Vereinfachung für Start-ups - GmbH-Mindestkapital künftig 10.000 Euro
Die Regierung senkt den Kapitalbedarf für die Gründung einer GmbH um über zwei Drittel und schafft eine neue Gesellschaftsform, die die Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erleichtern und steuerlich begünstigen soll. Das ist als gezielter Anreiz für die Gründung und Führung von Start-ups in Österreich gedacht, sagten Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) am Freitag in Wien vor Journalisten.
Aktualisierte Neufassung
Künftig sind für die Gründung einer GmbH nur mehr 10.000 Euro statt 35.000 Euro Kapital nötig, die Hälfte muss auch tatsächlich eingezahlt werden. Damit sinkt nicht nur der Kapitalbedarf zum Zeitpunkt der Gründung, auch die Mindest-Körperschaftssteuer sinkt von 1.750 Euro auf 500 Euro im Jahr, rechnete Brunner vor. Während sich für die GmbH sonst nichts ändert, ermöglicht das neue Gesetz zusätzlich die Gründung einer "Flexiblen Kapitalgesellschaft" (FlexKap bzw. FlexCo für das englische Flexible Company). Diese neue Gesellschaftsform soll Bedürfnisse von Start-ups abdecken. Alle Maßnahmen zusammen werden die Republik 60 Mio. Euro im Jahr kosten. Das Gesetz, das nun in Begutachtung geht, ist als besondere Motivation für Gründerinnen in weiblicher Form geschrieben, wie Zadic "sehr stolz" hervorhob - Männer sind ausdrücklich mitgemeint.
Gründung von flexiblen Kapitalgesellschaft möglich
Die meisten Bestimmungen der FlexKap sind die gleichen wie bei der klassischen GmbH. Es wurden aber Elemente aus dem Recht von Aktiengesellschaften dazu genommen, so Zadic. Schlagend wird der Unterschied dann, wenn Mitarbeitende am Unternehmen beteiligt oder Anteile an andere Eigentümer übertragen werden. Start-ups versuchen oft, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen, damit sie nicht zu anderen Firmen abwandern. Nach geltendem Recht wird aber bei der Übertragung der Anteile sofort Lohnsteuer fällig, auch wenn die Begünstigten kaum Einkommen haben. Künftig wird die Besteuerung bis zur Veräußerung der Anteile aufgeschoben.
Die sogenannten "Unternehmenswert-Anteile" unterliegen einigen Bedingungen. Sie müssen unentgeltlich übertragen werden und haben kein Stimmrecht in der Generalversammlung. Sie sind aber am Gewinn und an einem allfälligen Liquidationserlös beteiligt. Bei der Veräußerung wird der Erlös zu drei Vierteln wie Kapitalerträge pauschal mit 27,5 Prozent besteuert. Der Rest fällt unter den Lohnsteuersatz. Für das Unternehmen fällt der aufwendige Prozess weg, am Anfang seines Bestehens den Unternehmenswert zu ermitteln, damit der Anteilstransfer besteuert werden kann. Auch kann die Übertragung der Anteile von einem Rechtsanwalt - ohne Notar - abgewickelt werden, sagte Zadic.
Um die Begünstigungen der Mitarbeiterbeteiligung nutzen zu können, darf ein Unternehmen maximal 40 Mio. Euro Umsatz machen, maximal 100 Arbeitnehmer haben, maximal zehn Jahre alt sein und die Veräußerung der Anteile muss innerhalb von zehn Jahren erfolgen, so Brunner. Bis zu 25 Prozent des Kapitals kann unter diesen Bedingungen an Mitarbeiter gehen, wobei eine einzelne Mitarbeiterin maximal 10 Prozent halten darf. Grundsätzlich gibt es in der FlexKap wie in einer Aktiengesellschaft bedingte Kapitalerhöhungen und genehmigtes Kapital, die Unternehmensform kann relativ einfach in eine klassische GmbH oder eine AG umgewandelt werden. Wie die GmbH muss aber auch die FlexKap mit notarieller Beteiligung gegründet werden. Das schafft aus Sicht des Justizministeriums Rechtssicherheit.
Start-ups als "wesentlicher Wirtschaftsfaktor"
Start-ups seien "ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor und Treiber der Innovation", hob Brunner hervor. Damit leisteten sie einen wesentlichen Beitrag zur digitalen und ökologischen Transformation. Seit 2011 habe es in Österreich über 3.200 Neugründungen mit 25.000 Beschäftigten gegeben, eine Milliarde sei investiert worden. Brunner geht davon aus, dass mit den neuen Regeln die Zahl der Start-ups zunehmen wird.
Auch Zadic sagte, es gebe viele Gründerinnen und Gründer, "die sprudeln vor Ideen, wie sie die Welt ändern können, wie sie unsere Wirtschaft
Reaktionen zum Maßnahmenpaket
Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) begrüßte den Gesetzesvorschlag und insbesondere die neuen Regeln für die Mitarbeiterbeteiligung in einer Aussendung als "bedeutender innovationspolitischer Schritt für den Startup-Standort Österreich". Lob gab es auch von Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer. "Diese Entlastung ist eine Win-Win-Situation für Start-ups als auch deren Mitarbeiter", so Christoph Neumayer, Generalsekretär der IV. Das schaffe für Gründer "Möglichkeiten, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können". Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karl-Heinz Kopf sieht in dem Paket "einen bedeutenden Schritt zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für unsere Startups". Es trage dazu bei, "die Rahmenbedingungen für Startups zu verbessern, das Unternehmertum zu fördern und hochqualifizierte Fachkräfte an innovative Unternehmen zu binden". Auch die Junge Wirtschaft ist überzeugt, "dass diese Maßnahmen einen deutlich positiven Einfluss auf den österreichischen Start-up-Standort haben werden".
Die Geschäftsführer der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG, Henrietta Egerth und Klaus Pseiner begrüßten ebenfalls das präsentierte Maßnahmenpaket. Tech-Start-ups und Spin-offs seien für die Transformation der Wirtschaft ein essenzieller Faktor. Die nun vorgeschlagenen Maßnahmen brächten Erleichterungen bei Gründungen und Mitarbeiterbeteiligungen.
"Ein großer Wurf ist das nicht", kritisierte hingegen NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker. Es handle sich nur um "halbherzige Trippelschritte", die Regierung habe sich "nicht gegen Notariatskammer und Arbeiterkammer durchsetzen können", die Regelung in Deutschland sei jetzt schon besser und werde gerade weiter verbessert.