Corona-Mutation dürfte schon "relativ stark" verbreitet sein
Die in Großbritannien entdeckte Virus-Mutation B 1.1.7. dürfte schon "relativ stark" in Österreich verbreitet sein. Sie werde wohl "irgendwo zwischen 10 und 20 Prozent" (der Covid-Fälle) liegen, rechnet MedUni-Wien-Vizerektor Oswald Wagner angesichts erster Untersuchungen positiver PCR-Tests aus Wien. Diese ergaben 17 Prozent Mutations-Anteil. Wie hoch der Anteil tatsächlich ist, werde man - zumindest für Wien - am 20. Jänner bekanntgeben können, sagte Wagner im ORF.
Der Wissenschafter geht davon aus, dass sich in Europa vor allem die britische Mutation - und nicht die in Südafrika entdeckte - verbreiten wird. Es sei davon auszugehen, dass dies auch in Österreich schon vor wenigen Wochen begonnen habe. Aber das Virus baue sich erst langsam ohne größere Spuren auf, und "wenn es dann einmal da ist, geht es wirklich sehr schnell", so Wagner in der Sonder-"ZiB".
"Schon sehr große Sorgen" mache den Wissenschaftern, dass die Mutation "sehr wahrscheinlich" zu einer größeren Infektiosität führt, sagte er. Und das sei "teuflisch": Denn wenn das Virus um 50 Prozent ansteckender ist, bedeute das bei gleichbleibender Gefährlichkeit binnen ein paar Wochen "mindestens eine Verfünffachung der Sterbefälle". Wäre hingegen das Sterberisiko um 50 Prozent höher, käme es im selben Zeitraum nur zur Verdoppelung.
Untersuchung positiver PCR-Tests läuft
Die MedUni Wien hat auf Ersuchen von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) zunächst positive PCR-Tests einer Teststraße analysiert - und mittlerweile alle positiven Proben aus Wien. Laut den der APA bekannt gegebenen ersten Ergebnissen wurde bei der Untersuchung einer Stichprobe von 83 positiven PCR-Tests in 14 Fällen die für das britische Virus typische Mutation nachgewiesen. Die Untersuchung ist aber noch nicht fertig, die Ergebnisse der Sequenzierung liegen noch nicht vor.
Hacker sah aber bereits den Verdacht bestätigt, wonach die Variante schon länger in Österreich sein dürfte. Er hat den Auftrag erteilt, alle positiven PCR-Befunde in Wien auch automatisch auf Mutationsmarker mittesten zu lassen. Nun gebe es den ersten Outcome des Auftrags. "Wichtig ist, dass es sich hierbei - Stand jetzt - immer noch um Verdachtsfälle handelt und die endgültige Bestätigung durch Sequenzierungen aussteht", sagte der Ressortchef. Offen sei auch noch, um welche Mutation es sich tatsächlich konkret handle.
Verbreitung zwischen 15 und 20 Prozent möglich
Hacker hatte bereits wiederholt die Vermutung geäußert, dass eine Verbreitung zwischen 15 und 20 Prozent nicht überraschend wäre. "Für eine definitive Beurteilung dieser Situation und eine etwaige Neu-Beurteilung der Situation der letzten Wochen ist es noch zu früh, da die Ergebnisse der Sequenzierungen erst im Laufe der kommenden Woche einlangen. Danach gibt es ein klareres Bild, das dann eben zu beurteilen sein wird", betonte der Stadtrat.
Mit 14 Verdachtsmomenten auf die britische Mutation des Virus bei 83 positiven Proben kann natürlich unmöglich auf die derzeitige Ausbreitung der Version B.1.1.7. geschlossen werden, sagte Peter Klimek vom Complexity Science Hub (CHS) Vienna. Der Komplexitätsforscher wies darauf hin, dass aufgrund der PCR-Vorproben auch erst einmal eine hohe Wahrscheinlichkeit auf das tatsächliche Vorhandensein der Mutation gegeben ist, aber auch diese erst nach der Sequenzierung endgültig ist. Um das tatsächliche Ausmaß der Mutations-Anteils festzustellen bräuchte es eine ausreichend große Stichprobe, ähnlich wie bei einer Meinungsumfrage.
So gesehen haben diese 14 Fälle der möglichen Mutation, die bei den positiven Corona-Tests an einer Teststraße in Wien registriert wurden, keinen neuen Erkenntniswert, erläuterte Klimek, denn dass die aufgetretene Coronavirus-Mutation bereits im Wiener Abwasser ihre Spuren hinterlassen haben könnte und damit in der Bundeshauptstadt kursiert, stand ja bereits fest. Die in der Wiener Hauptkläranlage am Dienstag entnommene Probe wurde in einer Vortestung ebenfalls positiv auf die neue Variante getestet. Es sei so auf jeden Fall noch zu früh, um neue Schlüsse zu ziehen.
Man könne aber davon ausgehen, dass sich B.1.1.7. in einer ähnlichen Geschwindigkeit wie in Dänemark ausbreiten werde. Dort wurde anhand der dort hohen Rate an SARS-CoV-2-Sequenzierungen festgestellt, dass der Anteil von B.1.1.7 an den untersuchten Virusproben binnen drei Wochen von 0,2 auf 2,3 Prozent gestiegen war. Daher könne man auch im Fall von Österreich davon ausgehen, dass die Probleme mit der Mutation nicht erst in zwei Monaten auftreten werden, sondern eher bereits davor.