NR-Wahl - Die Wahlprogramme: Bildung
Die klassischen Grabenkämpfe im Bildungsbereich rund um Gesamtschule und Uni-Zugangsbeschränkungen sind in den aktuellen Wahlprogrammen in den Hintergrund gerückt, ideologisch wird es in den Bildungskapiteln dennoch. So will die ÖVP dort "unsere österreichischen Werte" abgesichert wissen, die FPÖ fordert zusätzlich ein "Drag Queen"-Verbot in Kindergärten und Schulen. Einig sind sich die Parteien über die zentrale Rolle von Kindergarten und Schule bei der Integration.
ÖVP
Leistung will die Volkspartei auch in der Bildung als Credo leben. Wer im Kindergarten laut Sprachstandsfeststellung nicht gut genug Deutsch spricht, soll eine Vorschule zur Deutschförderung besuchen müssen. Verweigern Eltern nachhaltig die Zusammenarbeit mit der Schule, soll es deutlich höhere Strafen geben; in schweren Fällen sollen Sozial- oder Transferleistungen einbehalten werden. In den Mittelschulen will die ÖVP wieder flächendeckend Leistungsgruppen einführen, gleichzeitig sollen die Schulen mehr Autonomie bei der Schwerpunktsetzung bekommen. Deutschförderung soll vor allem am Nachmittag ausgebaut werden, an Brennpunktschulen will die ÖVP "Kulturvermittlerinnen und -vermittler" einsetzen. Am Ende der Schulpflicht sieht das ÖVP-Programm vor, dass die Jugendlichen auf Grundkenntnisse in Deutsch, Mathe und Englisch geprüft werden. Wer die "Bildungspflicht"-Prüfung nicht besteht, soll ein eigenes verpflichtendes Bildungsprogramm absolvieren müssen. Sprache und Kultur sollen "als Fundament der europäischen Lebensform" in den Schulen gestärkt werden (Stichwort: Nikolofeier), gleichzeitig sollen Themen wie Demokratie, Gesundheit, Finanzen, Ethik und "geistige Landesverteidigung" mehr Raum bekommen. Um Digitalisierung voranzutreiben, soll es ab der 5. Schulstufe Coding geben, in der zehnten Schulstufe sollen die Jugendlichen ein zweites Mal günstige Laptops oder Tablets für den Unterricht bekommen. Die Fachhochschulen sollen parallel zu den Unis mehr Geld erhalten. Für Unis ist wiederum dann extra Geld vorgesehen, wenn sie sich in internationalen Rankings verbessern. Künftig sollen diese sich außerdem stärker auf Spitzenforschung konzentrieren und akademische Fachkräfte-Ausbildung vorrangig an FH stattfinden.
SPÖ
Vorgesehen ist für Kinder ab dem ersten Lebensjahr ein Recht auf einen ganztägigen Gratis-Platz im Kindergarten, wo die Pädagoginnen und Pädagogen mehr Zeit für die Kinder bekommen und durch zusätzliches Personal wie Sekretariatskräfte oder Psychotherapeuten entlastet werden sollen. In der "Schule der Zuversicht", die die SPÖ anstrebt, soll Lernfreude im Vordergrund stehen. Kinder von sechs bis 15 sollen eine gemeinsame Schule besuchen. Ganztagsschulen will die Partei ausbauen, Nachhilfe soll nicht mehr nötig sein. Die Schulen sollen bei Bedarf etwa sozialpädagogische, logopädische oder psychologische Unterstützung zuschalten können, Standorten mit besonders vielen Kindern mit Förderbedarf will die SPÖ per "Chancenindex" mehr Mittel zuteilen. Inhaltlich schwebt der SPÖ eine Strategie zur Förderung von Medienkompetenz bei allen Altersgruppen vor, außerdem wünscht sich die Partei eine tägliche Kreativeinheit an den Schulen. Bei der Deutschförderung setzt sie auf "zeitgemäße integrative" Modelle. Mehr Aufmerksamkeit und Ressourcen will die SPÖ für die Berufsschulen, an den Hochschulen sollen berufliche Kompetenzen stärker anerkannt werden. An den Unis soll es aus SPÖ-Sicht weder Studiengebühren noch Aufnahmeverfahren geben, die Studieneingangsphase will die Parte "integrativ" statt selektiv gestalten, die Kettenvertragsregelung abschaffen. Das öffentlich finanzierte Hochschulwesen soll ausfinanziert und deutlich mehr Geld für Grundlagenforschung ausgegeben werden, die Forschungsförderung soll entbürokratisiert und vereinfacht werden.
FPÖ
Die FPÖ fordert einen "Heimvorteil im Bildungswesen" und "Deutsch vor Schuleintritt". Gewalttätige Schüler müssten aus dem Unterricht entfernt werden. Auch "problematische Lehrer" dürften nicht mehr von Schule zu Schule weiterversetzt werden, darüber hinaus wird eine Meldestelle gegen "politisierende Lehrer" gefordert. Im Rahmen einer "Demokratie-Offensive" soll gleichzeitig unter den Schülern "ohne jede ideologische Bevormundung für die politische Betätigung geworben" werden. Um die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler zu verbessern, sollen diese während des Unterrichts ihr Handy abgeben müssen. Schwerpunkt der Schulen muss aus FPÖ-Sicht die Vermittlung von Wissen sein und nicht "nebulöser 'Kompetenzen". Die Lehrpläne sollten Schulen dabei so flexibel wie möglich gestalten können. Eine Lanze bricht die FPÖ außerdem für den seit der Coronapandemie stärker verbreiteten häuslichen Unterricht. Schulen und Unis dürften nicht länger "Experimentierfelder für Genderwahnsinn und Wokismus" sein, verlangt die FPÖ, die unter dem Schlagwort Brauchtum gleichzeitig Kreuze in den Klassenzimmern und Nikolofeiern in den Kindergärten einfordert. An den Unis will die FPÖ für Österreicher freien Zugang. Ausländische Studierende sollen diesen indes nur bekommen, wenn sie auch in ihrem Heimatland die Voraussetzungen erfüllen würden.
