Holzbau im Hof, kein Depot: Entwurf für neues hdgö im MQ
Überraschend wenig Sichtbarkeit von der Straße aus, aber "Strahlkraft" von innen: So präsentiert sich jener viergeschossige Holzbau im kleinen Klosterhof zwischen Mariahilfer Straße und Fürstenhof, der dem Haus der Geschichte Österreich (hdgö) ab Herbst 2028 als neues Eingangsportal an seinem künftigen Standort im Museumsquartier (MQ) dient. Der Entwurf stammt vom Berliner Architekturbüro O&O Baukunst, das am Donnerstag als Sieger des Architekturwettbewerbs präsentiert wurde.
"Die Sichtbarkeit in der Neuen Burg, die als Standort für das hdgö nur eine Übergangslösung sein sollte, war nicht zufriedenstellend", begründete Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) ihr "Herzensprojekt", dem 2018 eröffneten Museum zu einer neuen Location zu verhelfen. Mit der künftigen Beheimatung im Museumsquartier war nach einer Machbarkeitsstudie im Herbst 2023 die Lösung präsentiert worden, der ein EU-weiter, nicht offener einstufiger Realisierungswettbewerb folgte. Aus den elf eingereichten Entwürfen ging nun das heute präsentierte Projekt hervor, das auf einer Gesamtnutzfläche von 4.000 Quadratmetern 3.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche bieten wird (derzeit verfügt das hdgö in der Hauptausstellung über 750 Quadratmeter). Nicht realisiert werden - wie ein erster Blick auf den Entwurf zeigt - Depotflächen für die bisher aufgebaute Sammlung des hdgö, auch auf Verweilflächen wie ein eigenes Café wurde verzichtet. Hier wolle man auf die vorhandene Infrastruktur im Museumsquartier zurückgreifen, wie es auf Nachfrage hieß.
hdgö nicht eingebunden
Dem Vernehmen nach war das hdgö unter der Leitung von Direktorin Monika Sommer in der Phase der Machbarkeitsstudie für den Standort, die die Grundlage für die Ausschreibung war, nicht eingebunden. Bei der heutigen Präsentation lobte Sommer, deren derzeitiger Vertrag Mitte Februar 2027 ausläuft, jedenfalls die "subtile Leichtigkeit des Siegerprojekts" am "Knotenpunkt des lebendigen Kulturareals" und nannte bereits konkrete Pläne, wie sich das hdgö inhaltlich auf die räumliche Erweiterung vorbereiten will. So soll künftig etwa eine stärkere Auseinandersetzung mit dem 19. Jahrhundert und seinen "Dynamiken und Widersprüchlichkeiten" stattfinden, zudem wolle man sich vertieft dem "Nationalsozialismus und seinen Kontinuitäten bis in die Zweite Republik hinein" widmen. Auch das Anknüpfen an das "Hier und Jetzt" wolle man erweitern, indem man "nicht nur dokumentieren, sondern auch neue Formate entwickeln" will. Eines davon seien "Kommunikationsformate vor der Haustür, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen".
Denkmalschutz beachtet
Den Umstand, dass das hdgö künftig von der Mariahilfer Straße und dem Platz der Menschenrechte kaum sichtbar sein wird, versuchte Architekt Markus Penell auf APA-Frage zu entkräften: Aufgrund des Denkmalschutzes könne man "das Dach nicht in die Luft fliegen lassen", die Kombination aus der Strahlkraft des Museumsquartiers als "weltbeste Adresse" und dem Neubau im ersten Hof nach dem Betreten durch die Straße schaffe sehr wohl Sichtbarkeit. Auch könne man dem Haus "durch temporäre Installationen oder Plakatierungen" vor dem Museumsquartier zusätzliche Aufmerksamkeit verschaffen.
Laut Jurybegründung setze sich der Neubau, der auch die Gestaltung des Hofs miteinbezieht, "mit seinem Volumen von der historischen Bebauung der Hofstallungen in einer angemessenen Weise ab, die so eine klare Differenzierung zwischen Bestand und Neubau ablesbar macht". Positiv hervorgehoben werden auch die "zusammenhängenden Ausstellungsflächen im Altbau". Integriert in den Entwurf, der Ausstellungsflächen im historischen Gebäude umfasst, war auch eine neue Raumordnung des Dschungel Wien, der etwa die bisherigen Räumlichkeiten der Probebühne an das hdgö-Projekt verliert. Eine der drei Bühnen sowie eine Probebühne soll ins Untergeschoss wandern. Das Theaterhaus für junges Publikum sucht laut Dschungel-Direktorin Anna Horn derzeit nach Ausweichflächen während des Umbaus.
Für die Bauarbeiten, die im Frühjahr 2026 starten sollen, zeichnet die MuseumsQuartier Errichtungs- und BetriebsgesmbH verantwortlich. Die Gesamtprojektkosten werden auf Basis der Machbarkeitsstudie mit 39,5 Mio. Euro beziffert. Die Österreichische Nationalbibliothek, an die das hdgö seit seiner Gründung angegliedert ist, werde den Umzug in das Museumsquartier laut Generaldirektorin Johanna Rachinger "begleiten". Ob das hdgö an ihr Haus angedockt bleibt, "wird eine politische Frage sein", wobei sie "durchaus die Möglichkeit" sieht, dass das Haus der Geschichte zu einem eigenen Bundesmuseum werden könnte. Die derzeitigen Räumlichkeiten in der Neuen Burg werden an das Kunsthistorische Museum (KHM) zurückgestellt, das dort das Ephesos Museum erweitern möchte. Für die am neuen Standort nötige Erhöhung der Basisabgeltung werde dann die künftige Regierung zuständig sein, ergänzte Mayer.
Für MQ-Direktorin Bettina Leidl ist das Museumsquartier ein idealer Standort, da das hdgö den dort beheimateten Kunstmuseen "im Idealfall eine Rahmung geben kann; schließlich ist es die Kunst, die auf Fehlstellungen in der Gesellschaft hinweist". Für den vorliegenden Entwurf sei es besonders wichtig gewesen, "dass sich das Haus öffnet", so Penell, der auf die Multifunktionalität des Foyers verwies, das auch als Veranstaltungs- und Ausstellungsort genutzt werden könne. Der Neubau sei durch seine großen Glasflächen "ein Schaufenster für das hdgö", biete aber durch einen mobilen Holzlamellenvorhang auch Schutz etwa vor Sonne. Sein Fazit: "Das Neue umarmt das Alte."
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