Schadstoff Phthalat in vielen Urinproben vielleicht von Sonnencremes
Ein in Urinproben entdeckter verbotener Schadstoff könnte nach Angaben aus dem deutschen Umweltbundesamt möglicherweise aus Sonnenschutzmitteln stammen. Das Phthalat MnHexP (Mono-n-hexyl-Phthalat) war kürzlich im Urin zahlreicher Menschen in Deutschland gefunden worden. "Man sollte nun aber auf gar keinen Fall auf Sonnenschutzmittel verzichten", warnte Marike Kolossa vom Umweltbundesamt am Donnerstag. Die Krebsgefahr durch Sonnenstrahlen sei zu hoch.
"Unsere Erkenntnisse reichen zu diesem Zeitpunkt nicht für eine Maßnahmenempfehlung", sagte Kolossa. "In unseren ersten, sondierenden Analysen sehen wir einen Zusammenhang zwischen der Belastung mit MnHexP und Kosmetika, darunter insbesondere Sonnenschutzmitteln", erläuterte. Auch viele Cremes, darunter Nachtcremes, enthalten demnach Sonnenschutzmittel.
Das deutsche Umweltbundesamt habe in einer noch laufenden Umweltstudie zur Gesundheit nach neuesten Daten in etwa 37 Prozent der Proben den Metabolit MnHexP entdeckt, sagte Kolossa. Er ist demnach ein Abbauprodukt des nicht zugelassenen Weichmachers DnHexP (Di-n-hexyl-Phthalat). Der fortpflanzungsschädigende Stoff MnHexP sei erstmals 2023 entdeckt worden. Das deutsche Umweltbundesamt hatte ihn im Urin Erwachsender nachgewiesen, eine Behörde im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen in dem von Kindergartenkindern.
Herkunftssuche nach dem Stoff gestaltet sich kompliziert - Ergebnisse nächsten Jahres erwartet
Der Stoff DnHexP darf in der EU seit 2023 ohne Zulassung grundsätzlich nicht mehr verwendet werden. Zulassungsanträge seien nicht gestellt worden. Nicht auszuschließen sei, dass er in Altlasten oder DnHexP-haltigen Importerzeugnissen stecke. Schon seit vielen Jahren ist DnHexP in der EU stark beschränkt beziehungsweise verboten.
Die Suche nach der Herkunft des Schadstoffs sei Detektivarbeit, sagte Kolossa. "Wir haben den Fragebogen in der noch laufenden 6. Deutschen Umweltstudie zur Gesundheit so aufgesetzt, dass wir aufgrund von Hypothesen Fragen stellen." Aufgrund von Erkenntnissen zu anderen Phthalaten sei unter anderem gefragt worden: "Wie häufig benutzen Sie Sonnenschutzmittel?" Das UBA arbeite eng mit EU-Behörden zusammen, um das Ausmaß des Problems in Europa zu erfassen und Maßnahmen zu ergreifen.
MnHexP ist nach Ergebnissen von Tierversuchen ein fortpflanzungsschädigender Stoff, sagte Kolossa kürzlich. Er wirke vor allem auf die Fortpflanzungsorgane männlicher Föten im Mutterleib. Stoffe dieser Gruppe könnten aber auch für Erwachsene schädlich sein und das Risiko für Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit erhöhen, was aus weiteren Tierversuchen hervorgehe. In einzelnen Menschen seien Konzentrationen entdeckt worden, "die so hoch sind, dass eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen ist."
Die Gesundheitsschädlichkeit sei zudem additiv mit anderen Phthalaten, das heißt die Wirkungen einzelner Phthalate addieren sich zu einer Gesamtwirkung, betonte Kolossa. Endergebnisse der aktuellen deutschlandweiten Studie erwartet sie im nächsten Jahr.