"Bitcoin und die Gefahren aus dem Darknet"
Die virtuelle, digitale Peer-to-Peer Währung Bitcoin, die im Jänner 2009 online ging, ist quasi einem Hacker-Ethos geschuldet, mit dem das Geldmonopol des Staates und die zentralisierte Finanzmacht der Banken beeinträchtigt und die Menschen zur Durchführung von Zahlungen ohne Intermediäre über das Internet ermächtigt und befähigt werden sollten. Nach mehr als 7 Jahren ihres Bestehens sind aber auch die Schattenseiten dieses Finanzkosmos jenseits staatlicher Regulierung offenkundig geworden. Die kryptografisch geschützte Währung ist heute längst auch beliebter Tummelplatz von Kriminellen aus dem Darknet, die mit Bitcoins Geld weiß waschen.
Faszination von Bitcoin
Was macht also die Faszination von Bitcoin aus? Die virtuelle Währung im Internet ermöglicht eine unkomplizierte Abwicklung von eCommerce direkt zwischen Käufer und Verkäufer ohne zwischengeschaltete Trust-Organisationen wie Banken und ohne kostspielige Provisionen und Gebühren für abgewickelte Dienste und stimuliert damit neue Innovationen und Start-ups rund um den geschaffenen virtuellen Marktplatz. Da es bei Bitcoin aber keine zentrale Regulierung und Harmonisierung von Regeln gibt, ist es auch sehr interessant für kriminelle Machenschaften. Um das zu verstehen, müssen zuerst einige Grundlagen erklärt werden.
Wie funktioniert Bitcoin - die Prinzipien hinter der Kryptowährung
Wer am Bitcoin-Markt teilnehmen möchte, muss ein Bitcoin-Wallet (virtuelle Brieftasche) am Computer, am Tablet oder am mobilen Telefon installiert haben. Dieses Wallet generiert die erste Bitcoin-Adresse, die im Grunde aus einem kryptografischen Schlüsselbund besteht. Mit dem geheimen privaten Schlüssel ("private key" oder "seed") werden die Transaktionen auf Basis eines mathematischen Beweises signiert. Mit dem dazugehörigen öffentlichen Schlüssel ("public key") können die Empfänger einer Transaktion mathematisch sicher nachvollziehen, dass der Urheber oder Sender einer Transaktion im Besitz des dazu passenden privaten Schlüssels ist. Die Bitcoin-Adresse ist eine verkürzte Darstellung des öffentlichen Schlüssels. Um die Sicherheit und Vertraulichkeit des Bitcoin-Systems voll zu nutzen, sollten erzeugte Bitcoin-Adressen allerdings nur einmalig benutzt, d.h. bei jeder neuen Transaktion sollte eine neue Adresse angelegt werden.
Systemimmanente Probleme einer digitalen Währung
Während die übliche Lösung ein vertrauenswürdiger Intermediär ist, wie z.B. PayPal, der einen Betrag zuerst vom Konto des Senders abzieht, bevor er ihn einem Empfänger am Konto gutschreibt, basiert die Problemlösung bei Bitcoin auf Kryptografie und einem offenen Transaktionsregister, der Block Chain. Bei Bitcoin meldet der Empfänger d.h. der neue Inhaber eingegangener Coins die Transaktion an das Register und legt damit unwiderlegbare Evidenz für die Exklusivität eines abgelaufenen Handels vor. Andere System-User wissen somit, dass diese Coins ausgegeben wurden und würden sie in einer neuen Transaktion von niemand anderem akzeptieren als vom neuen Inhaber. Jede Transaktion wird im Register mit einem Zeitstempel versehen und dadurch an die vorherige angekoppelt. Bei Diskontinuität der Zeitstempel, also bei einem versuchten Fake würden alle folgenden Transaktionen ungültig werden.
Ein weiteres Problem einer neuen Währung wie Bitcoin liegt in ihrer Annahme (adoption) und Wertbestimmung (valuation). Mit anderen Worten, es braucht eine allgemeine Akzeptanz durch die Nutzer und Märkte zur Werttaxierung. Benutzern muss bewusst sein, dass es sich bei Bitcoin um eine sehr volatile Währung handelt, die großen Schwankungen, oft von bis zu 30 Prozent nach oben oder unten, im Umtausch mit Staatswährungen ausgesetzt ist. Es ist einerseits damit eine hochwertige Währung, andererseits aber auch ein Spekulationsgegenstand.
Wissenschaftliche Führungsrolle von AIT bei BITCRIME
Die Aktivitäten am AIT Austrian Institute of Technology zielen darauf ab, die legale Nutzung von Bitcoin zu unterstützen, gleichzeitig aber auch justiziable, international anwendbare Lösungen für die Vorbeugung und Verfolgung der organisierten Finanzkriminalität im bisherigen Rechtsvakuum der dezentralisierten, verschlüsselten, virtuellen Währung zu erarbeiten. In dem Joint Project BITCRIME, einer bilateralen Forschungskooperation zwischen Deutschland und Österreich, die von den Ministerien BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung in Deutschland) und BMVIT (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie in Österreich) gefördert wird, werden in 2 Subprojekten verschiedene Aspekte der Bitcoin-Kriminalität untersucht.
In Deutschland werden unter Federführung der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster zusammen mit Konsortialpartnern Lösungen für die Verbesserung der kriminaltechnischen Nachforschung und Strafverfolgung des organisierten Verbrechens im Bereich virtueller Währungen und zum regulatorisch wirksamen Schutz legitimierter Bitcoin-User gesucht.
In Österreich werden vom AIT gemeinsam mit Partnern der nationalen Security-Domain Lösungen erforscht, die eine effektive Entdeckung und Analyse der Verhaltens- und Vorgangsmuster in kriminellen finanziellen Transaktionen ermöglichen.