Wie Banken die Klimaziele unterstützen
Zuletzt haben sich immer mehr Banken zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens bekannt. Führt diese Selbstverpflichtung dazu, dass Banken Kredite verstärkt von verschmutzenden hin zu grünen Unternehmen lenken? Oder handelt es sich dabei in erster Linie um "Greenwashing"? Die vorliegende Studie zeigt, dass Banken mit einer solchen Selbstverpflichtung tatsächlich weniger Kredite an emissionsstarke Unternehmen vergeben. Allerdings finden die Forscher nur wenig Hinweise dafür, dass die besonders starken Emittenten ihren CO2-Ausstoss deshalb verringern. Michael Kogler, Herausgeber.
Quelle: Kacperczyk, Marcin und José Luis Peydró (2021), Carbon Emissions and the Bank-Lending Channel, Centre for Economic Policy Research, DP16778, S.1-54.
Im Zuge internationaler Klimaverhandlungen werden bereits seit den 1970er Jahren wichtige Klimaereignisse und wissenschaftliche Erkenntnisse analysiert und Lösungen beispielsweise in Form von Abkommen verabschiedet. Vor allem im letzten Jahrzehnt nahm die Diskussion eine neue Dynamik an. Die hohen Kohlenstoffemissionen und die davon ausgehenden Gefahren für das Klima machen neue vordringlich. Ziel des Pariser-Klimaabkommens von 2015 ist es, den CO2 Ausstoß so weit wie möglich zu reduzieren und damit die durchschnittliche Erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu beschränken. Dieser Prozess erfordert den Übergang von fossilen (braunen) zu nachhaltigen (grünen) Technologien.
Bei diesem Strukturwandel kann der Finanzsektor eine bedeutende Rolle spielen. Die Banken sind wichtige Kapitalgeber von privaten Unternehmen und beeinflussen deren Investitionen. Eine prominente Initiative im Bankensektor ist die Net-Zero Banking Alliance, welche von den Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurde. In dieser verpflichtete sich eine globale Gruppe von Banken, die rund 40 Prozent der weltweiten Bankenaktiva repräsentieren, ihre Kreditvergabe bis 2050 auf Netto-Null-Emissionen auszurichten. Jedoch stellt sich die Frage, ob solche Initiativen tatsächlich wirkungsvoll sind und zum Erreichen der Klimaziele beitragen. In Ermangelung klarer Regeln für die Kreditvergabe an emissionsstarke Unternehmen könnten solche Banken-Verpflichtungen ein Instrument für Greenwashing sein.
Die Wirtschaftswissenschaftler Marcin Kacperczyk und José-Luis Peydró vom Imperial College London gehen in ihrer Studie der Frage nach, ob Banken, die sich zu den Klimazielen verpflichten, tatsächlich finanzielle Mittel von emissionsstarken zugunsten emissionsarmer Investitionen umlenken. Welchen Einfluss kann dies auf die Klimabilanz haben? Oder können braune Firmen offene Finanzlücken aus anderen Quellen kompensieren? Eine zentrale Leistung der Studie besteht darin, dass die Forscher den gesamten Transmissionsmechanismus von Bankkrediten auf die Realwirtschaft und Umwelt untersuchen.
Sobald sich Banken zu Klimazielen verpflichten, sollten sie weniger Kredite an emissionsstarke Firmen vergeben. Alternativ könnten die Kredite an grüne Investitionen gebunden werden. Der Wandel in der Kreditvergabe sollte reale Effekte nach sich ziehen, zum Beispiel mehr Investitionen in grüne Technologien mit niedrigeren Emissionswerten. Um diese Hypothese zu überprüfen, vergleichen die Forscher Finanzierung und Investitionen im Zeitraum vor und nach der Verpflichtung von Banken auf Klimaziele.
Außerdem analysieren Kacperczyk und Peydró, weshalb Banken die Kreditvergabe an braune Firmen reduzieren. Zum einen könnten sie die finanziellen Risiken von umweltverschmutzenden Unternehmen höher einschätzen und deshalb weniger Kredite vergeben. Zum anderen könnten sie ihre Entscheidungen aber rein anhand der eigenen Präferenzen für grüne oder braune Technologien oder Aktivitäten treffen.
Für die Analyse nutzen die Forscher einen Datensatz mit Informationen zu Emissionen, Investitionen und Finanzierung von 2'112 internationalen Firmen zwischen 2013 und 2018. Dieser umfasst auch Daten zu ihren Kreditgebern. Knapp ein Drittel der Firmen befindet sich in den USA, ein weiteres Viertel in der Europäischen Union und im Vereinigten Königreich. Unter den Kreditgebern sind 59 Banken, welche sich entweder bereits zu Emissionsreduzierungen verpflichtet haben oder aber Ziele festgelegt haben. Diese sind an circa 60 Prozent der erfassten Kredite beteiligt.
Die Selbstverpflichtungen der Banken fand in zwei Schritten statt. Im zweiten Quartal 2015 sowie im zweiten Quartal 2016 beschloss eine Vielzahl, sich den Klimazielen der Politik zu verpflichten. Rund drei Viertel der untersuchten Firmen hatte eine Kreditbeziehung zu mindestens einer Bank mit Klima-Verpflichtung. Diese hohe Zahl liegt vor allem daran, dass jene Banken sehr aktiv im Markt für syndizierte Kredite sind, die jeweils von mehreren Banken gemeinsam vergeben werden. Der Anteil der verpflichteten Banken unter allen Kreditgebern eines Unternehmens ist jedoch mit 15 Prozent eher gering.
