Corona: Sportwissenschafter planen Studie zu Covid-19 und Sport
Eine vom Innsbrucker Institut für Sportwissenschaften im März und April durchgeführte Befragung zeigt, dass sich Tiroler in der Zeit der Ausgangsbeschränkungen im Frühjahr weniger sportlich betätigten. Eine Folgestudie soll nun retrospektiv Aufschluss über Veränderungen des Sport- und Bewegungsverhaltens im Verlauf des gesamten Jahres bieten. Ziel sei es, so Studienleiterin Stefanie Schöttl im APA-Interview, aus den Ergebnissen sportpolitische Empfehlungen abzuleiten.
500 Tiroler wurden im Frühling befragt, berichtete Schöttl. Aus den Ergebnissen ließe sich mit Sicherheit schließen, dass die einschränkenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie Auswirkungen auf das Bewegungsverhalten der Bevölkerung hätten, erläuterte Schöttl. Nun stelle sich die Frage, welche Faktoren und Lebensumstände konkret Einfluss nehmen. "Darauf müssen dann auch politische Handlungen folgen", betonte die Sportwissenschafterin, "angenommen, wir würden sehen, dass die Befragten sich seit dem Ausbruch der Pandemie weniger bewegten, könnte das langfristige Auswirkungen auf deren Gesundheit haben".
Zwei Befragungswellen
Nun soll eine großangelegte Befragung starten, die vom Förderkreis der Universität Innsbruck "1669 – Wissenschaft Gesellschaft" unterstützt werde, informierte Schöttl, der EVTZ Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino habe die Schirmherrschaft übernommen. Die Onlinebefragung soll Mitte Dezember starten, im Frühjahr 2021 sei eine zweite Befragungswelle geplant, in dessen Rahmen die Ergebnisse überprüft und abgeglichen werden, berichtete Schöttl.
Zur Teilnahme aufgerufen sind Menschen aus Südtirol, Trentino, Tirol, Oberbayern und Vorarlberg. "Wir gehen davon aus, dass diese Regionen trotz teils unterschiedlicher Maßnahmen vergleichbar sind - nicht nur klimatisch und topografisch sondern auch im Hinblick auf die sportlichen Möglichkeiten, etwa durch Berge und die Nähe zur Natur", präzisierte sie. Es sei davon auszugehen, dass sich die ausgeübten Sportarten durch die Einschränkungen über das Jahr veränderten. "Wir haben festgestellt, dass ein Großteil der im Frühjahr Befragten die Restriktionen befolgte, Outdoor-Sportarten mit Ausnahme von Spazierengehen vermied und stattdessen mehr Heimtraining absolvierte".
Den unter dem Link https://www.soscisurvey.de/Covid-19_Sport_1/?r=1 abrufbaren Fragebogen könne jeder Interessierte ausfüllen, "unabhängig davon, wie sportlich", betonte Schöttl: "Gerade die weniger aktiven sind eine interessante Zielgruppe". "Unsere erste Umfrage hat eine zunehmende Sportbeteiligung in den weniger aktiven Gruppen beim Vergleich zwischen den Zeitpunkten vor und nach Covid-19 gezeigt", erzählte sie. Denkbar sei, dass einige Bevölkerungsgruppen durch Homeoffice oder Kurzarbeit schlicht mehr Zeit für Sport hätten. Die Onlinestudie soll deshalb auch sämtliche demografische Daten abfragen.
Aufruf, Bewegung im Freien zuzulassen
"Bewegung ist ein menschliches Grundbedürfnis", zeigte sich Schöttl von der Relevanz des Themas überzeugt. Das Institut für Sportwissenschaft der Universität Innsbruck habe gemeinsam mit der UMIT Hall, den Tirol Kliniken und der Medizinischen Universität Innsbruck den Corona-Krisenstab des Landes im März 2020 dazu aufgerufen, moderate sportliche Aktivitäten im Freien wie z.B. Joggen oder Wandern im leichten Gelände unter Einhaltung der geltenden Abstandsregeln unbedingt zuzulassen.
Insbesondere in Tirol habe der Sport einen hohen Stellenwert. Nach einer aktuellen Studie der Lebensraum Tirol Holding und des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Innsbruck treiben 64 Prozent der Tiroler mindestens einmal pro Woche Sport, zitierte Schöttl. Zwei Drittel der Tiroler übten ihre körperliche Aktivität im Freien aus. Die am häufigsten betriebenen Sportarten seien vor allem Radfahren, Spazierengehen und Berggehen im Sommer und Skifahren im Winter. Hauptmotiv der Tiroler Bevölkerung sich sportlich zu betätigen sei vor allem die Gesundheit.