Digital-Uni IT:U in Linz: Keine Umwidmung für Standort Auhof bei JKU
Die Linzer Digital-Uni IT:U (Interdisciplinary Transformation University Austria) wird nicht am geplanten Areal in Auhof nahe der JKU (Johannes Kepler Universität) gebaut werden. Er werde die Umwidmung in Bauland nicht zulassen, sagte der geschäftsführende Vizebürgermeister Dietmar Prammer (SPÖ) am Montag in einer Pressekonferenz in Linz. Ein neues Gutachten, das gravierende negative Auswirkungen des geplanten und umstrittenen Bauprojekts bestätigte, habe ihn dazu veranlasst.
Diese Meldung wurde aktualisiert. Neu: Untertitel, Absätze 4, 8, 10 bis 14 nach neuen Reaktionen u.a. von IT:U, LR Achleitner
Das Bauprojekt widerspreche einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Es hätte schädliche Folgen für das Klima in Linz, der Kaltluftstrom des Grüngürtels würde abgeblockt. Zudem sähen die Experten des Landes unabwendbare Gefahren durch starke Hangwässer. Die Direktion für Landesplanung schließe ihre Stellungnahme mit der Forderung, Alternativstandorte auf bereits versiegelten Flächen zu suchen, hieß es. Das Argument der Kaltluftschneise führte auch stets die Bürgerinitiative (BI) "Retten wir den Grüngürtel" ins Treffen, die bis Ende Juni 7.000 Unterschriften gegen den Standort gesammelt hatte.
Bau am Grüngürtel schädlich für das Klima in der Stadt
"Nach dem Gutachten des Landes ziehe ich bei dem Projekt die Notbremse und werde die Umwidmung des Geländes in Bauland nicht zulassen", so Prammer in den Unterlagen zur Pressekonferenz. Der Bau am Grüngürtel wäre schädlich für das Klima in der Stadt, "die Stellungnahme der Direktion für Landesplanung des Landes Oberösterreich zum bisher geplanten Standort der neuen Universität ist eindeutig". Es handle sich dabei um eine Sammlung der Stellungnahmen zu dem Projekt, unter anderem habe die Naturschutzbehörde der Stadt Linz eine negative abgegeben, hieß es aus dem Büro des zuständigen Landesrats Markus Achleitner (ÖVP).
Prammer riskiere "offenbar aus wahltaktischen Motiven im Hinblick auf die Bürgermeisterwahl am 12. Jänner" die Jahrhundertchance IT:U, so Achleitner in einer Presseaussendung. "Die Verantwortung dafür will Vizebürgermeister Prammer noch dazu dem Land OÖ zuschieben: Das ist eine glatte Unwahrheit, denn die von ihm zitierte negative Stellungnahme zum Projekt stammt nicht vom Land OÖ, sondern von der Naturschutzbehörde der Stadt Linz." Die neue Digitaluni werde aus Sicht des Landes nach Oberösterreich kommen. Doch: "Jetzt muss die Standortsuche im ganzen Bundesland neu begonnen werden", so Achleitner, der die Nähe zu einer FH ins Treffen führte und betonte, in der "2015 erlassenen Verordnung des Landes über die regionale Grünzone Linz-Umland wurde eine mögliche Erweiterung der JKU oder eine weitere universitäre Entwicklung in Linz-Auhof bereits berücksichtigt und eine entsprechende Ausnahme dafür festgeschrieben".
Besseren Standort finden
Prammer hoffte auf Verständnis aller Beteiligten, die bereits viel Arbeit in die Planung gesteckt hätten. Es gelte nun, einen besseren Standort zu finden. Er habe bereits mit den Eigentümervertretern der PostCity am Hauptbahnhof Kontakt aufgenommen. "Die Post City ist gesprächsbereit" - das bestätigte auch Post-Pressesprecher Markus Leitgeb. "Es braucht jetzt rasch ein gemeinsames Vorgehen der Stadt Linz, dem Land Oberösterreich und dem Bund, um den Weg dafür oder einen anderen Standort freizumachen", gab sich Prammer zuversichtlich.