Für die Analyse der finanziellen Lage der Unternehmen zieht das Forscherteam eine Vielzahl von Größen wie z.B. Verschuldung, Vermögenswerte und Risikobewertung heran. Im Durchschnitt weist ein Unternehmen Schulden von 1.28 Milliarden US-Dollar aus. Das entspricht etwa 30 Prozent seiner Vermögenswerte. 40 Prozent davon sind Bankschulden, der Rest ist vorwiegend über den Kapitalmarkt finanziert. Vor der ersten Runde der Klima-Verpflichtungen betrugen die Vermögenswerte durchschnittlich 4.4 Milliarden US-Dollar.
Zudem betrachten Kacperczyk und Peydró die CO2-Emissionen der Unternehmen. Direkte Emissionen (Scope-1) stammen aus Quellen, welche direkt von den Unternehmen verantwortet oder kontrolliert werden. Im Durchschnitt emittierte eine Firma zwischen 2013 und 2014 etwa 3.56 Millionen Tonnen Treibhausgase pro Jahr. Ihre jährlichen Umweltinvestitionen waren mit bloß knapp einem Prozent des Gesamtvermögens gering.
Die ökonometrischen Schätzungen zeigen, dass Banken tatsächlich ihre Kreditvergabe veränderten, nachdem sie sich auf die Klimaziele verpflichteten. Die Autoren betrachten jene Firmen genauer, welche überdurchschnittlich viele Treibhausgase (d.h., um 13.8 Millionen Tonnen mehr als der Durchschnitt) emittieren. Betriebe mit überdurchschnittlich hohen Emissionswerten erhalten nach dem Inkrafttreten der Klima-Verpflichtungen weniger Kredite als zuvor. Das erschwert die Finanzierung von Investitionen. Im Schnitt reduzierten sich die Gesamtschulden einer Firma mit überdurchschnittlich hohen Emissionen nach der Klima-Verpflichtung einer Bank um 6.4 Prozentpunkte.
Die oben angeführte Abbildung stellt dar, wie sich über die Zeit die CO2-Emissionen eines Unternehmens auf seine Bankfinanzierung auswirkten. Links in der Grafik sind jene Firmen abgebildet, welche keine Kreditbeziehung zu Banken mit Klima-Verpflichtung haben. Entsprechend wirken sich stärkere Emissionen nicht signifikant auf die Finanzierung aus. Rechts sind jene Firmen dargestellt, die mindestens einmal einen Kredit von einer Bank mit Selbstverpflichtung erhalten haben. Tatsächlich haben stärkere CO2-Emissionen einen negativen Effekt auf die Bankschulden, nachdem die Banken 2015 und 2016 solche Selbstverpflichtungen eingegangen waren.
Die Kreditvergabe hängt nicht nur von der Klimaverpflichtung der Banken, sondern von vielen anderen wichtigen Faktoren ab, vor allem von der Kreditwürdigkeit der Unternehmen. Die Ergebnisse zeigen aber, dass Banken unabhängig vom Ausfallrisiko die Kredite an emissionsstarke Betriebe reduzierten. Selbst wenn man den Einfluss der Risikobewertung aus der Kreditvergabe herausfiltert, reduzierten sich die Kredite einer Firma mit überdurchschnittlichen Emissionswerten (13.8 Millionen Tonnen mehr) um 5.1 Prozentpunkte, verglichen mit anderen Firmen, deren Banken keine Klimaverpflichtung eingingen.
Können emissionsstarke Betriebe den Kreditrückgang durch andere Finanzmittel kompensieren? Die Autoren zeigen, dass sich der Verschuldungsgrad jener Firmen nur unwesentlich verringerte. Jedoch gingen der Schuldenstand und die Investitionen signifikant zurück. Das bedeutet, dass emissionsstarke Firmen im Schnitt keine Wandel zu grünen Technologien vornehmen, sondern schrumpfen. Die grünen Firmen hingegen konnten ihre Kredite im Vergleich zu den restlichen Unternehmen um 15 Prozent erhöhen und ihre Investitionen sogar um rund 18 Prozent steigern.
Beeinflussen Banken durch die Umlenkung der Kredite das Emissionsgeschehen? Die über ihre Bank indirekt an Klima-Verpflichtungen gebundenen Firmen verringern ihre Emissionen im Schnitt um 35 Prozentpunkte. Unter den überdurchschnittlich starken Emittenten finden die Forscher hingegen keine realen Effekte aus der Klimaverpflichtung der Banken. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass die emissionsstarken Firmen vorwiegend Greenwashing betreiben.
Die Studie zeigt also, dass die (Selbst-)Verpflichtung von Banken auf Klimaziele dazu beiträgt, Kredite an emissionsstarke Betriebe zu verringern.
Von:
Lia SONVILLA
Universität St. Gallen
Master Economics
lia.sonvilla@student.unisg.ch
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