"Systemintegration ist die DNA der Silicon Austria Labs"
Die Systemintegration soll ein Alleinstellungsmerkmal der Silicon Austria Labs (SAL) werden. Spezialisierung sei wichtig, dabei dürfe aber nicht auf die Wertschöpfung vergessen werden. "Das Zusammenführen von sehr komplexen Komponenten zu Gesamtsystemen, das ist das Know-how, das man in den kommenden Jahren brauchen wird", erklärt Michael Wiesmüller vom Infrastrukturministerium (BMK).
Hier würden besonders viele Chancen für Österreich liegen: "Es braucht Spezialisten für Sensorik, Embedded Software, Chipdesign und so weiter. Aber das muss man zusammenführen, um daraus komplexe Systeme bauen zu können. Die DNA des Silicon Austria Labs ist die Systemintegration. Das ist die stärkste Tangente, da wollen wir uns differenzieren", so Wiesmüller im Gespräch mit APA-Science. Die Fraunhofer-Institute, IMEC und Co. würden sich auf bestimmte, unglaublich komplexe Prozesse wie Ionenlithographie fokussieren. Bei SAL müsse man versuchen, die systemischen Aspekte im Auge zu behalten und besser zu verstehen.
"Bei der Integration wollen wir ein Alleinstellungsmerkmal herausarbeiten. Forschung entlang der Wertschöpfungskette bedeutet, dass wir Komponentenhersteller mit Systemintegratoren und Anwendern zusammenbringen", ist auch Thomas Lüftner, Chief Technology Officer (CTO) von SAL, überzeugt. Während die österreichische Industrie im Bereich Komponenten mit großen Halbleiterherstellern wie Infineon, Intel, NXP oder ams AG sehr stark aufgestellt sei, gebe es einen Mangel an großen internationalen Systemintegratoren und Endgeräteherstellern (OEMs). "Da haben wir durchaus noch ein Strukturproblem. Ich hoffe, dass wir mit SAL in der Systemebene beziehungsweise in der Wertschöpfungskette ein bisschen höher kommen", so Lüftner gegenüber APA-Science.
Wertschöpfung erhöhen
Denn die größte Wertschöpfung liege in der Integration, verwies der Experte beispielsweise auf Apple. Heimische Komponentenhersteller würden an den Handyriesen liefern, richtig gut verdiene aber nur Apple: "Die haben die höchsten Profite, obwohl sie das Handy nur zusammenbauen." Für SAL sei die größte Herausforderung, die richtigen Partner im Bereich Systemintegration zu finden "und gemeinsam mit der Industrie einen größeren Impact zu generieren".
Bei SAL ist das Thema inzwischen auf zwei Divisions aufgeteilt worden: Lüftner, der lange bei Infineon und dann bei Intel gearbeitet hat, leitet "Embedded Systems". Dabei geht es um Gesamtsysteme mit eingebetteter Software in Richtung Applikationen und Wireless Communication. Der Division "System Integration Technologies", die die Integration der Hardware-Themen und Modellierung umfasst, steht Christine Hirschl vor. Sie ist auch für den Bereich "Sensor Systems" verantwortlich (siehe "Sensoren, die Sinnesorgane der Technik").
Systeme müssen sich "vertragen"
Im EMCC Lab (EMCC and Radio InterOp Lab), das den "System Integration Technologies" zugeordnet ist, arbeiten Technische Universität (TU) Graz und SAL an der elektromagnetischen Verträglichkeit und Koexistenz zukünftiger elektronischer Systeme. Schon während der Entwicklungsphase sollen dadurch Vorhersagen über die elektromagnetischen Störemissionen getroffen werden können. Ebenfalls in Graz ist das DES Lab (Dependable Embedded Systems Lab), das zur "Embedded Systems"-Division gehört, angesiedelt. Hier stehen Sicherheit und Zuverlässigkeit von integrierten Systemen mit eingebetteter Software im Mittelpunkt.
An der JKU in Linz wiederum ist ein "eSPML Lab" für "embedded Signal Processing and Machine Learning" geplant, das den Fokus auf die Kombination von modellbasierter Signalverarbeitung mit datenbasiertem Machine Learning legt, etwa für die zuverlässige Datenauswertung von Radar- oder Kamera-Sensordaten. "Wir arbeiten beispielsweise gemeinsam mit der voestalpine an der Fehlererkennung am Walzband in Echtzeit. Dabei wird unter realen Bedingungen erforscht, wie Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz die Produktions- und Kontrollabläufe verbessern können", erklärt Lüftner die Zielsetzung des Projekts "Visual Inspection for Quality Control".
Konkret läuft die Qualitätskontrolle über die Auswertung der Daten von Kamerasystemen und die KI-basierte Erkennung von Anomalien. Wichtig ist Lüftner aber, nicht zu sehr in spezifische Applikationen zu gehen: "Wir wollen sogenannte Key Enabling Technologies bereitstellen, auf denen man dann aufsetzen kann."
Von Stefan Thaler / APA-Science