EU-Renaturierungsverordnung im Fokus von Umweltrechtsforum in Graz
Die EU-Renaturierungsverordnung, die mit August 2024 in Kraft getreten ist, wird als Kernstück des European Green Deal angesehen. Ihr Ziel ist die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme in den Mitgliedsstaaten. Gerhard Schnedl, Jurist am Forschungszentrum für Klimaschutzrecht "ClimLaw:Graz" an der Uni Graz, bewertet sie als absolut notwendig. Die Umsetzung und ihre Auswirkungen auf die Land- und Forstwirtschaft sind Thema des 7. Grazer Umweltrechtsforums am 20. November.
Die einen feiern sie als Meilenstein für den Naturschutz, andere verteufeln sie als existenzielle Bedrohung für die Landwirtschaft: Im Vorfeld zum Grazer Umweltrechtsforum betonte der Grazer Natur- und Klimaschutzrecht-Experte Gerhard Schnedl, dass die Verordnung für Österreich eine Herausforderung darstellt, aber keine Ängste geschürt werden sollten."Bedenkt man, wie schlecht es um Europas Ökosysteme steht, muss das neue Regulativ vielmehr als absolut notwendig betrachtet werden: zur Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität, zur Bekämpfung des Klimawandels und der damit verbundenen Naturkatastrophen sowie zur Gewährleistung der Ernährungssicherheit für kommende Generationen", zeigte sich der wissenschaftliche Leiter des Grazer Umweltrechtsforum überzeugt.
81 Prozent der geschützten Lebensräume in schlechtem Zustand
Laut Europäischer Umweltagentur sind 81 Prozent der geschützten Lebensräume, 39 Prozent der geschützten Vögel und 63 Prozent anderer geschützter Arten in der EU in schlechtem Zustand. Durch die EU-Renaturierungsverordnung soll sich das ändern: "Bis 2030 sind nationale Wiederherstellungsmaßnahmen für mindestens 30 Prozent, bis 2040 für mindestens 60 Prozent und bis 2050 für mindestens 90 Prozent der geschädigten Flächen von Land-, Küsten- und Süßwasserökosystemen umzusetzen. Hinzu kommt, für die Erholung der Bestäuberpopulationen, also der entsprechenden Insektenbestände, zu sorgen", fasste Schnedl die für die Mitgliedsstaaten rechtsverbindlichen Ziele zusammen.
In der Landwirtschaft müssen Fortschritte bei mindestens zwei von drei Biodiversitätsindikatoren erzielt werden: der Population von Wiesenschmetterlingen, dem Vorrat an organischem Kohlenstoff in Ackerböden und dem Anteil der Flächen mit artenreichen Landschaftselementen wie Feldgehölzen oder Kleingewässern. Moorböden sollen teilweise wiederhergestellt werden, unterstützt durch finanzielle Mittel der Länder. Die Verordnung sieht aber auch vor, Ziele vorübergehend auszusetzen, wenn sie die Ernährungssicherheit gefährden", betonte Schnedl.
Biologische Vielfalt von Waldökosystemen verbessern
Die biologische Vielfalt von Waldökosystemen soll durch mehr Baum- und Waldvogelarten verbessert werden. Bis 2030 sollen EU-weit drei Milliarden Bäume gepflanzt werden. An Flüssen und Auen müssen künstliche Hindernisse beseitigt werden, um 25.000 Kilometer Flüsse in frei fließende Gewässer umzuwandeln. In städtischen Ökosystemen dürfen bis 2030 nicht mehr Grünflächen verbaut als neu errichtet werden. Danach muss eine Zunahme erfolgen. Jedenfalls müssen die Mitgliedstaaten einen nationalen Wiederherstellungsplan verfassen und der EU-Kommission einen ersten Entwurf vorlegen.
Service - "7. Grazer Umweltrechtsforum", "Biodiversität und Renaturierung im Fokus des Naturschutzrechts. Rahmenbedingungen und Herausforderungen für Politik und Praxis im Zeichen der Klimakrise", 20. November 2024,
https://climlaw.uni-graz.at/de/unsere-forschung/projekte/umweltrechtsforum