Was Unis zum Schwenk zur Nachhaltigkeit beisteuern können
Österreichs Universitäten arbeiten an Strategien zur Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedankens: Im Rahmen des Projektes "UniNEtZ" entwickeln sie bis 2021 auch ein "Optionenpapier" mit Handlungsoptionen für die Regierung. Gleichzeitig gelte es, intensiv darüber nachzudenken was an den Hochschulen selbst für den Schwenk zur Nachhaltigkeit getan werden kann, sagte Ko-Projektleiter Johann Stötter von der Uni Innsbruck zu APA-Science.
Momentan sind 16 Universitäten und Forschungseinrichtungen an Bord des Projekts, das sich aus der Allianz Nachhaltige Universitäten entwickelt hat. Insgesamt rund sechs Millionen Euro schüttet das Wissenschaftsministerium im Rahmen der Leistungsvereinbarungen dafür bis Ende 2021 aus. Der Startschuss zu dem Vorhaben erfolgte Ende Jänner in Wien, an der Universität Innsbruck wurde eine eigene Geschäftsstelle eingerichtet, die die Gesamtkoordination des weitverzweigten Netzwerkes über hat.
Auf der Suche nach der Methode
Ziel dieses "ziemlich großen Projekts", das auch ethische Überlegungen und das Führen einer gesellschaftlichen Wertediskussion über Verantwortung umfassen soll, ist es, sich auf vielfältige Art und Weise mit den 17 Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen (UNO) auseinanderzusetzen, so Stötter, der sich die Projektleitung mit Helga Kromp-Kolb von der Universität für Bodenkultur Wien und Reinhold Lang von der Universität Linz teilt. Im ersten Schritt gelte es, eine verbindliche, wissenschaftlich begründete Methodik zu entwickeln, über die der Status-Quo und etwaige Fortschritte bei der Umsetzung der SDGs in Österreich und darüber hinaus gemessen und dargestellt werden können.
"Es geht auch den Universitäten darum, den Gedanken der nachhaltigen Entwicklung im eigenen Haus in Forschung und Lehre zu stärken", sagte Stötter. Gleichzeitig wolle man zum Transformationsprozess in Gesamt-Österreich beitragen. Dafür analysiere man derzeit auch über das Land hinweg Initiativen, die sich mit SDGs befassen.
Bericht für Handeln auf wissenschaftlichem Fundament
Gipfeln soll diese breite Auseinandersetzung in einem finalen Bericht an die Bundesregierung in rund drei Jahren. Mit dieser wissenschaftlichen Herangehensweise soll sich Österreich auch ein Stück weit von anderen Staaten abheben. "Wir wollen wissenschaftlich fundierte Handlungsoptionen erarbeiten", sowie deren wahrscheinliche positive und negative Auswirkungen auf die einzelnen Nachhaltigkeitsziele und das gesamte System darstellen, so Stötter: "Durch die Priorisierung werden wir uns natürlich auch normativ aus dem Fenster lehnen."
Ein erster Zwischenbericht, in dem es großteils um die Methoden gehen wird, ist für den Herbst geplant. Was die Politik dann mit diesem Optionenpapier anfängt und wie sich die Expertise seitens der Unis in die gesamte angestrebte Umsetzung der "Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung" einfügt, sei natürlich noch offen.
Skepsis zu "Klimaneutral"-Label für Unis
Auch die Universitäten selbst haben selbstverständlich ein reges Interesse daran, ressourcensparender zu werden. So hat etwa die Wirtschaftsuniversität (WU) Wien erst kürzlich berichtet, die "erste klimaneutrale Universität Österreichs" zu sein - und zwar, indem sie mehrere Nachhaltigkeitsprojekte unterstützt, durch die jährlich so viel CO2-Emissionen eingespart werden, wie die WU pro Jahr im laufenden Betrieb verursacht.
Diese Vorgehensweise reihe sich zwar in einen Trend zur Klimaneutralität von Hochschulen ein und gerade die WU mit ihrer neuen Bausubstanz täte sich natürlich schwer, den eigenen CO2-Fußabdruck noch weiter zu reduzieren, wie Stötter einräumt. Trotzdem sieht er eine solche Vorgehensweise insgesamt eher problematisch.
Entscheidender als ein Label "Klimaneutralität" sei nämlich, dass sich Unis überhaupt Gedanken darüber machen. Der Weg in eine Art "Konkurrenzkampf" zwischen Unis sollte in dem Zusammenhang nicht beschritten werden. "Genau das versuchen wir mit dem UniNEtZ zu vermeiden", so der Projektkoordinator, der auch darauf verweist, die WU mit ins Projekt holen zu wollen.
Nachhaltige Verankerung in Studienplänen
Abseits der Frage, wie und mit welchen Maßnahmen Hochschulen in Sachen SDGs voranschreiten, gehe ein Teil der Überlegungen stark in Richtung Bildung und die Beteiligung von Studenten - also dem vierten SDG. Längerfristig sollte eine Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeit zum Fixpunkt im Curriculum jedes Studiums in Österreich werden. Die Uni Innsbruck arbeitet beispielsweise zusammen mit der Uni Klagenfurt an einem Modulpaket zu dem Thema - Umfang immerhin 30 ECTS-Punkte, was in etwa dem studentischen Arbeitsaufwand von einem Semester entspräche.
Stötter: "Der Hintergedanke ist, dass Leute, die im 21. Jahrhundert eine akademische Ausbildung haben, sich auch mit diesen Herausforderungen und Lösungsansätzen auseinandergesetzt haben." Immerhin sei davon auszugehen, dass Akademiker einmal in Entscheidungspositionen damit konfrontiert sein werden. "Hat man dann keine Kenntnisse und Kompetenzen dazu, wäre das fatal. Man könnte das durchaus auch als eine neue Form des alten 'Studium Generale' bezeichnen."
Von Nikolaus Täuber / APA-Science