Grazer LKH-Uniklinikum behandelt Herzrhythmusstörung mit Strahlen
Bei Strahlentherapie denken die meisten Menschen an die Behandlung einer Krebserkrankung. Am LKH-Uniklinikum Graz werden jetzt hochdosierte, hochpräzise Strahlen eingesetzt, um Patienten mit Herzrhythmusstörungen zu therapieren. Die neue Behandlungsoption wurde vor rund zehn Jahren entwickelt. Die Grazer Klinik führt laut Mitteilung der Steiermärkischen Krankenanstalten (KAGes) bisher österreichweit die einzigen Behandlungen dieser Art durch.
"Es gibt Herzrhythmusstörungen, die weder durch maximale Medikation noch durch lokal-ablative Eingriffe in den Griff zu bekommen sind", schilderte Thomas Brunner, Vorstand der Universitätsklinik für Strahlentherapie-Radioonkologie. Stereotaktische anti-arrhythmische Strahlentherapie (STAR) nennt sich das Verfahren, das Betroffene mit nicht behandelbaren Kammerrhythmusstörungen hoffen lässt.
Dauert nur wenige Minuten
Ähnlich wie bei der Krebstherapie, aber mit noch wesentlich höherer Dosis, wird dabei exakt jene Stelle im Herzmuskel behandelt, die für die Rhythmusstörung verantwortlich ist. "Die punktgenaue Bestrahlung führt zu einem Umprogrammieren des elektrischen Reizleitungssystems im Herzen", erklärte Brunner. Die Grazer Strahlentherapeuten arbeiten zur Behandlung solcher Patienten eng mit der Klinischen Abteilung für Kardiologie zusammen. Der bildgeführte Eingriff dauert nur wenige Minuten - aber er verlangt penibelste Planung und extreme Präzision in einem multidisziplinären Team.
Herzrhythmusstörungen können gefährlich werden, wenn das Herz längere Zeit aus dem Takt gerät und die Pumpfunktion dadurch beeinträchtigt wird. Zu solchen "bösartigen" Herzrhythmusstörungen zählen ventrikuläre Tachykardien, bei der die linke Herzkammer (Ventrikel) unregelmäßig zu schnell schlägt. Sie gehen von Nebenarealen im Herzmuskel aus. Behandlungsmöglichkeiten sind Medikamente, Einsetzen eines Defibrillators oder eine Katheterablation.
Wenn die herkömmlichen Methoden nicht greifen
Die neue Behandlungsmethode wird herangezogen, wenn die herkömmlichen Methoden nicht greifen. "Genau da kommt die Hochpräzisionsbestrahlung ins Spiel", erklärte Tanja Langsenlehner. Sie gehört dem neu gegründeten STAR-Team an der Uniklinik für Strahlentherapie-Radioonkologie an, das Kollegen von der Klinischen Abteilung für Kardiologie integriert und österreichweit das erste Expertenteam rund um die neue Behandlungsform ist. Denn die Methode ist relativ neu und wird auch in Deutschland nur in wenigen Kliniken durchgeführt. Weltweit wurde sie bisher rund 500 Mal angewendet.
Nicht alle Patienten kommen für diese spezielle Strahlentherapie in Frage. Ausschlusskriterien sind etwa eine zu große Nähe der zu bestrahlenden Stelle zur Speiseröhre, deren Gewebe durch die hohe Dosis geschädigt werden könnte. Laut Prognose werden österreichweit pro Jahr fünf bis zehn Betroffene von der neuen Therapie, die bisher hauptsächlich bei Lungenkrebs eingesetzt wurde, profitieren. Wenn der Eingriff funktioniert, sind die Herzrhythmusstörungen behoben. Laut bisheriger Studien liegt diese Quote bei rund 80 Prozent. In Graz wurden bisher drei Patienten behandelt.
Seit Jahresbeginn ist das STAR-Team Mitglied des von der EU mit zwei Millionen Euro geförderten STOPSTORM-Projekts, schilderte Brunner. Die Abkürzung steht für "Standardized Treatment and Outcome Platform for Stereotactic Therapy Of Reentrant Tachycardia by a Multidisciplinary"-Konsortium. Im Zuge dieses internationalen Großprojekts werden die Therapien der Grazer Patienten auch wissenschaftlich begleitet.