Clusters of Excellence: Quantenforschung bis Zukunft-Wissen
Das Förderprogramm "Clusters of Excellence" des Wissenschaftsfonds FWF hat seine ersten Empfänger - und damit prägnante Bereiche von Spitzenforschung für Österreich und mit internationaler Strahlkraft, so der Anspruch - definiert. Die hochdotierte Förderung soll kooperative Forschungspower in den Bereichen Quantenwissenschaften, Materialforschung zur Energiespeicherung, Mikrobiom-Forschung, Zukunft des Wissens sowie zum Verhältnis von Europa und Asien ermöglichen.
Quantum Science Austria
Die renommierte österreichische Quantenwissenschaft wurden zuletzt noch mit der Vergabe des Physik-Nobelpreises an Anton Zeilinger gekrönt. Der nun bewilligte Exzellenzcluster "Quantum Science Austria" will die Grundlagenforschung weiter vorantreiben. Unter wissenschaftlicher Leitung des Quantenphysikers Gregor Weihs von der Universität Innsbruck möchte das Konsortium (Uni Innsbruck, Uni Wien, Österreichische Akademie der Wissenschaften/ÖAW, Institute of Science and Technology Austria/ISTA, Uni Linz, Technische Universität Wien) der Quantennatur von Raum, Zeit und Schwerkraft nachgehen. Zudem sollen neue Paradigmen in der Quanteninformationswissenschaft sowie die Physik von Quanten-Vielteilchensystemen für neue Einblicke in Materie untersucht werden. Mit Modellsystemen, die auf gefangenen Ionen, ultrakalten Atomen, Systemen langreichweitiger Wechselwirkung, supraleitenden Quantenschaltkreisen und nanoskopischen Festkörpersystemen basieren, will man "die schwierigsten Rätsel der Quantenwelt" entschlüsseln, wie es in einer Aussendung heißt. Das gesamte Fördervolumen für die ersten fünf Jahre beträgt 35 Mio. Euro (FWF: 21 Mio. Euro; Eigenmittel der Forschungsstätten: 14 Mio. Euro).
Materialien für Energiekonversion und Speicherung
Angesichts des Klimawandels und der anhaltenden Verbrennung fossiler Brennstoffe begibt sich der Exzellenzcluster "Materialien für Energiekonversion und Speicherung" auf die Suche nach neuen Materialien für eine emissionsfreie Zukunft. Um Günther Rupprechter vom Institut für Materialchemie der Technischen Universität (TU) Wien finden sich Vertreter aus der Oberflächenchemie, Oberflächenphysik, Materialwissenschaft und Computersimulation von TU Wien, ISTA, Uni Wien und Uni Innsbruck. Sie suchen Wege, das Speicherproblem bei den erneuerbaren Energieträgern anzugehen und wollen unter Nutzung von eigens entwickelten Nanokatalysatoren an der Speicherung erneuerbarer Energien in recyclingfähigen Energieträgern bis hin zu klimaneutralen Ersatzstoffen für Erdgas und Erdöl forschen. Dabei stehen flüssige und gasförmige Medien im Fokus, etwa Wasserstoff als Energieträger und CO2 als Rohstoff. Dem Cluster stehen zunächst 34,4 Mio. Euro zur Verfügung (FWF: 20,6 Mio. Euro, Eigenmittel: 13,8 Mio. Euro).
