Bildung im KI-Zeitalter: Ein Kompetenzzentrum als Partner für das Bildungssystem
Gastbeitrag --- Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in den Bildungsbereich bietet viele Chancen, bringt aber auch Herausforderungen. Ein modernes, zukunftsorientiertes Bildungssystem muss einerseits die immensen Potenziale freisetzen und andererseits die Risiken berücksichtigen. In den letzten Empfehlungen des Rates haben wir dazu die Schaffung eines nationalen KI-Kompetenzzentrums vorgeschlagen. Dieses Zentrum soll über umfangreiche Expertise und Ressourcen verfügen, um u.a. die "AI Literacy" in der Gesellschaft zu fördern - und insbesondere Lehrer und Lehrerinnen und Schulen zu unterstützen.
KI-kompetentes Lehrpersonal und ein zukunftsfähiges Bildungssystem werden die Bürger und Bürgerinnen und Fachkräfte von morgen hervorbringen. Deshalb erachten wir schulische Einrichtungen und Lehrer und Lehrerinnen als essenzielle Zielgruppe und wichtige Partner eines KI-Kompetenzzentrums. Denn die Verantwortung, KI-basierte Instrumente und KI-Didaktik in den Unterricht zu integrieren, darf nicht dem Zufall oder einzelnen engagierten Lehrkräften überlassen werden. Wir schlagen daher ein solches Zentrum zur Entwicklung von Unterrichts- und Weiterbildungsmodulen, Bildungstechnologien und der erforderlichen Schulinfrastruktur vor. Das Zentrum würde eine systematische, flächendeckende Unterstützung bieten und sicherstellen, dass alle Schulen und Lehrkräfte Zugang zu den notwendigen Ressourcen und Schulungen haben.
KI-Technologien werden aber auch Lernprozesse grundlegend verändern. So ist es möglich, das Lernen effektiver zu gestalten, indem Lernfortschritte individuell analysiert und personalisierte Lernwege erstellt werden, die sich den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Schüler und Schülerinnen anpassen. Relevant sind solche Methoden auch für lebenslanges Lernen: Unternehmen könnten in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum maßgeschneiderte Weiterbildungsprogramme entwickeln, die auf spezifische Branchenbedarfe abgestimmt sind - und so kontinuierlich dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
Neue Technologien, die in kurzer Zeit so massive soziale und wirtschaftliche Umwälzungen herbeiführen wie KI, erfordern große, achtsame gesamtgesellschaftliche Anstrengungen, um zu gewährleisten, dass sie zum Wohle der Menschen eingesetzt werden. Es muss allen Bevölkerungsgruppen ermöglicht werden, sich mit diesen Technologien, ihren Chancen und Risiken auseinanderzusetzen und in ihrer Anwendung zu partizipieren. Dafür könnte das Zentrum maßgeschneiderte Programme und Bildungstechnologien für unterschiedliche Zielgruppen entwickeln. Von Schulkindern über berufstätige Erwachsene und Menschen mit Migrationshintergrund bis hin zu Senioren sollen alle die Möglichkeit erhalten, sich in und mit KI weiterzubilden.
Ein Kompetenzzentrum für KI, das Schulen und Pädagogen und Pädagoginnen als zentrale Partner einbindet, kann also eine Schlüsselrolle übernehmen. Österreich hat die Chance, eine Vorreiterrolle einzunehmen und mit gezielter Förderung und Innovation die Weichen für eine zukunftsorientierte Bildungslandschaft zu stellen.
Zu den Personen:
Thomas A. Henzinger ist Vorsitzender des FORWIT, ist Informatiker und war bis Ende 2022 erster Präsident des Institute of Science and Technology Austria (ISTA). Er ist Mitglied der US National Academy of Sciences, der American Academy of Arts and Sciences, der Royal Society, der Academia Europaea, der Leopoldina und der ÖAW. Seit 2023 ist er im Scientific Council des European Research Council.
Johanna Pirker ist Ratsmitglied des FORWIT, ist Forscherin am Institut für Interaktive Systeme und Data Science der TU Graz und widmet sich u.a. KI, Datenanalyse, immersiven Umgebungen, Spieleforschung und Gamification-Strategien. Derzeit vertritt sie den Lehrstuhl für Medieninformatik an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Service: Dieser Gastbeitrag ist Teil der Rubrik "Nachgefragt" auf APA-Science. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.