Kinder holten Fitnessmankos durch Coronarestriktionen teilweise auf
In der Covid-19-Pandemie waren Schulen, Sportanlagen und -Vereine geschlossen, die Kinder verloren Fitness und gewannen Übergewicht. Ein Jahr nach den Einschränkungen war ihr körperlicher Zustand wieder besser, berichtet der Grazer Bewegungswissenschafter Gerald Jarnig. Die guten Vor-Corona-Werte wurden aber noch nicht erreicht, schrieb er im "World Journal of Pediatrics". In Sportvereinen aktive Kinder holten die Mankos schneller auf.
Ein Team um Gerald Jarnig, der am Institut für Bewegungswissenschaften, Sport und Gesundheit der Universität Graz forscht, testete die Fitness des Herz-Kreislauf- und Atemsystems (Kardiorespiratorische Fitness) von 331 sieben bis neun Jahre alten Volksschulkindern. Darunter waren ungefähr gleich viele Mädchen (48 Prozent) und Buben (52 Prozent), knapp die Hälfte (44 Prozent) von ihnen waren Mitglieder in Sportvereinen. Außerdem wurden die Youngsters gewogen und vermessen, um ihre "Körpermassezahl" (Body Mass Index - BMI) zu ermitteln. Das ganze geschah zu drei Zeitpunkten: Kurz vor der Pandemie im September 2019, unmittelbar nach dem Ende der rigiden Einschränkungen (Juni 2021) und ein Jahr danach (Juni 2022).
Gewichtszunahme während Corona-Lockdowns
Während der Covid-Restriktionen nahm das Körpergewicht der Kinder im Vergleich zu ihrer Größe stark zu, ihre durchschnittliche Körpermassenzahl stieg von 22,19 auf 22,82. Dies sei "eine extreme Steigerung, wenn man berücksichtigt, dass dies Mittelwertzahlen sind", so der Forscher. Ein Jahr nach Ende der Maßnahmen hatten die Kinder wieder an Körpermasse verloren, allerdings mit einem durchschnittlichen Wert von 22,56 bei weitem nicht jenen vor Corona erreicht.
Die Buben machten stärkere Gewichtsschwankungen durch, als die Mädchen. Sie nahmen mehr zu und nach dem Ende der Restriktionen mehr ab. Bei den Mädchen waren die Veränderungen "statistisch zwischen keinen Zeitpunkten signifikant" und nur als schwacher Trend in den Daten erkennbar, schrieben die Forscher in dem Fachartikel. Kinder, die in Sportvereinen körperlich aktiv sind, hatten zu jedem Zeitpunkt geringere Körpermassezahlen als die anderen.
Die Forscher inspizierten auch die Fitness des Herz-Kreislauf- und Atemsystems der Kinder. "Ein sechs-Minuten-Lauftest wurde gemäß den international gängigen Testrichtlinien durchgeführt", erklärte Jarnig der APA: "Während des Tests liefen die Kinder kontinuierlich für einen Zeitraum von sechs Minuten um ein Rechteck mit den Abmessungen neun mal achtzehn Meter". Sie sollten dabei die größtmögliche Strecke zurücklegen. Wem das Laufen zu anstrengend wurde, der durfte zwischendurch gehen.
"Zu Beginn der Untersuchung im September 2019 zeigten die Kinder eine leicht erhöhte Leistung im Vergleich zur Norm (als Vergleichswert dienten von deutschen Forschern definierte "Normwerte" der Fitness und Gesundheit von Kindern, Anm.)", so Jarnig: "Im Verlauf der Pandemie nahmen diese Werte jedoch dramatisch ab". Nach Aufhebung der Restriktionen stiegen die Fitnesswerte der Kinder wieder. "Dieser Trend war in allen Gruppen zu beobachten", so Jarnig. So wie bei den Körpermassezahlen wurden aber die Werte vor der Pandemie nicht erreicht, und zwar "in keiner Gruppe".
Bedenkliche Auswirkungen
Die Einschränkungen während der Pandemie hatten demnach auf die Gesundheit der Kinder bedenkliche Auswirkungen, erklärte er. Es sei jedoch erfreulich, dass nach dem Ende der Restriktionen alle Gruppen signifikante Verbesserungen in den Fitnesswerten zeigten. Bei künftigen Ereignissen sollte man genau abwägen, wie sehr man die Bewegung der Kinder durch das Schließen von Sportvereinen und öffentlichen Spielplätzen einschränkt, meinen die Forscher. Von den Politikern fordern sie, die tägliche Bewegung und gesunde Ernährung in der Schule auszubauen, und österreichweit die Gesundheit der Kinder im Schulsystem zu überwachen. Außerdem sollte man vermehrt unterstützen, dass Kinder in Sportvereinen aktiv sind.
Service: https://dx.doi.org/10.1007/s12519-023-00772-0