Mikrobiome als Motor von planetarer Gesundheit
Die Untersuchung von Mikroorganismen-Gemeinschaften (Mikrobiomen), die von entscheidender Bedeutung für das Leben und die Gesundheit von Tieren, Pflanzen, Ökosystemen und dem Menschen sind, stehen im Zentrum des Exzellenzclusters "Mikrobiome als Motor von planetarer Gesundheit". Unter wissenschaftlicher Leitung des Molekularbiologen Michael Wagner von der Universität Wien ist es das Ziel zu ergründen, wie Mikrobiome die Gesundheit unseres Planeten steuern. Zudem sollen gemeinsame Grundprinzipien von Mikrobiomen der Umwelt und der Menschen entschlüsselt werden. Planetare Gesundheit meine dabei die Gesundheit der menschlichen Zivilisation wie auch der Umwelt, die den Menschen umgibt - Mikroben könnten hier als verbindendes Element zum Verständnis beitragen, so Wagner. Man wolle mit dem Cluster gleichzeitig auch bisher bestehende "Wände einreißen" und die Umweltforschung und Medizin zusammen betrachten. Das Konsortium (Uni Wien, ÖAW, TU Wien, Med-Uni Graz, Uni Linz, ISTA, Austrian Institute of Technology/AIT) erhält 35 Mio. Euro (FWF: 21 Mio. Euro, Eigenmittel: 14 Mio. Euro).
EurAsia: Transformationsprozesse
Den Verbindungen zwischen Europa und Asien aus historischer Perspektive und dem kulturellen Erbe dieser Großregion widmet sich der Cluster "EurAsia: Transformationsprozesse" unter Leitung der Byzantinistin Claudia Rapp von der Universität Wien und der ÖAW. So nehme Eurasien immerhin 36 Prozent der globalen Landmasse ein, beherberge 70 Prozent der Weltbevölkerung und stelle zwei Drittel der gesprochenen Sprachen, sagte Rapp über die Bedeutung der Region. Das Konsortium (ÖAW, Uni Wien, Central European University/CEU, Uni Innsbruck) analysiert historische Prozesse, die bis in die moderne Zeit wirken, rund um das Wachstum und den Verfall von Imperien, Umweltveränderungen, sprachliche Diversität, Mobilität und Migration und auch ihren wirtschaftlichen Einflüssen. Die Region von Europa bis Asien rücke zunehmend in den Mittelpunkt der politischen Aufmerksamkeit, so Rapp. Man wolle mit der Forschung im Cluster einen Beitrag zu globalen Diskursen leisten und vor allem auch mit Partnern in der Region arbeiten. Der Cluster wird mit 15,5 Mio. Euro gefördert (FWF: 9,2 Mio. Euro, Eigenmittel: 6,3 Mio. Euro).
Wissen in der Krise
Der Exzellenzcluster "Wissen in der Krise" unter Leitung von Tim Crane, Professor für Philosophie an der CEU in Wien, will die attestierte Wissenskrise, laut Aussendung u.a. ausgelöst durch "spektakuläre technologische Entwicklungen" und durch ein zunehmendes Infragestellen "der Idee des Wissens und der Wahrheit", in all ihren Aspekten verstehen und Möglichkeiten finden, sie zu bekämpfen. Dabei gehe es auch um die Frage, wie man wissenschaftliches Wissen kommunizieren könne und welche Rolle der Wissende in diesem Kontext einnimmt, so Crane. Das Konsortium (CEU, Uni Graz, Uni Wien, Uni Salzburg) erhält zum Start 14,9 Mio. Euro (FWF: 8,9 Mio. Euro, Eigenmittel: 6 Mio. Euro).
Forschungsarbeit soll ab Sommer 2023 starten
Nach Ausschreibung der "Clusters of Excellence" im Frühjahr 2021, die bisher größte nationale Förderinitiative für Grundlagenforschung, hatte eine internationale Jury aus 35 eingereichten Anträgen elf Anträge ausgewählt. Von den elf Teams, die zur Einreichung eines Vollantrags und zu Hearings vor einer internationalen Jury eingeladen wurden, haben sich nun fünf durchsetzen können. Der Start der Forschungsarbeit ist ab Sommer 2023 geplant.
Nicht zum Zuge kamen bei der finalen Entscheidung die Projekte "Neuronale Netzwerke in Gesundheit und Krankheit", "Bilaterale Künstliche Intelligenz", "Zirkuläre Bioprozesse", "Metabolische Kontrolle von Altern und Krankheit", "Klimawandel und Wege zur klimaneutralen Gesellschaft" sowie "Multidrohnen Systeme".