Cannabis-Legalisierung in den USA: Insgesamt nicht mehr Psychosen
In der Schweiz startete vor kurzem eine mit einigen hundert Probanden geplante Studie über die Auswirkungen von legalisiertem Cannabiskonsum samt Drogenkauf in der Apotheke. Aus den USA liegt jetzt eine riesige Studie mit den Daten von fast 64 Millionen Menschen in 50 Bundesstaaten zu dieser Frage vor: Die mehr oder weniger starke Freigabe von Cannabis führte dort zu keinem signifikanten generellen Anstieg der Rate an Psychosen.
Dass häufiger Cannabiskonsum psychotische Erkrankungen, vor allem Schizophrenie, auslösen kann, ist seit langem bekannt. "Unter schwedischen Heeresrekruten, die man 1969 bis 1983 beobachtete (...) fand man bei Personen mit starkem Cannabisgebrauch ein dreimal höheres Schizophrenierisiko als bei Cannabis-Abstinenten", schrieben vor kurzem Holly Elser und ihre Co-Autoren in der Studie in JAMA Network Open (doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.52689). In den USA schätze man, dass im Jahr 2019 rund 48 Millionen Menschen über zwölf Jahren zumindest einmal Cannabis konsumiert hätten.
Wie wirkt sich die dramatische Veränderung der Gesetzeslage aus?
Die Wissenschafter wollten die Auswirkungen der zum Teil dramatischen Veränderungen in der Drogen-Gesetzeslage in den Vereinigten Staaten aufarbeiten: "Im Juni 2022 war medizinischer Cannabisgebrauch in 38 Bundesstaaten legal, 19 Bundesstaaten erlaubten Verwendung als Freizeitdroge. Mit der Legalisierung ist der Preis deutlich gefallen. Gleichzeitig hat die durchschnittliche THC-Konzentration von pflanzlichem Cannabis von vier Prozent im Jahr 1996 auf 17 Prozent im Jahr 2017 stark zugenommen."
In der Studie wurden die rechtlichen Gegebenheiten rund um die Droge mit den Informationen über die Häufigkeit von psychotischen Krankheitsbildern in Korrelation gesetzt. Das betraf rund 63,7 Millionen Menschen (51,8 Prozent Frauen) und umfasste mehr als zwei Milliarden Monate an Lebenszeit.
Das Hauptergebnis, so die Wissenschafter: "Die Resultate von voll vergleichbar gemachten Modellen zeigten, dass Bundesstaaten mit einer Legalisierungsstrategie im Vergleich zu solchen ohne Legalisierung keinen statistisch signifikanten Anstieg von Psychose-bezogenen Diagnosen aufwiesen." Bei Erlaubnis von Cannabis für medizinische Zwecke ohne Cannabis-Shops wurden um 13 Prozent mehr Psychose-Diagnosen registriert. Zusätzlich zur Freigabe für medizinische Zwecke und Verkaufsstellen ließen das Risiko um 24 Prozent steigen. Legalisiertes Cannabis für den Freizeitkonsum ohne solche "Outlets" war mit einer Steigerung der Psychose-Diagnosen um 38 Prozent verbunden, fast gleich mit Bundesstaaten, welche Freizeitgebrauch legalisiert und entsprechende Geschäfte erlaubt hatten (plus 39 Prozent).
Auf die Häufigkeit der Verschreibung von antipsychotisch wirkenden Arzneimitteln wirkte sich das fast gar nicht aus. Die Psychose-Häufigkeit in Relation zu den gesetzlichen Bestimmungen bezüglich Cannabis schwankte aber je nach Bevölkerungsgruppe. "Die Rate an Psychose-bedingten Diagnosen stieg in den Bundesstaaten mit Legalisierung von Freizeitkonsum im Vergleich zu keiner Legalisierung signifikant unter Männern, Personen zwischen 55 und 64 Jahren sowie unter Menschen mit asiatischem Hintergrund", schrieben die Wissenschafter. Man sollte jedenfalls die Häufigkeit von Erkrankungen des psychotischen Formenkreises beobachten, wenn man die gesetzlichen Regelungen rund um Cannabis ändert.