Medizin-Nobelpreis: Pääbo ist der "Godfather der Alten-DNA-Forschung"
"Svante Pääbo ist der 'Godfather' der alten DNA für uns", sagte Ron Pinhasi vom Department für Evolutionäre Anthropologie der Universität Wien am Montag zur APA. Die Zuerkennung des Medizin-Nobelpreises an den schwedischen Evolutionsgenetiker ist für den Wissenschafter, der bereits mehrere Forschungsvorhaben mit Pääbo durchgeführt hat, "völlig verdient". Der nunmehrige Nobelpreisträger habe das Forschungsfeld zu dem gemacht, was es heute ist, so Pinhasi.
"Als Alte-DNA-Forscher kann ich an keine passendere Person denken, die das Feld repräsentiert." Pääbo sei ein "herausragender Forscher" und trotz seines Status nahbar, erklärte Pinhasi. Pääbo habe über viele Jahrzehnte an seiner Vision gearbeitet und sei auch heute noch hoch aktiv.
Der heurige Preisträger besteche durch seine Innovations- und Experimentierfreude, Bodenhaftung, aber auch durch seine Zielstrebigkeit und mitunter Strenge. Er habe eine klare Vision, von der er sich auch durch Rückschläge nicht abbringen ließ. So habe Pääbo etwa auf dem Weg zur Isolierung der DNA von ägyptischen Mumien in den 1980er-Jahren auch einmal unbeabsichtigt sein eigenes Erbgut analysiert. Trotz solcher Episoden habe er immer weiter gemacht.
Pääbo sei auch immer in der Lage gewesen, seinen Fokus zu verändern, wenn es notwendig ist. "Auch das macht Wissenschaft aus", so Pinhasi. Der Neo-Nobelpreisträger sei das Unterfangen, mit seinem Team die DNA des Neandertalers zu entschlüsseln, ähnlich angegangen wie das "Human Genome Project" (HGP) - "allerdings ein großes Stück kleiner", sagte der Professor für Biologische Anthropologie. Das habe damals keine andere Gruppe zuwege gebracht. Gleichzeitig habe er mit seinem Hintergrund als Biologe den Blick auf die dahinterliegenden größeren Fragen gerichtet. Das führte dann auch zu der Identifikation des Denisova-Menschen - rein auf Basis von Genanalysen.
Als Wissenschafter sei Pääbo ohne "Sensationslust" und mit einer großen "Ernsthaftigkeit" an die Sache herangegangen. Zunächst lag der Fokus auf der Extraktion und Entschlüsselung des Genoms selbst, in der Folge leitete man die evolutionären Begebenheiten ab, die die neuen Entdeckungen erlaubten. Pääbo habe nicht nur das Erbgut aufgearbeitet, sondern es "auch auf ein Level gebracht, dass man es nutzen und vergleichen kann. Das ist es, warum er meiner Meinung nach den Preis bekommen hat", sagte Pinhasi.
Die Erkenntnisse über das genetischer Erbe der Vorfahren des modernen Menschen würden heute intensiv genutzt. So zeigte Pääbo u.a. auch, dass gewisse Neandertaler-Gene eher schützend im Zusammenhang mit Covid-19- und HIV-Infektionen wirken. "Das zeigt den Wert dieser Genome", betonte Pinhasi, der Pääbo attestiert, die Erforschung des Erbguts der menschlichen Spezies bis zu einem gewissen Grad neu begründet zu haben. Spreche man in Vorlesungen über die Grundlagen des Bereichs, komme man an dem 67-Jährigen nicht vorbei.
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