Hochleistungszellen und Unterstützer arrangierten sich zu Organen
Organe wie das Gehirn und die Bauchspeicheldrüse entwickelten sich nicht, um neue Funktionen zu vollführen, erklären Wiener Evolutionsbiologen. Sie entstanden vielmehr als verbindlicher Zusammenschluss unterschiedlicher Körperzellen, damit eine bestehende Aufgabe besser und effizienter als zuvor erfüllt wird. "Hochleistungszellen" machten sich dabei von Unterstützern abhängig, die ihnen Energie und Grundstoffe liefern, schrieben sie der Fachzeitschrift "Biology Letters".
Im Hirn von Wirbeltieren spielen etwa "Gliazellen" eine unterstützende Rolle, indem sie die Nervenzellen mit Nährstoffen versorgen und sie in einem stabilen Gleichgewichts-Zustand (Homöostase) halten, so die Forscher um Mihaela Pavlicev und Günter Wagner vom Department für Evolutionsbiologie der Universität Wien. In der Bauchspeicheldrüse werden wiederum "Azinuszellen", die Verdauungsenzyme produzieren und ausscheiden, von "Sternzellen" am Leben erhalten. Bei urtümlichen Tieren wie dem Lanzettfischchen sind solche Zellen eigenständig und einzeln im Darm verteilt, bei Säugetieren wie dem Menschen in ein Organ integriert und voneinander abhängig.
Drüsen- und Nervenzellen brauchen Unmengen an Energie, haben aber eine beschränkte Kapazität, um sie herzustellen. Um mehr Enzyme zu produzieren oder elektrische Spannung für die Reizleitung (ein Membranpotential) aufrechtzuerhalten, beziehen sie zusätzliche Energie von anderen Zellen. Schließlich werden sie von ihren Unterstützern abhängig. "Sobald die Interaktion zwischen den beiden einmal fest verankert ist, können sie ihre Identität nicht mehr ändern, ohne dass es zu einem katastrophalen Ausfall aller Organfunktionen kommt", schreiben die Forscher: "Dies führt zu einem evolutionären 'Ratschenmechanismus', der eine Entwicklung nur in eine Richtung zulässt" - nämlich zur Spezialisierung.
Service - https://dx.doi.org/10.1098/rsbl.2024.0490