"Smart Homes - die Nutzer verstehen lernen"
In den letzten Jahren spukt der Begriff Smart Home vermehrt durch die Medien – das vernetzte Zuhause der Zukunft, das alles für dessen Bewohner macht: von Kaffeekochen sobald der Wecker läutet, über automatisches Nachbestellen von Medikamenten sobald diese zur Neige gehen, bis hin zu Robotern, die ältere Personen im Haushalt unterstützen. In der Zukunftsvision der Smart Homes wird eine Vielzahl an intelligent handelnden und miteinander vernetzten technischen Geräten den Menschen umgeben und ganz selbstverständlich private oder berufliche Aufgaben übernehmen.
Bereits heute gibt es Beleuchtungssysteme, die erkennen können, wann der Besitzer nach Hause kommt und in welchen Räumen sich Personen aufhalten oder intelligente Klimaanlagen, die auf eine energieschonende Beheizung bzw. Kühlung des Heimes ausgerichtet sind. Dennoch werden viele dieser Systeme als „technische Spielereien“ abgetan und nur selten verwendet. Warum ist dem eigentlich so?
In einer aktuellen Studie der Universität Michigan haben Forscher untersucht, wie Menschen mit intelligenten Raumthermostaten umgehen. Diese Thermostate können vom Heizverhalten der Menschen lernen, das heißt sie merken sich zum Beispiel zu welchen Zeiten jemand zu Hause ist, und heizen dementsprechend. Eine Gruppe von Versuchspersonen sollte das Raumthermostat über mehrere Wochen hinweg zu Hause benutzen und anschließend in Interviews über ihre Erfahrungen berichten. Dabei fanden die beteiligten Forscher heraus, dass die wahrgenommene Kontrolle über das Raumthermostat entscheidend zur Akzeptanz dieser Technologie beiträgt: Das Thermostat wurde nicht akzeptiert, wenn die Nutzer das Gefühl hatten, dass das Raumthermostat vollkommen eigenmächtig und willkürlich agierte.
Dieser empfundene Mangel an Kontrolle wird durch unterschiedliche Faktoren hervorgerufen. Die Untersuchung dieser Faktoren der Technologieakzeptanz ist eines der Kernforschungsthemen von CURE: Technologische Systeme sind sehr intransparent, und ihre tatsächlichen Funktionen sind meist hinter einer äußerlich hübschen Verpackung verborgen. Während viele alltägliche Objekte durch ihr Aussehen (z.B. Türschnalle zum Öffnen von Türen, Schreibmaschine zum Tippen von Buchstaben) Rückschlüsse auf ihre Funktionalität zulassen, ist dies bei derart technologischen und oft nur mehr virtuellen Objekten nicht mehr so offensichtlich. Verbindungen, die zwischen Geräten, wie zum Beispiel, im Internet der Dinge bestehen, werden ebenso wenig visualisiert. So ist es für Nutzer nur schwer nachvollziehbar, welche Daten und Informationen über den Nutzer und sein Verhalten gesammelt und zwischen den Geräten oder zum Beispiel auch an Firmen übertragen werden. Dieser Forschungsfrage wird auch im von CURE koordinierten uTRUSTit-Projekt nachgegangen, bei dem das Empfinden von Vertrauen in vernetzte Technologien untersucht wird.
Die Intransparenz von Prozessen und das einhergehende Unwissen lösen vielfach Unsicherheit und Abneigung aus, denn immerhin dringen Smart Homes in einen Bereich ein, der für die Außenwelt normalerweise verschlossen ist (oder den wir zumindest gerne verschlossen halten): das Zuhause.
Weiters sind die Systeme meist komplex in der Bedienung und erscheinen den Nutzern nicht unmittelbar als hilfreich. Besonders ältere Nutzergruppen haben öfters Berührungsängste vor neuen Technologien und deren Verwendung. Daher ist es hier sinnvoll, bekannte und vorhandene Systeme wie Fernseher zu verwenden, um zum Beispiel Nachrichten zu verfassen oder mit Verwandten in Kontakt zu treten. Dieses Konzept wird beispielsweise in dem Projekt vAssist erforscht. Wie subjektiv nützlich und einfach also jemand die intelligente Kaffeemaschine empfindet, entscheidet schlussendlich darüber, ob er oder sie die Kaffeemaschine auf kurze und lange Sicht nutzen wird.
Zusätzlich sind bisherige Erfahrungen und Erlebnisse, die empfundene Freiwilligkeit der Benutzung und die vorherrschende gesellschaftliche und soziale Norm bezüglich dieser technologischen Innovationen für deren Akzeptanz ausschlaggebend. Auch Persönlichkeitsaspekte wie Ängstlichkeit vor technischen Neuerungen und Fähigkeiten wirken sich auf die Bereitschaft zur Nutzung von Smart Homes aus.
Aus diesen Gründen ist es bereits jetzt und besonders in Zukunft wichtig, den Nutzer ins Zentrum der Technologie zu stellen und seine Bedürfnisse und Wünsche zu beachten, um eine tatsächliche Alltagserleichterung durch Technologie im Zuhause zu ermöglichen. Unsere Aufgabe als Forscher in diesem Bereich liegt darin, Wahrnehmungsprozesse zu untersuchen und die Bedürfnisse der Nutzer bereits in die Gestaltung solcher Smart Homes einfließen zu lassen. Nur auf diese Art und Weise wird es möglich sein, dass in unserer Gesellschaft ein natürlicher und bewusster Umgang mit intelligenter Technologie ermöglicht wird, denn diese soll den Menschen unterstützen und sich an ihn anpassen und nicht umgekehrt.