Forscher berechnen mit KI im Nu Bakterien- und Viren-Hüllenstruktur
Bakterien, Viren und Archaeen - früher auch "Urbakterien" genannt - können sich mit einer Hülle aus Proteinen vor Angriffen von außen schützen. Die Oberflächen der Mikroorganismen sind komplex-regelmäßige, symmetrische Gitterstrukturen - jede Art hat jedoch eine andere. An der Uni Graz haben Forschende eine Methode entwickelt, mit der sich die Strukturen mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) bis ins kleinste Detail berechnen lassen, teilte die Uni Graz am Mittwoch mit.
Die Erforschung von Membranstrukturen von Bakterien, Viren oder auch Archaeen ist entscheidend für das Verständnis von Krankheiten und die Entwicklung entsprechender Therapien. "SymProFold" nennt sich das innovative Verfahren, das laut Uni Graz enorm viel Zeit und Aufwand im Labor sparen helfe. Denn entsprechende Berechnungen hätten bisher Monate gebraucht - nun sei das "in wenigen Stunden" möglich. In der jüngsten Ausgabe des Fachmagazins "Nature Communications" wurde die neue Methode erstmals vorgestellt.
Schlüssel zum Nano-Design für Medizin und Technik
"Wir haben mit SymProFold eine Methode entwickelt und optimiert, mit der wir in kurzer Zeit die Struktur von komplexen regelmäßigen Protein-Assemblierungen berechnen können", führten Christoph Buhlheller und Theo Sagmeister aus dem Team um Tea Pavkov-Keller vom Institut für Molekulare Biowissenschaften der Uni Graz aus. Die Grazer Wissenschafter brauchen dazu eine Sequenz des Proteins, aus dem die Gitterstruktur der Hülle aufgebaut ist. Das Grazer Team kann daraus mithilfe von KI die symmetrische Anordnung ableiten und die wahrscheinlichste identifizieren. Durch das rechnerisch erworbene Vorwissen könne man Experimente zielgerichteter durchführen, wodurch wertvolle Zeit eingespart wird.
Die Hüllen von Bakterien und Archaea werden S-Layer (S für surface, deutsch Oberfläche) genannt. Sie sind besonders komplexe, supramolekulare Gebilde. "Wenn wir genau wissen, wie diese Strukturen aussehen, kennen wir auch ihre Stärken und Schwächen", führte Tea Pavkov-Keller, die Leiterin der Grazer Arbeitsgruppe, aus. Sie forscht in Graz zur molekularen Struktur und Interaktion von Biomolekülen und setzt dabei eine Reihe experimenteller und computergestützter Methoden ein.
Angriffspunkte für Medikamente
"Jene Stellen, an denen die Interaktionen stattfinden, können Angriffspunkte für Medikamente sein. Denn wenn Wirkstoffe dort Interaktionen verhindern, kann sich die Schutz-Hülle nicht mehr bilden", wie die Wissenschafterin erklärte.
Das detaillierte Wissen über S-Layer kann auch in anderen Bereichen des Nano-Designs nützlich werden - etwa bei Biosensoren oder Beschichtungen. Eine genaue Kenntnis der Protein-Gitter-Struktur erlaube es, ihnen durch gezielte Veränderungen ganz bestimmte Eigenschaften zu verleihen.
Service - Ch. Buhlheller, T. Sagmeister, Ch. Grininger, Tea Pavkov-Keller et al.: "SymProFold: Structural prediction of symmetrical biological assemblies", Nature Communications, 18. 9. 2024, https://doi.org/10.1038/s41467-024-52138-3