Österreichischer Genomexperte katalogisiert Füllwörter im Erbguttext
Der menschliche Erbguttext ist durchzogen mit sich wiederholenden DNA-Sequenzen, quasi aneinandergereihten Füllwörtern, die jedoch viel über Krankheitsrisiken aussagen und Individuen identifizierbar machen. Der österreichische Genomexperte Fritz Sedlazeck legte ein umfassendes Verzeichnis solcher "Tandem-Wiederholungen" an, die von vielen Forschern bisher vernachlässigt wurden. Damit könnte man die Neigung zu Erbkrankheiten, Krebs und Alzheimer ermitteln.
"Tandem Repeats sind nicht bloß ein wenig Junk-DNA (Erbgutschrott, Anm.) irgendwo auf dem Genom, sondern haben schon in vielen Bereichen klinischen Nutzen und sind auch für die Forensik wichtig", erklärte Fritz Sedlazeck, der am Human Genom Sequencing Center des Baylor College of Medicine in Houston (USA) forscht, im Gespräch mit der APA: "Sie haben Relevanz bei mindestens 70 Krankheiten und tausenden Merkmalen." Ihre Zusammenstellung ist für Individuen dermaßen charakteristisch, dass sie Täter überführen können, die DNA Spuren zurücklassen und Katastrophenopfer identifizierbar machen. Auch ihre Anzahl ist vielsagend: "In der Tat machen sie acht Prozent des Erbguts auf 1,7 Millionen verschiedenen Regionen aus", so Sedlazeck, dessen Studie im Fachjournal "Nature Biotechnology" erschien.
Die teils monotonen Wiederholungen der Tandem Repeats machten sie für viele Forscher uninteressant - und für Sequenziermaschinen schwierig einzulesen. Sie verkomplizieren auch das Zusammenpuzzeln von fragmentarischen Erbgutsequenzen. Mit dem penibel ausgearbeiteten "Tandem Repeat-Verzeichnis" will Sedlazeck "Licht in diesen dunklen Teil des Genoms bringen", wie er sagte. Es soll zum Beispiel bei der Erforschung einer Menge an zusätzlichen Krankheiten helfen, wo eine Rolle von Tandem Repeats bisher noch nicht erkannt wurde.
Die Varianz der Tandem Repeats wird in vielen Fällen von einer Generation auf die nächste weitergegeben, und kann deshalb für das Abschätzen von Erbkrankheitsrisiken herangezogen werden. Sie ändert sich aber auch im Lauf eines Menschenlebens, zum Beispiel bei der Entstehung von Krebs oder neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer, berichtete Sedlazeck: "Es wird für uns nun ganz spannend, die Rolle der Tandem Repeats bei solchen somatischen (nicht vererbten) Varianten zu entziffern."
Service: ttps://www.nature.com/articles/s41587-024-02225-z