelöst wird diese Entwicklung durch die Digitalisierung und neue Technologien sowie die Umstellung auf Elektromobilität und umweltfreundlichere Energien.
Rohstoffabbau nicht gerade umweltfreundlich
So umweltfreundlich die Anwendungen auch sein mögen, die Förderung dieser Metalle ist es nicht unbedingt. Denn unabhängig vom angewandten Verfahren müssen die Mineralanteile mit Laugen oder Säuren aus dem Gestein gelöst werden. Dann werden die Seltenen Erden etwa im Rahmen einer sogenannten Schmelzflusselektrolyse aus Chloriden und Floriden gewonnen. Beim biologischen Verfahren wiederum werden sie mit einem Säuregemisch aus Phosphorgips und Elektronikschrott über das sogenannte Bioleaching-Verfahren gewonnen.
Dadurch entstehen große Mengen an giftigem Schlamm mit Säuren und Schwermetallen, der je nach Förderstelle und -art auch radioaktive Bestandteile wie Thorium- und Uranverbindungen enthält. Dieser Schlamm wird in künstlichen Absetzteichen gelagert. Oft schlecht abgedichtet, werden diese Teiche zu einem massiven Umweltproblem - vor allem für das Grundwasser und für angrenzende Gewässer, wie das Institute for Energy Research ausführt. Dass diese Umweltverschmutzung erschreckende Ausmaße annehmen kann, zeigt der größte dieser Teiche in der chinesischen Stadt Baotou mit einer Fläche von 10 Quadratkilometern. Im Umfeld der Mine ist eine erhöhte Lungenkrebs-Rate festzustellen, die Bewohner leiden zusätzlich unter Arsenbelastung und Skelettfluorose.
In Kalifornien führten bei der Mine Mountain Pass von MP Materials Lecks in Pipelines sowie eine mangelhafte Abdichtung der Absetzteiche zu einer Versalzung sowie zu einer toxischen und radioaktiven Verseuchung des Grundwassers. Mittlerweile flossen zig Millionen Dollar in die Sanierung, der ursprüngliche Betreiber musste Insolvenz anmelden. Erst mit steigenden Preisen lohnt sich der Abbau Seltener Erden.
Dabei könnten die Seltenen Erden bereits jetzt umweltfreundlicher gefördert werden. Das chinesische Guangzhou Institute of Geochemistry hat etwa eine Methode entwickelt, die mit deutlich weniger Ammoniumsalzen auskommt. Und an der Rice-Universität in Texas gelang es, eine energieeffiziente Methode für das Recycling von Industriemüll und Elektroschrott zu entwickeln - allerdings müssen diese Technologien industriell verfügbar und vor allem preislich wettbewerbsfähig sein, solange es keine international akzeptierten Standards gibt.
Hauptvorkommen in China
Erste Schritte in diese Richtung gibt es jedoch: 2019 wurde in Brüssel der Branchenverband Rare Earth Industry Association (REIA) gegründet, um mehr Transparenz in der gesamten Lieferkette der Seltenen Erden zu schaffen. Zudem gehe es um die Entwicklung einer risikoarmen und nachhaltigen Wertschöpfungskette.
Die größten Vorkommen Seltener Erden in wirtschaftlich nutzbarer Konzentration finden sich laut der US-Behörde United States Geological Survey (USGS) mit 44 Mio. Tonnen in China. Außerdem kann China diese Elemente auf Grund laxer Umweltbestimmungen zu einem Drittel des internationalen Preises liefern. Mit 22 Mio. Tonnen an gesicherten Reserven folgt Vietnam. Wobei das Land zuletzt die Förderung mit 4.300 Tonnen pro Jahr mehr als verzehnfacht hat. Die Reserven von Russland und Brasilien werden auf je 21 Mio. Tonnen geschätzt. Aber auch in Nordkorea sollen sich große Lagerstätten befinden. Die USA hat ihr wichtigstes Bergwerk reaktiviert und fördert Projekte in Australien, Kanada und Grönland. Und die EU investiert in Serbien und der Ukraine.
In Europa gibt es größere Vorkommen in Schweden. Bei einem Projekt in Storkwitz, Deutschland, gibt es Lagerstätten von 4,4 Mio. Tonnen Erz mit 20.100 Tonnen Seltenen Erden. Doch der Gehalt an Seltenen Erden beträgt hier nur 0,45 Prozent. Daher wurde das Projekt bereits 2017 als nicht wirtschaftlich eingestellt.
Aber nach wie vor ist China der größte Förderer von Seltenen Erden. Vergangenes Jahr förderte China mit 210.000 Tonnen rund 70 Prozent der Weltproduktion, geht aus Unterlagen der USGS hervor. Zwar ist die Fördermenge Chinas in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, aber die Bedeutung hat abgenommen. Denn 2010 lag der Weltmarktanteil Chinas noch bei 97 Prozent.