Josef Penninger: "Erfolgreiche Forschung braucht Geld"
So wichtig Auszeichnungen als Wertschätzung der eigenen Leistung und als Triebfeder für die weiteren Forschungen auch sind - Josef Penninger, Chef des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) der Akademie der Wissenschaften in Wien, warnt davor, alles nur an verliehenen Preisen aufzuhängen. Prinzipiell sollte man das bestehende System der Forschungsförderung in Österreich kritisch hinterfragen und konzeptionell auf neue Beine stellen.
Penninger wurde am 5. September 1964 in Gurten, Oberösterreich geboren. Zu seinen wichtigsten Auszeichnungen gehören "Wissenschafter des Jahres 2003", die "Carus-Medaille der Deutschen Akademie der Wissenschaften Leopoldina" (2007), der "Ernst Jung-Preis für medizinische Spitzenforschung" (2007), der Descartes-Preis (höchster Wissenschafts-Preis der EU) 2007, der "Advanced Investigator Grant" des ERC (European Research Council) 2008, die ASMR Medaille der Australian Society for Medical Research 2009 sowie der „Innovator Award“ des US Verteidigungsministeriums (Congressionally Directed Medical Research Program) 2012. Zu seinen wichtigsten Forschungsleistungen zählen richtungsweisende Erkenntnisse über die molekulare Basis von Osteoporose und Brustkrebs sowie Arbeiten zu den Themen chronischer Schmerz, Herz- und Lungenerkrankungen.
APA-Science: Was hat sich durch die Auszeichnung(en)/Grant(s) für Sie persönlich verändert bzw. welche(r) davon war am bedeutsamsten?
Josef Penninger: Ich habe für meine Forschungsleistungen schon eine Reihe an Auszeichnungen bekommen. Der wichtigste in letzter Zeit war mit Sicherheit der „Innovator Award“ des amerikanischen Verteidigungsministeriums in der Höhe von 7,4 Millionen Dollar. Mit dieser großzügigen Förderung möchte ich jetzt die Bedeutung des Proteins RANKL für die Entstehung von Brustkrebs und auch dessen Metastasierung weiter erforschen. Wenn ich damit Erfolg habe, könnte sich am IMBA ein Kompetenzzentrum für Brustkrebsforschung etablieren.
Ich denke, Auszeichnungen dieser Art, aber auch klassische Grants, stehen für zwei wichtige Dinge. Erstens ist es natürlich schön, eine Anerkennung für seine bisherigen Leistungen zu bekommen. Wer freut sich nicht, wenn das, was er tut, wertgeschätzt wird. Zum Zweiten – und das ist für mich der wichtigere Teil - hilft eine Unterstützung in dieser Höhe auch, gute Projekte weiter voranzubringen. Wir wollen ja weiter erfolgreiche Forschung machen und dazu brauchen wir Geld.
APA-Science: Braucht man in der Wissenschaft heute Auszeichnungen, um voran zu kommen?
Penninger: Vor allem wenn es sich um Grants handelt, die bestimmte Projekte oder Nachwuchstalente gezielt fördern, kann so etwas der Karriere eines Jungforschers durchaus Anschub verleihen. Institute können sehr oft nur eine gewisse Basisfinanzierung anbieten. Wenn es also einem jungen Gruppenleiter gelingt, zusätzlich Grants einzuwerben, kann er vielversprechende Projekte schneller vorantreiben. Preise und Auszeichnungen, die in der Community anerkannt sind, könnten ihm auch möglicherweise beim nächsten Karriereschritt helfen. Ich warne allerdings davor, alles nur an verliehenen Preisen aufzuhängen. Es gibt eine ganze Reihe von erstklassigen Wissenschaftlern und genialen jungen Köpfen, die noch nicht bedacht wurden. Am wichtigsten für Erfolg sind sicherlich immer noch Talent, gute Ideen und ein gewisses Durchhaltevermögen.
APA-Science: Welche Preise und Förderungen sind gut, welche weniger, welche müssten erst erfunden werden?
Penninger: Alle Fördermittel, die mit der Gießkanne wahllos ausgeschüttet werden, könnten meiner Meinung nach sinnvoller verwendet werden. Lieber eine kleinere Anzahl an Projekten und Personen fördern, dafür aber gezielter und mit Summen, die auch Sinn machen. Was hat denn ein Forscher von ein paar Tausend Euro, wenn er allein für die nächste Bestellung seiner Reagenzien mehr als das Dreifache ausgeben muss? Ich habe mich daher auch immer für die Beibehaltung der ERC Grants durch die EU ausgesprochen. Das ist für mich ein wirklich gutes Beispiel, wie Erfolg versprechende Projekte gezielt gefördert werden können.
APA-Science: Anton Zeilinger sagte kürzlich sinngemäß, dass man die Mittel für hoch dotierte Preise wie etwa den Wittgensteinpreis genauso gut Jungforschern zur Verfügung stellen könnte. Wie bewerten Sie diese Einschätzung?
Penninger: Das würde für mich davon abhängen, wie diese Förderung für die Jungforscher dann im Endeffekt konkret aussehen würde. Prinzipiell bin ich aber sehr dafür, das bestehende System der Forschungsförderung in Österreich kritisch zu hinterfragen und konzeptionell auf neue Beine zu stellen.
APA-Science: Wie schätzen Sie den Stellenwert der Öffentlichkeit und von Öffentlichkeitsarbeit für die Wissenschaft und die Person des Wissenschafters selbst ein?
Penninger: Ich denke, die Wissenschaft müsste in der Öffentlichkeit noch einen viel höheren Bekanntheitsgrad und somit auch eine größere Relevanz bekommen. Jeder kann aus dem Stegreif fünf bekannte Sportler, Maler oder Opernsänger aufzählen. Fragt man nach Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, dann sieht es ganz anders aus. Das finde ich sehr schade, zumal sich die Erfolge in der Wissenschaft sehr direkt auf die Zukunft und die Gesellschaft unseres Landes auswirken werden. Ich denke, hier sind auch besonders die Medien gefragt, die dieses Ressort noch kräftiger unterstützen sollten. Das Interesse in der Bevölkerung ist zweifelsfrei da. Mir persönlich ist auch der Nachwuchs sehr wichtig. Schon junge Menschen sollen mit Wissenschaft in Berührung kommen. Daher haben wir auch am IMBA das Vienna Open Lab, in dem Kinder, aber auch alle anderen Interessierten, selbst Experimente ausprobieren können.