Forschen mit hoher Frequenz
Autonomes Fahren, Robotik, Smart Factory und 6G-Kommunikation mit mehr als 100 Gbit/s – Hochfrequenztechnik steckt weitgehend unsichtbar in vielen Innovationen. Erste Projekte der Silicon Austria Labs (SAL), die hier einen Forschungsschwerpunkt gesetzt haben, zeigen das Potenzial dieser Technologie. Angesiedelt ist der Bereich im Science Park am Campus der Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz.
"Unser Fokus liegt auf Forschung für Hochfrequenztechnik im sehr hohen Gigahertz-Frequenzbereich für Radar-Sensorik und für die übernächste Mobilfunkgeneration – 6G", erklärt Division-Leiter Thomas Lüftner. Beim Projekt "Radar Tomography" kooperiert SAL beispielsweise mit der voestalpine und mit der Infineon-Tochter DICE (Danube Integrated Circuit Engineering), die 1999 als Spin-off der JKU gegründet und erst im Herbst vergangenen Jahres vollständig übernommen wurde. Der Linzer Standort habe sich zum globalen Kompetenzzentrum für Hochfrequenztechnologien innerhalb des Infineon-Konzerns mit weltweit führender Expertise bei Radarchips für Fahrerassistenzsysteme entwickelt, so das Unternehmen. Technologien aus diesem Bereich sollen im Zuge des Projekts nun auch für industrielle Anwendungen nutzbar gemacht werden.
Ein wichtiger Bestandteil des SAL-Konzepts ist die Zusammenarbeit mit Hochschulen. Dafür wurde das Modell der "SAL Uni Labs" entwickelt. Hier arbeiten Uni-Forscher mit SAL-Mitarbeitern in gemeinsamen Projekten an strategischen Themen. Mit der JKU in Linz wird es zwei Labs geben: ein "Millimeter Wave Lab", in dem Lösungen für Radar und 6G-Kommunikation mit sehr hohen Frequenzen erforscht werden. Dazu kommt ein "embedded Signal Processing and Machine Learning Lab". Hier sollen Signalverarbeitung und Künstliche Intelligenz kombiniert werden. "Da haben wir auch Sepp Hochreiter mit an Bord", verweist Lüfter auf einen bekannten KI-Experten (siehe "Systemintegration ist die DNA der Silicon Austria Labs").
Ausbau "voll im Plan"
Neben dem Schwerpunkt für Hochfrequenztechnik wird auch im Bereich "Embedded Systems" in Linz geforscht. Insgesamt gibt es in der oberösterreichischen Landeshauptstadt drei Forschungsgruppen: Millimeter Wave (Radar, 6G), Wireless Communication (drahtlose Funkverbindungen in der Smart Factory in Echtzeit) und Embedded AI (eingebettete Künstliche Intelligenz kombiniert mit Signalverarbeitung). Einhergehend mit den neuen Kooperationen ist auch die Zahl der Beschäftigten am Standort deutlich gestiegen. "In Linz haben wir ja bei null begonnen. Ich war der erste Mitarbeiter", zeigt sich Lüftner mit dem aktuellen Status beim Auf- und Ausbau sehr zufrieden.
Inzwischen hat der Personalstand auf 24 zugelegt, womit man "voll im Plan" liege. Bis 2023 wird ein Zuwachs auf 80 Mitarbeiter angestrebt. Stolz ist man auch auf die Diversität: "Rund 25 Prozent der Forschenden sind weiblich und in etwa die Hälfte kommt aus dem Ausland. Außerdem haben wir einen guten Mix aus sehr erfahrenen Leuten, aber auch jungen – etwa Doktorandinnen", so der aus der Halbleiterindustrie kommende Manager im Gespräch mit APA-Science.
Zweiter Standort in Villach
Neben Linz umfasst die Division für Hochfrequenztechnik inzwischen auch einen zweiten Standort in Villach. Hier arbeitet eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Johannes Sturm, den sich SAL mit der Fachhochschule Kärnten "teilt". Das Team hat laut Lüftner bereits laufende Kooperationsprojekte mit Branchengrößen wie Infineon und Intel.
Neue Chancen sieht Lüftner, der bei SAL auch als Chief Technology Officer (CTO) fungiert, beispielsweise in Kooperationen mit Unternehmen wie der voestalpine. "Mit solchen Partnern kann man schauen, wie sich Elektronik in der industriellen Anwendung verwenden lässt. Elektronische Endgeräte im Consumerbereich werden für Österreich schwierig, aber angewandte Elektronik in der Industrie, das ist eine Sache, wo wir als SAL etwas beitragen können."
Auf die starke Industriebasis am Standort verweist auch Wilfried Enzenhofer, Geschäftsführer der Upper Austrian Research GmbH (UAR), der Leitgesellschaft für Forschung des Landes Oberösterreich. Radar-Sensorik beziehungsweise Millimeter Wave-Technologie hätten in diesem Bereich großes Potenzial. Er sieht Hochfrequenztechnik als Schlüsseltechnologie einer mobilen Gesellschaft und verweist auf Rundfunk, Mobilfunk und WLAN für die Kommunikation, Radarsensoren für zukünftiges Autonomes Fahren, Roboter, die mit Menschen in der Produktion Seite an Seite arbeiten, oder auch moderne medizinische Geräte und Anwendungen.
Von Stefan Thaler / APA-Science