"Am Anfang war Open Innovation"
Bevor die Wissenschaft in den Elfenbeinturm zog,- wenn sie dort jemals wirklich in Klausur war-, war wissenschaftliches Forschen und Denken eine Angelegenheit von Menschen, die mitten im Leben standen. Es waren Denker, Entdecker, Dichter, Mediziner und Kaufleute auf ihren Reisen, die ihr Wissen im Austausch und Diskurs mit vielen, angereichert und erweitert haben. Bevor Labors mit ihrem systematischen Erkenntnisgewinn in Mode kamen, gab es diverse Schulen. Unsere heutigen Scholars und Scholarships zeugen davon. Die mittelalterlichen Scholastiker hätten den Begriff Open Innovation womöglich ohne Mühe verstanden, auf Lateinisch eben. Wetterbeobachtung und Astronomie zählen zu den frühen Fächern dieses Genres.
Heute kostet uns das Verständnis von OI einige Mühe und die Umsetzung viel Kommunikation und PR. Warum bloß? Heterogenität und diversifiziertes Wissen, die wesentlichsten Ingredienzien von OI, sind für Expertinnen und Experten des eigenen Faches nicht immer leicht verdaulich. Wer will den lange geschärften Blick für die Sache und die Kompetenz eingeübter Prozesse vor Außenstehenden, womöglich vor absoluten Laien, preisgeben und mitbestimmen lassen? Überspitzt gesagt, wir wollen uns im ureigensten Forschungs- und Fachbereich nicht in den Topf schauen und schon gar nicht in die Suppe spucken lassen. Dass wissenschaftliche Institutionen oder Forschungsunternehmen ihre Barrieren niederreißen, ist nicht selbstverständlich.
Nur der Markt hat freiwillig dieses Abenteuer gewagt. Die Weisheit der Vielen ist näher dran an den Bedürfnissen der Masse. Unbefriedigte Bedürfnisse, die points of pain, liegen auf der Straße und nicht im Labor. Vom Schmuckdesigner-Label bis zum Eislutscher-Unternehmen, weltweit nutzen heute Konzerne gezielte Verfahren, so genannte Toolkits, um ihren Kunden auch noch die letzten Wünsche zu entlocken. Denn Innovation von Usern ist erfolgreicher als B2B, als Business to Business. Aber das ist nicht neu. Ein amerikanischer Teehändler hat aus Platzspargründen den Teebeutel erfunden, ein Sänger eines Kirchenchors hat sich so an den herausfallenden Lesezeichen im Notenheft gestört, worauf er die ersten Post-Its gebastelt hat. Viagra, ein Mittel gegen Bluthochdruck, wurde für den Pharmakonzern zur Goldgrube, nachdem Benutzer dessen ungeahnte Nebeneffekte entdeckt haben.
Das Problem: Open Innovation als Begriff ist nicht selbsterklärend. Die Fauna ähnlicher Begriffe, von Citizen Science bis Responsible Science, Open Source und retour, ist dicht. Die einzelnen Communities finden diese Vereinfachung unerhört, ich weiß. Aber wenn sie mehr als nur den engsten Kreis der Eingeweihten erreichen wollen, und diesen Wunsch unterstelle ich allen Akteurinnen und Akteuren, braucht es die Zuspitzung auf einen Begriff.
Auch das kann und soll die Open Innovation Initiative der österreichischen Bundesregierung leisten. Eine Klärung, Vereinfachung, Zentrierung und eine Perspektive der Anwendungsgebiete für die Zukunft.
Aber machen Sie sich selbst ein Bild, wie es so schön heißt. Gehen Sie auf www.openinnovation.gv.at und schreiben uns unter der Rubrik "Mitgestalten statt nur Zuschauen", was Sie gerne mitgestalten würden, welche Einsatzgebiete von OI Sie kennen und erwarten. Und so schließt sich der Kreis und wir alle sind Gelehrte, Innovatoren, Kommunikatoren und Visionäre.
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