IGGÖ und IKG besuchen erstmals gemeinsam ehemaliges KZ in Auschwitz
Hochrangige Vertreter der Islamischen Glaubensgemeinschaft und der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) reisen am Montag erstmals gemeinsam nach Polen, um im ehemaligen Konzentrationslager in Auschwitz der Opfer der Shoah zu gedenken. "Es geht auch darum, Prävention gegen Hass im allgemeinen und Antisemitismus im Speziellen zu leisten", sagte Ramazan Demir, Mitinitiator der Reise gegenüber der APA.
Rund 30 Mitglieder der beiden Glaubensgemeinschaften aus fast allen Bundesländern werden am Montag nach Krakau reisen, darunter hochrangige Vertreter wie der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) Ümit Vural und der Wiener Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister. "Es kommen Personen mit, die als Multiplikatoren viele Menschen erreichen. Rabbiner, Imame und über zehn Lehrer und Lehrerinnen", betonte Demir, Fortbildungsleiter am Institut für Islamische Religion der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule (KPH) Wien/Krems. Die Reise wird dokumentiert, um daraus Unterrichtsmaterialien zu erstellen, die ab Herbst im muslimischen Religionsunterricht eingesetzt werden sollen.
Neben dem Besuch der Gedenkstätten im Stammlager sowie dem ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau am Dienstag stehen weitere Gedenkorte in Krakau am Programm der dreitägigen Reise. Darunter etwa der jüdische Friedhof und die ehemalige Metallwarenfabrik von Oskar Schindler, der während dem Zweiten Weltkrieg etwa 1.200 bei ihm angestellte jüdische Zwangsarbeiter vor der Ermordung bewahrte. Geplant ist weiters ein Gespräch mit dem polnischen Oberrabbiner Michael Schudrich.
Dialog nachhaltig fördern
Ziel des Projekts der KPH mit den Schulämtern der islamischen und jüdischen Religionsgemeinschaft sei es, den "Dialog zwischen Musliminnen und Muslimen und Jüdinnen und Juden nachhaltig zu fördern", betonte Demir. Außerdem sollen neue Ansätze für die Vermittlungspädagogik, speziell zu Verbrechen während der Shoa, entwickelt werden. Es gehe aber auch darum, ein Zeichen gegen jegliche Form von Extremismus und Antisemitismus zu setzen.
Letzterer sei "noch immer ein gängiges Momentum innerhalb der Gesellschaft. Deshalb wird das Thema gemeinsam angegangen", betonte Awi Blumenfeld, Institutsleiter für jüdische Religion an der KPH im Vorfeld der Reise gegenüber der APA. Antisemitismus gebe es in der migrantischen Gesellschaft genauso wie von links oder rechts, denn "Antisemitismus macht wie Rassismus nicht vor Religionen oder Ethnien halt", so Blumenfeld. Deshalb gehe es bei dieser Bildungs- und Gedenkreise auch darum, "wie man Verantwortung übernimmt, fernab von jeglichen Parolen oder Schlagwörtern".
Erst Anfang dieser Woche hat der jährlich präsentierte Antisemitismus-Bericht für Aufsehen gesorgt, demzufolge mit 719 die zweitmeisten Vorfälle seit Beginn der Dokumentation gemeldet wurden. Mehr als die Hälfte (55 Prozent) kam aus dem politisch rechten Spektrum, 20 Prozent waren auf die linke Szene zurückzuführen, nur neun Prozent auf den "muslimischen Antisemitismus". Vor allem die Zahl der physischen Angriffe, Bedrohungen und Sachbeschädigungen stieg jedoch an, zeigt der Bericht. Die Angreifer waren dabei vor allem der Kategorie des "muslimischen Antisemitismus" zuzuordnen, wobei die Täter und Täterinnen zumeist Jugendliche waren.