Der konkrete Standort für die IT:U - damals noch IDSA (Institute of Digital Sciences Austria) - sei 2022 in der Vereinbarung gem. Art 15a B-VG zwischen der Republik Österreich und dem Land Oberösterreich fixiert worden, das war eben das umstrittene Areal. Die Bürgerinitiative fand es demokratiepolitisch fragwürdig, dass ohne Alternativprüfung und ohne Baulandwidmung der Standort bei der Kepler Uni festgeschrieben wurde. Mehrere Architekturstudierende hatten im Frühjahr als alternative Orte das Nestle-Gelände gegenüber dem Design-Center, das Schlachthof-Areal hinter der Tabakfabrik und das Postverteilzentrum neben dem Hauptbahnhof, alles derzeit ungenutzte und bereits versiegelte Innenstadtflächen, vorgeschlagen.
IT:U wird in Linz nicht begraben
"Jeder Standort in Linz hat seine Vorteile - jener bei der JKU die direkte Anbindung beider Universitäten zueinander, jener beim Bahnhof die gute Verkehrserschließung. Das Wichtigste ist, dass die IT:U in Linz nicht begraben wird", reagierte Vizebürgermeister Martin Hajart (ÖVP).
"Wir haben es geschafft - der Grüngürtel ist gerettet", dankte Stadträtin Eva Schobesberger (Grüne) der Bürgerinitiative und "den vielen engagierten Menschen, die sich seit Monaten unermüdlich für den Erhalt des Grüngürtels eingesetzt haben. Obwohl die Fakten von Anfang an am Tisch gelegen sind, haben SPÖ und ÖVP bis heute am Zubetonieren festgehalten". Für die IT:U "gibt es gute Standorte in Linz. Aber jener im Grün-Gürtel war es nie und ist jetzt zu Recht vom Tisch", so Landessprecher Stefan Kaineder.
"Es ist ein klarer Neustart für die Lebensqualität in unserer Stadt und ein Bekenntnis zum Schutz des Grüngürtels", so Stadtrat Michael Raml (FPÖ). Die Linzer FPÖ habe sich bereits unter Vizebürgermeister Markus Hein gegen die Umwidmungspläne gestellt."
IT:U ist überrascht
Diese Entscheidung der Stadt Linz kommt für uns sehr überraschend", hieß es vonseiten der IT:U. Die Entwicklung habe aber keinen Einfluss auf die Arbeit an der neuen Uni unter Gründungspräsidentin Stefanie Lindstaedt, die im Herbst mit zwei Doktoratsstudien und elf Gründungsprofessoren gestartet hat. Zurzeit ist die IT:U räumlich im Science Park der JKU untergebracht, mit der Aussicht auf Umzug in die neuen Gebäude. "Und wir vertrauen auf die Aussage der Politik: 'Wir finden einen anderen guten Standort für die IT:U in Linz.'"
NEOS-Landessprecher Felix Eypeltauer kritisierte die Umsetzung des Projekts. "Wer in der Privatwirtschaft so fuhrwerkt, fliegt", das zeige auch "der jüngste Holperer: Der Standort, welcher der Öffentlichkeit als fix verkauft wurde, ist gar nicht möglich". Nun müsse eine "ergebnisoffene, professionelle Suche nach Standortalternativen sowie eine transparente und gut begründete Auswahl des bestgeeigneten Standortes" erfolgen.
"Wir hatten sämtliche Fakten, die gegen diese Umwidmung sprachen, auf unserer Seite und wir waren erfolgreich!", so Alexander Jäger, der Sprecher der BI "Retten wir den Grüngürtel", erleichtert. Prammer habe nun erkannt, "dass die geplanten Eingriffe das vom Linzer Gemeinderat einstimmig beschlossene Örtliche Entwicklungskonzept und viele andere seitens der Stadt eingegangenen Selbstverpflichtungen völlig konterkariert hätten".
Ganz Urfahr ist gegen die Verbauung
"Mit wenigen Ausnahmen, ist ganz Urfahr gegen diese Verbauung und für den Erhalt der Frischluftschneise", sah Stadtentwickler und Gemeinderat Lorenz Potocnik, der vehement gegen den Standort gekämpft hatte, den öffentlichen Druck zu groß geworden.
Mit großem Unverständnis reagierte die OÖ. Industrie auf Prammers Entscheidung. "Das Projekt zeigt konkret, warum Europa und Österreich immer weiter zurückfallen. Behördenverfahren werden immer unkalkulierbarer und der Zeitbedarf rechtfertig Investitionen immer weniger", so der Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich, Stefan Pierer.