Mehr Kindergarten-Angebot für Eltern mit Vollzeitjob
In Österreichs Kindergärten gibt es neuerdings mehr Plätze, bei denen beiden Eltern ein Vollzeitjob möglich ist. Das zeigt der am Dienstag veröffentlichte zweite Monitoring-Bericht der Statistik Austria zur elementaren Bildung. Der Anteil ist bei den Kindern bis fünf Jahre innerhalb eines Jahres von 52 Prozent auf nunmehr (Schuljahr 2023/24) rund 59 Prozent gestiegen. Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) sah darin einen Beleg für die Wirksamkeit der Politik der Regierung.
Diese Meldung wurde aktualisiert. Neu: Reaktion ÖGB, IV, NEOS (letzte zwei Absätze), Link zum Dashboard (im Service-Hinweis) und Reaktion Grüne, SPÖ (vorvorletzter und vorletzter Absatz)
Insgesamt wurden im vergangenen Schuljahr 196.000 Kinder in einer Krippe oder einem Kindergarten betreut, dessen Öffnungszeiten mit Vollzeitjobs beider Eltern vereinbar sind. Das sind 25.600 Kinder mehr (plus 15 Prozent) als noch ein Jahr zuvor, erklärte Statistik-Austria-Generaldirektor Tobias Thomas bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Der Anteil an sogenannten VIF-konformen Plätzen (Angebot von mindestens 45 Stunden pro Woche, an vier Tagen mindestens 9,5 Stunden, mindestens 47 Wochen pro Jahr geöffnet) variiert dabei allerdings regional stark, in Großstädten gibt es generell mehr Angebot. Wien liegt mit 90 Prozent deutlich über dem Schnitt, gefolgt vom Burgenland und von Vorarlberg. In Oberösterreich sind dagegen gerade einmal rund 40 Prozent der Plätze mit Vollzeitjobs vereinbar. Im Vergleich zum Schuljahr 2018/19 habe es aber in fast allen Bundesländern Zuwächse gegeben, sagte Thomas.
Kindergarteninitiative der Bundesregierung: Rund 4,5 Mrd. Euro
Insgesamt haben im vergangenen Schuljahr 33 Prozent der Unter-Dreijährigen eine elementare Bildungseinrichtung besucht, bei den Drei- bis Fünfjährigen waren es fast 94 Prozent. Österreich habe damit bei den Betreuungsquoten den Zielwert sowohl bei den jüngeren als auch älteren Kindern übertroffen, zeigte sich Raab erfreut. Treiber der Entwicklungen ist für sie die Kindergarteninitiative der Bundesregierung, über die bis 2030 rund 4,5 Mrd. Euro in diesen Bereich fließen sollen.
Mit dem Monitoring-Bericht soll die Entwicklung bei den Kindergärten nachvollziehbar gemacht werden, die Zahlen sind dabei erstmals bis auf die Bezirksebene und auch im Zeitverlauf verfügbar. Außerdem gibt es Zahlen für jeden Jahrgang. Die Daten zeigen dabei, dass die Betreuungsquote bei den unter Einjährigen bei weitem am geringsten ist (3 Prozent), bei den Einjährigen (31) und Zweijährigen (61) steigen sie dann deutlich an. Bei den Dreijährigen liegt der Anteil bereits bei 89 Prozent, bei den Vierjährigen bei 95 und bei den fünfjährigen Kindern, für die eine Besuchspflicht gilt, sind es 97 Prozent.
"Man sieht, dass der politische Wille und das Investment unmittelbar wirkt", zeigte sich Raab erfreut. Das "historische Investment" der Bundesregierung bringe den Gemeinden Planungssicherheit und finanzielle Entlastung. Außerdem habe die Regierung den Ausbau der Kinderbetreuung zu einem zentralen Thema gemacht, das auch von Ländern und Gemeinden mitgetragen werde.
Raab für "echte Wahlfreiheit" und "Großelternkarenz"
Es seien auch die drei im Finanzausgleich definierten Ziele erreicht worden, nämlich mehr Plätze vor allem bei den Unter-Dreijährigen, mehr Angebot für Familien mit zwei berufstätigen Elternteilen und mehr Qualität beim Angebot. Dass der Bund erstmals auch Personalkosten für Pädagoginnen und Pädagogen bzw. Assistenzkräfte unterstütze, habe etwa in Oberösterreich, Kärnten und der Steiermark zu höheren Gehältern geführt, wodurch innerhalb eines Jahres gut 1.000 Personen zusätzlich für die Arbeit im Kindergarten gewonnen worden seien.
