Wie Eltern und Lehrkräfte Künstliche Intelligenz im Schulalltag erleben
Gastbeitrag --- Künstliche Intelligenz (KI) hält zunehmend Einzug in den Bildungsbereich, was zu kontroversen Diskussionen führt. Unsere Untersuchungen im Rahmen der School of Education an der Johannes Kepler Universität Linz zeigen, wie Eltern und Lehrkräfte die Nutzung von KI-Tools im Schulalltag wahrnehmen.
Laut einer repräsentativen Befragung von über 1.000 Eltern schulpflichtiger Kinder in Österreich geben nur 14 Prozent an, dass ihre Kinder KI-Anwendungen wie ChatGPT regelmäßig für schulische Aufgaben nutzen. 28 Prozent wissen es schlichtweg nicht. Dabei gibt es klare Unterschiede zwischen Bildungsherkunft, Schultypen und Leistungsfähigkeit: So nutzen etwa Schülerinnen und Schüler (1) aus Gymnasien, (2) deren Eltern einen akademischen Bildungsabschluss besitzen und solche (3), die Nachhilfe in Anspruch nehmen, deutlich häufiger KI-Tools für schulische Zwecke als andere Schülerinnen und Schüler.
Aus unserer Sicht besonders spannend: Nur etwa ein Drittel (36 Prozent) der Eltern gibt an, dass sie mit ihren Kindern über KI-Anwendungen in der Schule sprechen und nur 11 Prozent der Eltern nutzen selbst KI-Tools, um ihre Kinder beim Lernen zu unterstützen. Bei Eltern mit akademischem Bildungsabschluss sowie jenen, deren Kinder Nachhilfe in Anspruch nehmen, sind es deutlich mehr - knapp die Hälfte (jeweils 47 Prozent) -, die mit ihren Kindern über KI-Anwendungen in der Schule sprechen.
Auch die Lehrkräfte zeigen in unseren Studien ein ambivalentes Bild. Ergebnisse mehrerer Lehrkräftebefragungen der JKU Linz von in Summe über 3.000 Lehrkräften in Österreich zeigen, dass bisher nur ein eher kleiner Teil (ca. 10-15 Prozent) von Lehrkräften KI-Tools bewusst im Unterricht einsetzt. Etwa 25 Prozent empfinden die Nutzung digitaler Medien im Unterricht sogar als (eher) belastend, was auf Faktoren wie die fehlende Motivation und Ängstlichkeit im Umgang mit Technik, die Sorge vor Kontrollverlusten hinsichtlich der Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern sowie weiterer Gründe gegen den Einsatz von digitalen Medien in der Schule (z.B. fehlende technische Ausstattung) zurückzuführen ist.
Dennoch erkennen immer mehr Lehrkräfte die Potenziale von KI-Tools, insbesondere als Lernhilfen. Die Analysen zeigen - im Einklang mit vielen anderen mittlerweile vorliegenden Studien -, dass Lehrpersonen, die die pädagogischen Vorteile der Technologie wahrnehmen, deutlich motivierter sind, KI in ihren Unterricht zu integrieren.
Aus meiner Sicht zeigt dies, wie wichtig ein ausgewogener Umgang mit KI im Bildungssystem ist. KI kann ein wertvolles Werkzeug sein, um Lernprozesse zu unterstützen, jedoch dürfen wir die Rolle der Lehrkräfte und die Bedeutung zwischenmenschlicher Interaktion für die Lernmotivation und das Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler nicht unterschätzen. Darüber hinaus werden wir das Potenzial von KI-Tools für Lehr- und Lernprozesse nur dann heben können, wenn Schülerinnen und Schüler ausreichende Fähigkeiten des selbstgesteuerten Lernens aufweisen, z.B. wie beispielsweise das Verstehen, Reflektieren und Nutzen von ChatGPT-Feedback.
Zur Person:
Univ.-Prof. Dr. Christoph Helm ist seit 2021 Professor an der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz. Er war maßgeblich am Aufbau der School of Education beteiligt, die er seit 2022 auch leitet. Er ist zudem auch im wissenschaftlichen Beirat der Private University of Education of the Diocese Linz (PHDL) sowie dem wissenschaftlichen Beirat der "COOL-school network" tätig. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Schul- und Unterrichtsqualitätsqualitätsforschung, Large-Scale-Untersuchungen (z.B. BIST-Daten) und fachfremder Unterricht. Besonders beschäftigt hat er sich auch mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Schule, Lehren und Lernen.
Service: Dieser Gastbeitrag ist Teil der Rubrik "Nachgefragt" auf APA-Science. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.
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