Archäologin Sabine Ladstätter gestorben
Die Archäologin Sabine Ladstätter, als "Wissenschafterin des Jahres 2011" ausgezeichnet, ist Montagmittag 55-jährig nach längerer Krankheit gestorben. Entsprechende Meldungen des ORF Kärnten wurden der APA vom Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) bestätigt. Die Kärntnerin leitete 14 Jahre lang die Grabungen österreichischer Archäologen in der antiken Stadt Ephesos an der türkischen Ägäisküste.
Ladstätter wurde am 22. November 1968 in Klagenfurt geboren, studierte an der Universität Graz Alte Geschichte und Altertumskunde sowie Klassische Archäologie und spezialisierte sich auf Wirtschaftsarchäologie. 1997 dissertierte sie im Fach Klassische Archäologie an der Uni Wien. Von 1987 bis 1998 arbeitete sie bei den Ausgrabungen am Kärntner Hemmaberg mit, ab 1992 als örtliche Grabungsleiterin. Seit 1995 war Ladstätter in Ephesos tätig, wurde stellvertretende Grabungsleiterin, übernahm 2009 die Leitung des ÖAI und 2010 schließlich die Grabungsleitung in Ephesos. Erst am Montag wurde nun Martin Steskal als neuer Grabungsleiter bekanntgegeben.
Bereits in der Volksschule von der Archäologie geträumt
Sabine Ladstätters Interesse an ihrem Fach wurde bereits früh geweckt. Bei einem Volksschulausflug zu den Ausgrabungen auf den Magdalensberg in Kärnten fragte sie ihre Lehrerin, wer denn hier arbeite. Auf die Antwort erwiderte sie: "Archäologen? Das werde ich auch einmal." Die auch in Sachen Wissenschaftskommunikation äußerst aktive Forscherin verfolgte daraufhin ihren Weg konsequent.
Schon als Schülerin nahm sie als Praktikantin an mehreren Grabungen teil. Nach dem Studium widmete sie sich der Rekonstruktion von antiker Wirtschaft, Gesellschaft, Handel, Gütertransfer, etc. Ihre Dissertation im Fach Klassische Archäologie an der Uni Wien (1997) hat die Wissenschafterin zum Thema "Von Mediterraneum zur provincia Slaborum" geschrieben.
Zum Schwerpunkt ihrer wissenschaftlichen Arbeit wurden neben archäologischen Stätten in ihrem Heimatbundesland - Ladstätter veröffentlichte zum Beispiel im Jahr 2018 das Buch "Die Heilige vom Hemmaberg. Cold Case einer Reliquie" - die bereits 1895 begonnenen, traditionsreichen österreichischen Grabung in Ephesos. Ab Mitte der 1990er Jahre arbeitete sie u.a. an Keramikfunden aus dem dortigen "Hanghaus 2". Für die Publikation dieser Analysen wurde sie am Institut für Kulturgeschichte der Antike der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) angestellt, dessen stellvertretende Direktorin sie ab 2001 war. 2007 habilitierte sich Ladstätter im Fachbereich Klassische Archäologie zum Thema "Studien zur ephesischen Keramik von späthellenistischer bis spätantiker Zeit".
Immer wieder politischer Hickhack um Ausgrabungen
Ladstätters Zeit als Grabungsleiterin in Ephesos brachte nicht nur neue, vielfach aufsehenerregende Entdeckungen, wie etwa die Freilegung eines frühbyzantinische Geschäfts- und Lokalviertels im Jahr 2022 mit sich, sie war auch von Unterbrechungen durch politische Querelen oder die Covid-19-Pandemie geprägt. Da das ÖAI alljährlich um eine Grabungsgenehmigung bei der Antikenverwaltung der Türkei ansuchen muss, wurde die Erteilung der Lizenz mehrmals zum diplomatischen Spielball und die österreichischen Archäologen mussten ihre Tätigkeit in Ephesos einstellen.
Schon rund um ihre Bestellung zur Grabungsleitung musste Ladstätter kämpfen: Nachdem der schon 2007 gefasste Plan Österreichs zu ihrer Ernennung zunächst auf türkischer Seite auf Widerstand stieß, zog sich das Prozedere über knapp drei Jahre hinweg. Die Beharrlichkeit wurde aber schon bald belohnt, als ihr in der Grabungskampagne 2011 einer ihrer schönsten Funde gelang: Völlig unerwartet stieß sie auf dem Areal des Domitianstempels im Zentrum von Ephesos auf ein spätantikes Mosaik. "Erst beim Freiputzen sind dann die figürlichen Darstellungen wie Fische und Fabelwesen aufgetaucht - da schlägt das Herz einfach höher", sagte Ladstätter damals zur APA.
Würdigungen
Die ÖAW würdigte Ladstätter am Montag in einer Aussendung als "eine brillante österreichische Wissenschafterin von internationaler Strahlkraft. Ich habe sie stets als einen Menschen voller Tatendrang erlebt. Sie brannte für ihr Fach, die Archäologie, und hatte die große Gabe, diese Leidenschaft und Begeisterung auch einem breiten, nichtwissenschaftlichen Publikum vermitteln zu können. Mit ihrer Forschung insbesondere in Ephesos hat sie maßgeblich zum weltweiten Ansehen der österreichischen Archäologie beigetragen", so ÖAW-Präsident Heinz Faßmann.
Ladstätter, die 2023 als wirkliches Mitglied in die Akademie aufgenommen wurde, habe auch maßgeblich dazu beigetragen, "neue Methoden in der Archäologie zu etablieren". Zudem habe sie sich vielfach um die "Bewahrung des kulturellen Erbes durch Restaurierung" verdient gemacht. "Nicht zuletzt dank der Arbeiten von Ladstätter und ihrem Team" zähle Ephesos seit dem Jahr 2015 zum Weltkulturerbe der UNESCO.
"Mit großer Bestürzung habe ich heute vom Ableben von Sabine Ladstätter erfahren", so Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP). Mit der "weltweit anerkannten und vielfach ausgezeichneten Forscherin" verliere "Österreich nicht nur eine exzellente Archäologin und Wissenschafterin, sondern auch eine begnadete Wissenschaftskommunikatorin, die viele Menschen für die Geschichte der Antike zu begeistern wusste".
Das ÖAI, dessen "Transformation" an die ÖAW inklusive Zusammenlegung aller dort beheimateten archäologischen und altertumswissenschaftlichen Institute Ladstätter in den vergangenen Jahren federführend umgesetzt hat, würdigte in einem Nachruf den "unermüdlichem Einsatz" der Forscherin "solange ihre Gesundheit es erlaubte". "Von ihren auf die Zukunft ausgerichteten Überlegungen" zeuge am ÖAI u.a. eine moderne Laborlandschaft. "Trotz aller Belastungen, die ihre vielen Managementaufgaben mit sich brachten, hatten Lehre und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses für sie Priorität", heißt es.