Dieses Investment der Regierung sei auch gesichert und werde inflationsangepasst, so die Ministerin. Gleichzeitig betonte Raab einmal mehr, dass es ihr in Sachen Kinderbetreuung um "echte Wahlfreiheit" gehe. Andere Parteien hätten das Ziel, dass jedes Kind ab dem ersten Geburtstag in Betreuung ist. Für sie sei es aber genauso in Ordnung, wenn Familien ihren Nachwuchs länger daheim betreuen wollen. Sie warb auch einmal mehr für das ÖVP-Modell einer Großelternkarenz.
ÖGB-Vizepräsidentin Schumann fordert konkrete Maßnahmen
Für ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann klingen Raabs Aussagen "wie ein Ablenkungsmanöver". Es fehle weiterhin eine umfassende Strategie für die Kinderbildung, die den Personalmangel behebe und den Bedürfnissen von Eltern und Beschäftigten gerecht werde, monierte sie per Aussendung. "Nur Lücken aufzuzeigen, löst die Probleme nicht." Sie forderte u.a. konkrete Maßnahmen, um die Branche attraktiver zu machen, die Sicherstellung von genügend Personal und bessere Aus- und Weiterbildung. Für den Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV) Christoph Neumayer ist der Anstieg der VIF-konformen Plätze zwar positiv, in Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark bestehe aber weiter Aufholbedarf. Bei der Kinderbildungsoffensive der Bundesregierung müsse zudem besonderes Augenmerk auf die Erhöhung der Quote der Unter-Dreijährigen liegen. Dabei gehe es nicht nur um mehr Betreuung, betonte er, "hochwertige Kinderbildung ist ein wichtiges Fundament für lebenslanges Lernen".
Grünen für ganzjährig ganztägige kostenlose Kinderbetreuung
Für die Grünen zeigt der Bericht, dass es dank ihrer Regierungsbeteiligung "nach jahrzehntelangem Dornröschenschlaf endlich in die richtige Richtung" gehe. Das Ziel sei aber erst erreicht, wenn es in ganz Österreich ganzjährig ganztägige kostenlose Kinderbetreuung gebe, so Grünen-Familiensprecherin Barbara Neßler per Aussendung. Sie sah Länder und Gemeinden in der Pflicht und forderte einen verpflichtenden Ausbauplan, damit Familien nicht länger vom guten Willen des jeweiligen Bürgermeisters abhängig seien. Die ÖVP tue zu wenig dafür, dass die Familien tatsächlich Wahlfreiheit bekämen.
SPÖ fordert Kinderbildungsoffensive
SPÖ-Familiensprecherin Petra Wimmer wiederum forderte eine Kinderbildungsoffensive, "die nicht nur auf dem Papier besteht". Es gebe immer noch bei weitem nicht genug VIF-konforme Kindergartenplätze, um den Bedarf zu decken, vor allem im ländlichen Raum. Vor allem Frauen würden dadurch massiv eingeschränkt. Sie forderte einmal mehr einen Rechtsanspruch auf einen ganzjährigen, ganztägigen und kostenlosen Kinderbildungsplatz ab dem ersten Lebensjahr. Außerdem brauche es bessere Arbeitsbedingungen für Pädagoginnen und stärkere Unterstützung der Gemeinden beim Ausbau der Plätze.
Kritik auch von den NEOS
Für die NEOS geht der Ausbau der Kindergartenplätze viel zu schleppend voran. "Gerade in den ÖVP-dominierten Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich und Steiermark sind die Betreuungsquoten geradezu unterirdisch. Auch die Sprachförderung hat ihre Ziele bisher völlig verfehlt", kritisierte NEOS-Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre. Als Beleg für ihre Kritik führte Künsberg Sarre auch die Ergebnisse einer aktuellen Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage durch Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) an, wonach etwa die Bundesländer im Kindergartenjahr 2022/23 weniger als drei Viertel der Bundesmittel für Ausbau und Sprachförderung verbraucht haben. In Tirol war es nicht einmal ein Drittel, in der Steiermark nur 43 Prozent. Einmal mehr forderten die NEOS einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Geburtstag, mehr Plätze, kleinere Gruppen und mehr Pädagoginnen und Pädagogen.
Service: Bericht unter https://go.apa.at/iACacRNI , Dashboard unter https://go.apa.at/XDU4HgTz