Rektoren weiter skeptisch zu Plänen für neue TU in Oberösterreich
Läuft alles nach Plan, sollen im Studienjahr 2023/24 die ersten Bachelorstudierenden an der neuen Technischen Uni (TU) in Oberösterreich ihr Studium beginnen. In der Universitätenkonferenz (uniko), dem Sprachrohr der 22 bestehenden öffentlichen Unis, sieht man die Pläne für die im Herbst 2020 völlig überraschend angekündigte neue Uni weiterhin skeptisch. Vor allem der Plan, einen eigenen Typ tertiärer Einrichtung zu schaffen, werde abgelehnt, so uniko-Chefin Sabine Seidler.
Das wäre schon alleine deshalb nicht sinnvoll, weil dadurch die Durchlässigkeit zu anderen Hochschulen und Kooperationen erschwert würde, betonte sie vor Journalisten. Auch der Zeitdruck, unter dem die neue TU entstehen soll, sei nicht nachvollziehbar. In Nürnberg nehme man sich für ein ähnliches Projekt sieben Jahre Zeit, in Oberösterreich sollen es drei sein von der ersten politischen Ankündigung bis zum Start der erste Bachelorstudien im Herbst 2023. Dass es hier einen Zusammenhang mit den Wahlen in Oberösterreich im Herbst gibt, ist für Seidler klar.
Bachelor ist nicht die Lösung
Inhaltlich versuche man bei der TU Oberösterreich anscheinend eine "Quadratur des Kreises". Einerseits wolle man digitale Generalisten für die oberösterreichische Industrie ausbilden, andererseits habe man den Anspruch, als Uni forschungsgeleitete Lehre anzubieten. Dieses Spannungsfeld sei auflösbar, aber nicht mit einem Bachelor, sagte Seidler. Stattdessen solle man Masterstudien für jene anbieten, die sich Digitalisierung in Zusammenhang mit ihrem Beruf erarbeiten wollen.
Im Lichte der Debatte um die TU Oberösterreich und der Arbeiten des Bildungsministeriums an einem Hochschulplan 2030 haben sich die Unis zuletzt bei einer Klausur auch mit ihrer inhaltlichen und strategischen Positionierung in der Zukunft beschäftigt. Universitäten seien nicht dafür da, Absolventen für kurzfristige Bedürfnisse der Wirtschaft zu produzieren, betonte Seidler. "Wie wollen Absolventen, die möglichst breit gebildet und flexibel sind."
Autonomität der Unis wichtig
Versuche, die Unis immer mehr von der Bildung in Richtung Ausbildung zu drängen, seien sicherlich da. Solange die Unis autonom seien, mache sie sich aber deshalb keine Sorgen, so die Rektorin der TU Wien, wobei technische Bereiche wegen der großen Schnittmenge mit der Wirtschaft sicher stärker von Druck in diese Richtung betroffen seien. Gleichzeitig entstehe ein neues Spannungspotenzial, weil die Fachhochschulen ihr Forschungsportfolio immer weiter ausbauen. "Schwer zu sagen, wohin das geht."
Durchwachsen fällt das Resümee der uniko-Chefin zu den gesetzlichen Änderungen im Studienjahr 2020/21 aus. Die neu eingeführte Mindeststudienleistung an den Unis sei nur ein Micro-Schritt und dass bei der Lehrerausbildung für Quereinsteiger die Unis bloß noch in die Erstellung der Lehrpläne eingebunden werden, sonst aber nicht mitreden können sollen, gefährde die Qualität in der künftigen Lehrerausbildung.
Beim Weiterbildungs-Paket sieht Seidler hingegen einen Paradigmenwechsel im positiven Sinne, Weiterbildung sei nun als wichtige Aufgabe der Unis verankert und die Durchlässigkeit verbessert. Jetzt müsse auch die Qualitätssicherung entsprechend angepasst werden. Bei neu geschaffenen Möglichkeiten wie der Kooperation mit außerhochschulischen Bildungseinrichtungen wie dem Wifi oder dem bfi sei außerdem zentral, dass die Unis weiter autonom und vor jeder Einflussnahme durch Unternehmen geschützt bleiben.
Unis wegen Corona ab Herbst als Hybrid-Modell
Im Herbst werden die Unis mit einem Hybrid-Modell in das neue Studienjahr starten und sich auf unterschiedlichste Szenarien vorbereiten, kündigte Seidler erneut an. Es sei allemal besser, bei stabilen Infektionszahlen Sicherheitsmaßnahmen zurückzunehmen als von der nächsten Welle unvorbereitet getroffen zu werden, "weil wir gelernt haben, dass von einem Tag von 100 auf 0 runterfahren nur bedingt gut funktioniert". Aktuelle Pläne reichen demnach von einer Halbbesetzung im Schachbrettmuster bis zur Vollauslastung unter Einhaltung der 3G-Regel. Der Schwerpunkt der Präsenzangebote liege bei Studierenden der ersten drei Semester, die wegen Corona kaum echten Uni-Alltag erleben konnten, und Master-Studierenden, für die eine "Wechselwirkung der Köpfe" im Studium besonders wichtig sei.
Dass in den vergangenen Wochen in Medien teilweise von "brennenden" oder "komatösen" Unis die Rede gewesen sei, findet Seidler ungerecht. Die Lehrenden seien teilweise hart an ihre Grenzen gekommen, Laborbetrieb und Lehre im kleinen Rahmen etwa an den Kunstunis habe es zudem schon lange gegeben. Der Forderung, parallel Präsenz- und Fernlehre abzuhalten, erteilte sie eine Absage. "Das schaffen wir nicht, dafür fehlen die Ressourcen." Immerhin sei gutes Distance Learning viel mehr, als nur eine Vorlesung vor der Kamera herunterzurattern.