IST Austria will Bewusstsein für Forscherinnen stärken
Der Frauenanteil in der Wissenschaft liegt weltweit bei unter 30 Prozent. Je höher die Karrierestufe, desto stärker unterrepräsentiert sind Frauen in der Forschung. Das Institute of Science and Technology (IST) Austria nimmt den von den Vereinten Nationen ausgerufenen "Internationalen Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft" am 11. Februar als Ausgangspunkt, heuer mit einer Reihe von Aktivitäten das Augenmerk auf Forscherinnen zu lenken.
"Das IST fokussiert sich in diesem Jahr auf die Ermächtigung (Empowerment) von Frauen, aber eigentlich auch von Männern", erklärte Hilde Janssens vom IST Austria im Gespräch mit APA-Science: "Für mich ist es absolut klar, dass wir dieses Puzzle nicht lösen können, wenn wir nur mit Frauen sprechen. Alle Geschlechter müssen einbezogen werden." Die gebürtige Belgierin ist am Campus in Klosterneuburg als "Good Practice Officer" für alle Fragen der Gleichstellung und Gleichbehandlung zuständig. Als solche ist sie federführend an der Organisation der verschiedenen Aktionen beteiligt, die unter dem Motto "WoMen in science: Change the world" über das Jahr verteilt geplant sind.
Den Auftakt markiert eine Vorlesung der Mikrobiologin Christa Schleper von der Universität Wien am 11. Februar. Während diese Veranstaltung mit anschließendem runden Tisch im Rahmen der "STEM fatale"-Vorlesungsreihe noch Campus-intern abgehalten wird, sind die weiteren Schritte zum Teil auch öffentlich zugänglich. So startet am 8. März eine Ausstellung, die "Interviews ohne Worte" präsentiert. Die Antworten auf jeweils vier Fragen an in der Wissenschaft tätige Frauen, Männer, Paare und Eltern werden dabei in Form von Fotografien in Szene gesetzt. Diese Porträt-Reihe wird in den Folgemonaten laufend erweitert. Ein Resümee über die Aktivitäten soll dann im Rahmen einer abschließenden Podiumsdiskussion im Oktober gezogen werden.
Probleme ...
Eine 2018 vom Bildungsministerium beauftragte und vom Institut für Höhere Studien (IHS) durchgeführte Studie zur Geschlechtergleichstellung in Wissenschaft und Forschung hat unter anderem ergeben, dass Frauen weiterhin deutlich unterrepräsentiert sind. Demnach lag Österreich 2015 mit einem Frauenanteil von knapp 30 Prozent im EU-Vergleich im letzten Drittel (EU-Durchschnitt 34 Prozent). Trotz einer leicht positiven Tendenz, was die "Leaky Pipeline", also das Sinken der Frauenanteile entlang der wissenschaftlichen Karriereleiter betrifft, waren die Zahlen immer noch ernüchternd: Während Frauen mit 53 Prozent bei den Studierenden noch die Mehrheit stellten, lag der Frauenanteil bei Professoren bei nur 23 Prozent.
Dass es nach wie vor notwendig ist, auf die Herausforderungen für Frauen in der Wissenschaft aufmerksam zu machen, liegt für Janssens also auf der Hand. "Unglücklicherweise ist das größte Problem noch immer die Kombination (von Karriere; Anm.) mit Familie", erklärt die Wissenschafterin, für die Österreich bereits das siebente Land ist, in dem sie mit ihrer Familie lebt und arbeitet. Hinzu komme die Tendenz, dass Frauen manchmal zu wenig Selbstvertrauen hätten, beziehungsweise Männer zu viel davon an den Tag legen würden. Auch könne die implizite Voreingenommenheit im Wissenschaftssystem gegenüber Frauen ("Natürlich, sie muss schon wieder das Kind abholen...") dazu führen, dass sich Frust und Ärger anhäufen.
... und mögliche Lösungen
Solchen Problemen kann man auf institutioneller Ebene am ehesten mit der Schaffung einer inklusiven Umgebung begegnen, ist Janssens überzeugt: "Dabei geht es um Gruppendynamik, gleiche Chancen, eine inklusive Einstellung und die richtige Kommunikation." Alles helfe jedoch nichts, wenn nicht auch das Management hinter den Maßnahmen stehe - was am IST glücklicherweise der Fall sei.
Als "Good Practice Officer" sitzt Janssens beispielsweise in allen Diskussionen, bei denen es um die Bestellung von Professorinnen und Professoren geht, und achtet auf die Einhaltung gleicher Chancen für alle ("Ist diese informelle Information über die Person relevant?"). Allgemein bevorzugt sie in ihrer Arbeit den Begriff Fairness gegenüber der Gleichberechtigung: "Fairness hat mit fairer Behandlung zu tun, nicht nur für Frauen, sondern für alle Arten von Minderheiten." Gelingen könne das aber nur, wenn alle an einem Strang ziehen, betont die nebenberuflich auch als Trainerin und Mentorin tätige Expertin mit Nachdruck: "Wir müssen die Geschlechter in den Dialog bringen. Gelingt das, bin ich optimistisch, für mich ist das dann der Kipppunkt."