Photonischer Quantencomputer - Rechnen mit Licht
Forscher*innen des Instituts MATERIALS der JOANNEUM RESEARCH erhielten kürzlich die Zusage für ein 1,3-Millionen-Euro-Quantentechnologieprojekt. Ziel ist es, optische Chips für einen photonischen Quantencomputer zu entwickeln, der direktes Quantenrechnen mit Photonen möglich macht. Physiker Bernhard Lamprecht ist Projektleiter von FLMOptChips am Weizer Standort des Instituts. Herausragend ist, dass die Herstellung dieser optischen Chips ausschließlich dort erfolgt.
Beim Projekt FLMOptChips wird Licht direkt zum Rechnen verwendet. Bernhard Lamprecht erklärt: "Wir arbeiten im Rahmen dieses Projekts an einem optischen Quantencomputer. Das Quantenbit, kurz Qubit, als Grundeinheit eines Quantencomputers, wird hier mit Lichtteilchen, sogenannten Photonen, realisiert. Für das Quantenrechnen mit Photonen braucht es spezielle rekonfigurierbare optische Chips." Die Entwicklung dieser Chips steht im Zentrum des neuen Projekts des Instituts MATERIALS: "Ziel ist es, mittels Kurzpuls-Laserlithografie Optiken wie z. B. Lichtwellenleiter und weitere benötigte optoelektrische Bauelemente in sub-mm-dünne Glassubstrate, so groß wie ungefähr eine Kreditkarte, zu schreiben. Diese maßgeschneiderten miniaturisierten optischen Strukturen mit hoher Auflösung im Mikrometerbereich bilden die Basishardware für diese Art von Quantencomputer", führt der Physiker weiter aus.
Das Institut MATERIALS entwickelt im Projekt FLMOptChips die nötige Optik und Optoelektronik für den photonischen Quantencomputer und fabriziert entsprechende photonische Quantenchips. Ein Team von Forscher*innen der Forschungsgruppe Licht und Optische Technologien arbeitet seit Oktober 2022 daran.
Ein Quantencomputer nutzt die Gesetze der Quantenmechanik. Der kleinste Informationsträger im Rechenprozess ist das Qubit. "Es gibt mindestens zehn verschiedene Arten, um Qubits zu realisieren. Die Umsetzung durch elektronische Anregungszustände in Atomen, gefangen in Ionenfallen, wie wir es zusammen mit der Universität Innsbruck und Infineon im gemeinsamen Projekt OptoQuant machen, ist eine Möglichkeit. Eine Realisierung mit Photonen, die sich in speziellen photonischen Chips ausbreiten, wie im neuen Projekt, stellt eine andere Möglichkeit dar. Was sich letztendlich durchsetzen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig offen. Fest steht aber, dass man in beiden Fällen Licht und damit integrierte Optik benötigt. Das ist für uns besonders interessant, da sich das mit einer unserer Kernkompetenzen am Institut deckt."
FLMOptChips wird im Rahmen der österreichischen FFG Forschungsförderinitiative Quantum Austria durchgeführt, welche im wesentlichen innovative Forschung im Bereich Quantenphysik, wie zum Beispiel Quantencomputing, fördert. In Österreich gibt es eine international relevante Forschungscommunity, um Quantenforschung hinsichtlich marktfähiger Quantencomputer voranzutreiben. "Die in OptoQuant entwickelten Methoden, insbesondere zur Herstellung von integrierten Wellenleitern, dienen als Grundlage und Ausgangspunkt für das neue Projekt FLMOptChips und werden in diesem aufgegriffen und weiterentwickelt. In Österreich ist diese Technologie neu. Durch diese Entwicklungen bringen wir neue Wertschöpfung ins Land", ergänzt Lamprecht.
Den ersten Test der neuen optischen Chips übernimmt Professor Philip Walther von der Universität Wien, der dort die Gruppe "Quantum Computation and Quantum Information Science" leitet. Er hat die Anforderungen an die optischen Chips in seiner Forschungs- und Publikationstätigkeit beschrieben und wird die von der JOANNEUM RESEARCH fabrizierten photonischen Chips in seinen Quantenoptiklaboratorien in Wien auf ihre Qualität hin testen.
Das Projekt:
Femtosekunden-Laserbearbeitung von integrierten quantenoptischen Chips (FLMOptChips)
FFG Quantum Austria - 1. Ausschreibung
Förderbare Kosten: 1.231.333 €
Start: 1.10.2022 / Ende: 30.9.2025
Forschung und Technologieentwicklung aus Österreich
Die JOANNEUM RESEARCH mit Hauptsitz in Graz ist eine Innovations- und Technologieanbieterin im Bereich der angewandten Forschung. Als Forschungsgesellschaft der Länder und Regionen prägen wir mit unseren Forschungskompetenzen die Entwicklung unserer modernen Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig und menschenzentriert. Als multidisziplinäres Team in flexiblen, innovationsfreundlichen Strukturen leben wir höchste gesellschaftliche und wissenschaftliche Ansprüche.
MATERIALS - Institut für Sensorik, Photonik und Fertigungstechnologien liefert interdisziplinäre Lösungsansätze für die gesamte Wertschöpfungskette von der Idee bis zum Prototypen unter Einsatz modernster, auf Miniaturisierung, Integration und Werkstoffoptimierung beruhender Technologien und Verfahren. Kombiniert mit einer High-end-Infrastruktur bieten wir zukunftsweisende Lösungen und Dienstleistungen, die auf die Anforderungen der Wirtschaft und Industrie abgestimmt sind. Zu den Kernthemen zählen großflächige Mikro- und Nanostrukturen, Bio- und Chemosensoren, Lichttechnologien, funktionalisierte Oberflächen oder Laserprozesse.
Rückfragehinweis: Mag. Dr. Bernhard Lamprecht MATERIALS - Licht und Optische Technologien Telefon: +43 316 876-3212 bernhard.lamprecht@joanneum.at Franz-Pichler-Straße 30, 8160 Weiz