Bauen und Nachhaltigkeit: Stiftungsprofessur an TU Graz eingerichtet
Um die Klimaziele zu erreichen, ist auch in der Baubranche Umdenken notwendig geworden. Als Anlaufstelle für die Bau- und Baustoffindustrie und Ausbildungsstätte wurde an der TU Graz eine Stiftungsprofessur für Nachhaltiges Bauen eingerichtet. Alexander Passer wird sie in den nächsten drei Jahren innehaben. Um dem Klimawandel aus baulicher Hinsicht zu begegnen, strebt er eine Bündelung der Kräfte von Architektur und Ingenieurbau bis hin zu Material- und Energieforschung an.
Rund 40 Prozent des EU-weiten Energieverbrauchs und etwa 36 Prozent der CO2-Emissionen können dem Bausektor zugerechnet werden. Gebäude und Infrastrukturbauwerke zählen damit laut Mitteilung der TU Graz zu den größten Einzelverursachern von Treibhausgasen. TU-Rektor Harald Kainz fand dazu klare Worte: "Der Bausektor birgt als großer Einzelverursacher von Treibhausgasen enormes Potenzial im Kampf gegen die Klimakrise. Das ist einer der Bereiche, in denen wir das Ruder unbedingt herumreißen müssen".
Option auf Verlängerung
Unterstützt wird die Professur auf die Dauer von drei Jahren vom Fachverband der Stein- und keramischen Industrie - mit der Option auf Verlängerung, wie die TU Graz mitteilte. Aus Sicht des Fachverbandes schaffe die Stiftungsprofessur ideale Voraussetzungen für die Entwicklung von praxisnahen nachhaltigen Bauweisen, Bewertungsmethoden und neuen Modellen. Angesiedelt ist die Stiftungsprofessur am Institut für Tragwerksentwurf (ITE) der Architekturfakultät der TU Graz, schilderte der neue Stiftungsprofessor Alexander Passer im Gespräch mit der APA.
"Das rechtsverbindliche Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050, das im europäischen Green Deal festgehalten ist, führt zu einer verstärkten Nachfrage nach innovativen und klimaschonenden Baustoffen und Bauweisen", weiß Passer. Unter dem Begriff "Nachhaltiges Bauen" werde daher versucht, die Prinzipien der Nachhaltigkeit auch auf das Bauwesen anzuwenden: Bauwerke sollen aus der Lebenszyklusperspektive betrachtet geplant, errichtet und betrieben werden. "Ziel ist es, einen Mehrwert und keine Altlasten für kommende Generationen zu hinterlassen", fasste es Passer zusammen.
In Graz soll im Rahmen der Professur ein inhaltlicher Schwerpunkt auf die Weiterentwicklung und praxisgerechte Aufbereitung der Ökobilanzierung - und somit auf den rechnerischen Nachweis der Umweltwirkungen eines Gebäudes über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg - gelegt werden. Zudem will man die Umsetzung von nahezu emissionsfreien und klimarobusten Bauvorhaben vorantreiben. Dazu sollen innovative Baustoffe und -methoden und Bewertungswerkzeuge entwickelt werden.
Nachhaltigkeit gegen Klimawandel
Aus Passers Sicht ist Nachhaltigkeit "ein Imperativ, der ganzheitliches Denken verlangt". Er will dem Klimawandel mit einer fachübergreifenden Bündelung aller Kräfte begegnen: Architektur und Ingenieursbau, Material- und Energieforschung seien ebenso mitzudenken wie Biodiversität und Landverbrauch, Umweltverträglichkeit der Baustoffe und der Energieverbrauch der Gebäude, wie Passer skizzierte. Den Bauingenieur freut besonders, dass die Professur nicht von einem einzelnen Unternehmen gestiftet wurde, sondern von der WKO mit dem Fachverband der Stein- und keramischen Industrie. In dem Verband sind Unternehmen vielfältiger Sparten des Bausektors, darunter Hersteller von Naturstein-, Ton- und Gips-Produkten oder auch die Zement-, Beton- und Ziegelindustrie vertreten. "Die Herausforderungen, die mit der Klimakrise einhergehen, sind eindeutig zu komplex für Einzelgänger. Es braucht Lösungen für die gesamte Wertschöpfungskette im Bauwesen", betonte Passer.
Alexander Passer wurde 1975 in Innsbruck geboren und widmet sich seit seinem Grazer Studium der Bauingenieurswissenschaften der Nachhaltigkeit im Bauwesen: Seit 2011 hat er die "Arbeitsgruppe Nachhaltiges Bauen" an der TU Graz aufgebaut. Zudem ist er wissenschaftlicher Leiter des berufsbegleitenden Universitätslehrgangs "Nachhaltiges Bauen" von TU Graz und TU Wien und Vorstandsmitglied des Climate Change Centre Austria (CCCA). Jüngst wurde er als wissenschaftlicher Berater für den Bereich Bauwesen in den vom BMK eingesetzten "Klimarat der Bürgerinnen und Bürger" nominiert.
Service: https://www.tugraz.at/arbeitsgruppen/working-group-sustainability-assessment/home/