GRÜNE
Mit einer Ausbauoffensive bei den Kindergärten wollen die Grünen Bildungschancen erhöhen und Eltern entlasten. Für die Pädagoginnen und Pädagogen soll es bessere und bundesweit einheitliche Rahmenbedingungen geben. Auch an den Schulen wollen sie die Arbeitsbedingungen verbessert und Lehrer etwa durch Schulpsychologen, -sozialarbeiter und andere Professionen entlasten. Schülerinnen und Schüler sollen nicht nach der Volksschule, sondern "später" auf weiterführende Schultypen aufgeteilt werden. Kostenlose Ganztagsschulen wollen die Grünen ausbauen, für Brennpunktschulen soll es mehr Geld und Personal geben. Inhaltlich wollen die Grünen einen Schwerpunkt auf einen verantwortungsvollen Umgang mit KI und digitalen Medien setzen, außerdem bewerben sie einmal mehr alternative Leistungsbeurteilung statt Ziffernnoten. Auch die Grünen heben die Bedeutung von Kindergarten und Schule bei der Integration hervor und plädieren dabei für Sprachförderung im Klassenverband und ausreichend Unterstützung etwa durch sozialpädagogische oder Sprachförderkräfte sowie gezielte Elternarbeit. Für Menschen mit Behinderung wollen die Grünen flächendeckende, inklusive und barrierefreie Bildungsangebote vom Kindergarten bis zur Universität und Erwachsenenbildung. An den Hochschulen sollen nach Sicht der Grünen alle Menschen studieren können, "die studieren wollen und die Voraussetzungen erfüllen", heißt es nebulös. Außerdem soll es für Studierende mehr soziale Absicherung und für Hochschulpersonal planbare Karrierewege geben. Grundlagenforschung will die Partei ausbauen, vor allem zu "grünen" Themen wie etwa Ressourcenverfügbarkeit.
NEOS
Die Pinken wollen kostenlose optionale Ganztagsplätze in Kindergarten und Schule, über eine Personaloffensive sollen 20.000 zusätzliche Pädagoginnen und Pädagogen ins System kommen. Im Kindergarten sollen kleinere Gruppen und mehr Pädagoginnen die Qualität verbessern, die Gehälter sollen an die von Lehrern angeglichen werden. Bei den Schulen wollen die NEOS deutlich mehr Autonomie bei Organisation, Pädagogik, Finanzen und Personal bekommen. Für Schulen mit besonderen Herausforderungen wollen NEOS per Chancenindex mehr Ressourcen, Jugendliche mit Behinderung sollen ein Recht auf ein 11. und 12. Schuljahr bekommen. Statt starrer Lehrpläne und 50-Minuten-Einheiten soll es aus Sicht der NEOS Unterricht in Lebensbereichen und Tagesschwerpunkten geben. Als Organisationsform setzen sie weiter auf eine gemeinsame Schule, die mit einer mittleren Reife abschließt. Bei der Lehre wollen die NEOS eine neue "duale Oberstufe" schaffen, in der Polytechnikum, Berufsschule und Berufsreifeprüfungskurse zusammengeführt werden. In der Schulverwaltung soll der "Kompetenz-Wirrwarr" aufgelöst werden. Für die Hochschulen plädieren die NEOS weiterhin für nachgelagerte Studiengebühren und faire Aufnahmeverfahren, einen Ausbau des digitalen Studiums und mehr Flexibilität für Berufstätige und Studierende mit Betreuungspflichten. Außerdem fordern sie mehr Geld für Grundlagenforschung und ein Ende der Kettenverträge an den Unis.
BIER
Im Kindergartenbereich will die Bierpartei kleinere Gruppen, die Pädagoginnen und Pädagogen sollen gleich viel verdienen wie Volksschullehrpersonal. An den Kindergarten anschließen soll eine gemeinsame Schule von sechs bis 16 Jahren, in der etwa in Mathe nur noch Grundkenntnisse vermittelt und darüber hinaus Talente der Schüler gefördert werden. Ein "Fächer-Reload" soll etwa Finanzbildung, Medienkunde oder Mathematik Light in der Oberstufe bringen. Als Mittel gegen den Lehrermangel setzt BIER auf Entlastung von Bürokratie und durch multiprofessionelle Teams. Außerdem will BIER die Lehre stärken, einerseits durch zeitgemäßere Angebote an den Berufsschulen und bessere Entlohnung, andererseits indem die Lehrabschlussprüfung zum Studium berechtigt. Damit an den Hochschulen Jungwissenschafter nicht mehr durch unsichere Arbeitsverhältnisse "vergrault" werden, plädiert BIER für einen Kollektivvertrag für die Fachhochschulen und die Abschaffung der Kettenverträge an den Unis.
KPÖ
Dem Bildungsbereich ist im 16 Seiten schlanken Wahlprogramm kein eigener Themenblock gewidmet. Im Klimakapitel werden jedoch eine Lehrlingsoffensive und eine bessere Ausfinanzierung des Bildungssystems, insbesondere von Unis und Fachhochschulen, gefordert, um genug Fachkräfte für einen Umbau zu einem klimafreundlichen Wirtschaftssystem zu bekommen. Im Kapitel "Frieden durch aktive Neutralität" wird außerdem Friedenspolitik als integraler Bestandteil der Lehrpläne eingefordert.