Experte: Energieeffizienz ist nicht alles
Automatisierte Licht- und Lüftungssysteme, intelligente Heizungen, sparsame Elektroinstallationen: Der Diskurs um das Haus der Zukunft ist von Einsparpotenzialen, Automatisierung und damit vor allem sehr stark von technischen Parametern bestimmt. Alexander Redlein, Professor für Facility Management an der Technischen Universität (TU) Wien, warnt dagegen davor, beim Gebäude der Zukunft nur an die Energieeffizienz zu denken und dabei auf seine Bewohner zu vergessen.
"Verstehen Sie mich nicht falsch, Energieeffizienz ist ein ganz wichtiges Thema. Nur das Problem, das wir teilweise haben ist, dass mittlerweile Gebäude gebaut werden, die so automatisiert sind, dass der Mensch nichts mehr machen kann - was aber auch dazu führt, dass er sich nicht mehr wohlfühlt", sagte Redlein im Gespräch mit APA-Science. "In Wirklichkeit wird der Faktor Mensch in dem nachhaltigen, energieeffizienten Gebäude viel zu wenig betrachtet. Wenn ich ein Zehn-Seiten-Skriptum brauche um ein Zimmer halbwegs ordnungsgemäß zu benutzen, dann läuft etwas falsch." Generell wäre es wichtig, "dass wir nicht nur das Thema Energieeffizienz im Auge behalten. Das ist ein Fehler, den wir hoffentlich bald bemerken, weil sonst werden wir ihn heftig bereuen".
Außerdem werde bei der Planung von Arbeitsplätzen häufig außer Acht gelassen, dass auch die Arbeitsweisen und -philosophien im Umbruch stehen. Was Redlein mit dem Begriff "New Ways of Working" umreißt, meint vor allem den Umstand, dass der Arbeitsplatz immer weniger statisch an einem fixen Bürosessel zu verorten ist, sondern durch moderne Kommunikationsmittel mobiler wird und sich teilweise auch nach Hause verlagert.
Flexibilität vor Feldbus
Um bereits bei der Planung besser auf die Anforderungen von zukünftigen Arbeitsplätzen eingehen zu können, hat Redlein in einem gemeinsamen Projekt mit niederländischen Kollegen einen Clusteringprozess erarbeitet. Dabei wird eruiert, ob es sich bei den zu erwartenden Arbeitsabläufen eher um Team- oder Routineprozesse handelt, ob sie viel Konzentration erfordern. Das zweite Thema ist die Kommunikation: Spielt sie sich hauptsächlich per E-Mail ab, gibt es viele Termine, die vorher planbar sind oder finden eher viele Ad-hoc-Besprechungen statt?
"Wenn Sie zwei Leute in ein Büro setzen und der andere telefoniert die ganze Zeit, wird der eine auszucken. Da können Sie mit Schallschutz machen soviel Sie wollen", so Redlein über die Idee dahinter. Darum sei vorausschauend größtmögliche Flexibilität gefragt, denn es bringe nichts, "heute ein Büro zu errichten das morgen nicht mehr dazu passt, weil die Firma sich verändert". Interessant werde daher weniger, ob ein weiterer Feldbus ins Gebäude verfrachtet wird oder ob es überhaupt geeignet ist, zum Beispiel einen steigenden Bedarf an Ad-hoc-Besprechungsräumen abzufangen.
Drei große Firmentypen 2030
"Eine Studie aus den Niederlanden sagt, es wird im Jahr 2030 drei große Firmentypen geben", erklärt der TU-Professor. Beim ersten Typ gebe es noch klassische Arbeitsplätze, der zweite quartiert seine Mitarbeiter gleich beim Kunden ein - vor allem im IT-Dienstleisterbereich - und beim dritten Typus arbeiten die Mitarbeiter von zuhause aus. "Das heißt aber auch, dass daheim vielleicht auch ein Zimmer mehr gebraucht wird", weist Redlein auf darauf hin, was in Zukunft als Wohnimmobilie zunehmend nachgefragt werden könnte. Eine Konsequenz auf diese Entwicklungen müsse darum vor der Errichtung von intelligenten Gebäuden einmal die Überlegung sein, "wie viele Bürogebäude wir in Zukunft überhaupt noch brauchen werden".