Alternativmedizin - "Der große Bluff"
Dieses Buch könnte für Aufsehen sorgen: "Der große Bluff - Irrwege und Lügen der Alternativmedizin", heißt ein rund 290 Seiten dicker Band (Goldegg Verlag), den der ehemalige Leiter der dermatologischen Ambulanz am Wiener Hanuschkrankenhaus, der Hautarzt Theodor Much, geschrieben hat. Der Autor will - so erklärte er gegenüber der APA - vor allem aufklärend wirken, was die in wissenschaftlichen Studien kaum belegte Wirkung und die zum Teil zweifelhaften Methoden der Alternativmedizin betrifft.
Der Hintergrund: Immer mehr Menschen tendieren zur Alternativmedizin - von der Homöopathie über "Auspendeln" bis hin zu "Bioresonanz", Bachblüten und Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM). Die dabei verwendeten Mittel sind unzweifelhaft ein großes Geschäft. Ärzte, die eventuell dem engen Kassenmedizin-Korsett entfliehen wollen, bieten solche Therapien an. Die Ärztekammer vergibt Diplome für absolvierte Ausbildungen in alternativmedizinischen Verfahren.
Much: "Ich habe schon vor Jahren ein Buch mit dem Titel 'Der veräppelte Patient' zu diesem Thema geschrieben. Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich das durchschaut habe." Er, Much, hätte sogar ehemals Kurse in alternativmedizinischen Verfahren gemacht, bis ihn deren schlichte Wirkungslosigkeit überzeugt hätte. Im Vorwort zu seinem Buch schreibt der Arzt: "Meine Kritik richtet sich im Folgenden sowohl gegen all jene, die mit klar esoterischen Diagnose- und Therapieverfahren ihr Geld verdienen, als auch gegen Ärzte und Heiler, die längst widerlegte anatomische und physiologische Vorstellungen als Grundlage ihrer 'Therapie' anpreisen."
Mittelalterliche Annahmen
Überkommene mittelalterliche Annahmen der damaligen "Wissenschaft", Esoterik und vor allem Astrologie sieht Much im Hintergrund von Alternativmedizin & Co. "Augen auf! Oder: Wie man Pseudomediziner erkennt", heißt es da in einem der Kapitel. Die Konsumenten sollten misstrauisch sein, wenn Folgendes angepriesen werden:
- "Pseudomediziner versprechen stets, dass ihre 'sanfte, ganzheitliche Heilkunst praktisch jede Erkrankung heilen kann", wettern gegen die "böse Schulmedizin" und die "schädliche Chemie" - oft auch gegen Impfungen, Kaffee oder Tee."
- "Sie bieten einfache Lösungen für schwierige Fragen an und glorifizieren die Natur."
- "Entschlackung", "Ausleitungsrituale", "Energie", "Feld", "Frequenz", Relativitätstheorie", "Wassergedächtnis", "Resonanz" oder "Quantentheorie", "Ursubstanz" und "geistige Kraft der Materie" seien oft verwendete Begriffe, bei denen der Patient am ehesten Reißaus nehmen sollte.
- Schließlich, wenn ein "Pseudomediziner" sage "Meine Methode lässt sich nicht mit Studien belegen", sollte allergrößte Vorsicht angebracht sein.
"Digitaler Rufmord"
Alternativmedizin-Kritikern, welche Betrug und Selbsttäuschungen zu Leibe rückten, drohe schließlich via Postings etc. oft sogar der "digitale Rufmord", meinte der Dermatologe und fügte hinzu: "Ich wollte auch die Zusammenhänge zwischen alternativen Verfahren und der Astrologie darstellen." Während sich in der modernen Gesellschaft der Begriff "Schulmedizin" als ein von dem Homöopathen Franz Fischer (1876) geprägtes Schimpfwort längst etabliert habe, fielen die Konsumenten auf "alternative Diagnostik", "Ayurveda"-Heiler etc. Geld spendend herein.
"Hokuspokus", so der Dermatologe und seine drei Co-Autoren. Wenn sich beispielsweise die Homöopathie seit ihrer Begründung durch Samuel Hahnemann vor rund 200 Jahren nicht weiter entwickelt habe - die "Schulmedizin" hat das ohne Zweifel rasant getan -, sollte das eher entlarvend denn Heil bringend erscheinen.
Und dann käme da noch ein demokratiepolitisch heikler Aspekt zum Tragen: "Betrachtet man nun die pseudomedizinische Esoterikszene, erkennt man leicht auch hier das totalitäre Prinzip (...), dogmatische Totalitätsansprüche, dogmatische Vorstellungen, Wissenschaftsfeindlichkeit, ein Denken in Hierarchien und autoritäre Verhaltensweisen." Das trage "sektenähnliche" Züge. Im Hintergrund stehe oft auch ein "Schneeballsystem" an Kursen und Ausbildungsseminaren, mit denen sich zum Teil mehr Geld verdienen lasse als mit der Anwendung der alternativmedizinischen Methoden selbst. "Es gibt so viele Rattenfänger... ", heißt es zu dem diskussionswürdigen Band.
Service: Theodor Much: "Der große Bluff - Irrwege und Lügen der Alternativmedizin". Goldedd Verlag. 288 Seiten.19,95 Euro, Buch, Kindle; ISBN: 978-3-902903-10-5