Ars Electronica - CERN-Kunstinitiative mit StartsPrize belohnt
Die Abteilung "Arts@CERN" der europäischen Organisation für Kernforschung CERN hat heuer den StartsPrize der EU-Kommission für innovative Zusammenarbeit erhalten. Eine Belohnung für jahrelange Kollaboration zwischen Forschenden und Kunstschaffenden, von der beide Gruppen sowie auch die Gesellschaft profitieren, so Monica Bello, die Leiterin von Arts at CERN, die den Preis auch beim Ars Electronica Festival in Linz entgegennahm, im APA-Gespräch.
Die spanische Kunsthistorikerin Bello leitet seit 2015 das Kunst-Departement des CERN in Genf. Künstlerinnen und Künstler habe es am 1954 gegründeten CERN seit den 1970er- und 80er-Jahren gegeben, weiß sie, das offiziell erste Kulturprojekt startete 2011 mit dem "Collide@CERN Residency Award" einer Zusammenarbeit mit der Ars Electronica. Erster Gewinner war der Deutsche Julius von Bismarck, ihm folgte 2012 der amerikanische Sound-Künstler Bill Fontana, der heuer mit "Silent Echoes" bei der europäischen Kulturhauptstadt im Salzkammergut zu Gast ist.
"Als ich ans CERN kam, gab es die Collide-Residencys, ich erstellte Kunst-Aufträge und das Ausstellungsprogramm. Sehr wichtig war das große globale Netzwerk an Organisationen, die mit uns zusammenarbeiteten und dieselben Visionen und dieselben Zwecke verfolgen", erklärt Bello. Am CERN-Campus sind über 15.000 Wissenschafterinnen und Wissenschafter beschäftigt, auf jene, die an dem Kunstprogramm beteiligt sind, habe das schon großen Einfluss. "Und es ist interessant, dass durch die Kunst sehr komplexe Ideen aus der Wissenschaft anders vermittelt werden."
Wissenschaft in künstlerische und kulturelle Sprache umgesetzt
Aus Bellos Erfahrung sind die teilnehmenden Forschenden in der Lage, "ihre Aktivitäten in einer anderen Sprache zu artikulieren, einer künstlerischen und kulturellen Sprache. Damit ist die Verbindung zur Gesellschaft viel sichtbarer, relevanter und auch sehr bereichernd". Durch die Kunstprojekte "sehen die Forschenden, dass sie sowohl an der Veränderung der kulturellen Wahrnehmung von Wissenschaft als auch an unserer zeitgenössischen Kultur beteiligt sind. So lernen wir die Prozesse von Forschung und die Schwierigkeiten besser zu verstehen, aber auch den Nutzen, den die Wissenschaft für die Gesellschaft hat."
Der StartsPrize bedeutet für sie viel, es sei sowohl eine Belohnung für sie persönlich als auch für ihre Abteilung. Es zeige, dass CERN eine wichtige Rolle in Europa spiele und ein Beispiel für andere sein könne. Bellos Hoffnung ist, dass der Starts-Preis verdeutlicht, wie viele Kunstschaffende im technischen und wissenschaftlichen Forschungsprozess involviert waren. "Sie hatten Glück, dass wir den Rahmen schufen um sie zu unterstützen. Das ist nicht immer so und ich hoffe, dass da mehr sichtbar wird, mehr Ressourcen da sind. Wir bei CERN sind angetrieben vom Drang die Grenzen unserer Kenntnisse zu erweitern - wie auch die Künstler. Ideen sind essenziell für eine Kultur der Veränderung, eine positive Umgebung."
Wie sich Wissenschafter die Zukunft vorstellen
Arts at CERN ist mit zwei Arbeiten beim Ars Electronica Festival vertreten, eine stammt von der britischen Künstlerin Suzanne Treister. "Scientific Dreaming" ist das Produkt von Science-Fiction-Schreibworkshops Treisters mit Wissenschaftern am CERN. Sie entwarfen einen Plot und schrieben dann Kurzgeschichten, die zum zehnjährigen Jubiläum von Arts at CERN heuer veröffentlicht wurden. "Die große Frage war, wie die Wissenschafter sich die Zukunft vorstellen" mit all den Technologien, die sie schaffen, und ihrem Wissen im Hintergrund. "Sie belegen ja die Zukunft mit ihren Ideen", verdeutlichte die Historikerin Bello. Das zweite Projekt "TAFAA - Tina unfollow Alcie" stammt von der Schweizerin Chloe Delarue. "In einem Film betrachtet sie die Rolle von Technologie in der Wahrnehmung unserer Realität." Eine Ausgabe davon sei zurzeit im neuen Besuchercenter CERN Science Gateway - entworfen von Renzo Piano - zu sehen.
"Jedes Jahr kommen rund 15 Kunstschaffende zu uns und verbringen eine Woche bis zu zwei Monate bei uns." In dieser Zeit würden die Künstler Experimente machen oder beobachten, Leute treffen, Inspiration und Ideen entwickeln. Danach verfolgen sie ihre Arbeit weiter, mit Unterstützung des CERN, manchmal bis hin zu einer Ausstellung. Die Künstler bewerben sich mit einem Vorschlag, der oft nach einigen Tagen vor Ort über den Haufen geworfen wird, "weil sie merken, dass das Potenzial und der Ehrgeiz viel größer ist", so Bello. Einige Künstler bilden richtige Teams mit Wissenschaftern, andere holen sich lediglich Anregungen und Know-how. Überraschend sei, wie schnell die Anwesenheit eines Künstlers oder einer Künstlerin die anderen beeinflusst. "Wenn der Künstler geht und die Verbindung mit dem Wissenschafter bestehen bleibt, ist es aufregend zu sehen, wie schnell ihre Arbeit in kollektiven Ideenreichtum übergeht." Zurzeit sei die Entwicklung in der Quantentechnologie oder auch Kosmologie und Gravitationswellen sehr interessant. "Wenn wir so wichtige Themen haben, sehen wir wie die Künstler darauf reagieren, ob Vorbehalte da sind."
Service: Mehr Infos unter http://ars.electronica.art und http://www.arts.cern