Unis vertrauen auf die Macht des Bewegtbilds
Ein Film zeigt mehr als tausend Worte: Teenies weltweit haben erkannt, dass DIY (Do It Yourself)-Videos mit Anleitungen zu praktisch allem eine dankbare Abnehmerschaft finden. Transportiert auf die akademische Ebene setzt sich der Gedanke ebenfalls immer stärker durch.
Hoch auflösende Bilder, Videos und Filme zur Vermittlung von Lehrinhalten spielen an der Universität eine zunehmend wichtigere Rolle, hat Michael Bernkopf, Projektleiter der Multimediadatenbank an der Veterinärmedizinischen Universität und Verantwortlicher für die neue Medienwerkstatt, festgestellt.
Mit der Medienwerkstatt, die derzeit eingerichtet und getestet wird, möchte er den Forschern ein Werkzeug in die Hand geben, um mediale Inhalte selbst herstellen zu können. In der Zusammenarbeit mit den Lehrenden ortet Bernkopf häufig dieselben Fragestellungen: "Wie kann ich Top-Fotos von meiner Forschungsarbeit machen? Wie stelle ich ein webtaugliches Video her? Wie optimiere ich Lernunterlagen medial?"
Bessere Vorbereitung mit Videos
Bernkopf sieht in filmischen Lernunterlagen einen wesentlichen Vorteil für die Studierenden, aber auch für die Qualität der Ausbildung insgesamt. "Mithilfe eines Videos können sich Studierende besser auf eine Übung vorbereiten und das kommt ihnen selbst, aber auch dem Lehrenden, zugute." Auf der uni-eigenen E-Learning-Plattform gäbe es unzählige Power Point-Präsentationen. "Viele wichtige Details werden aber naturgemäß nur im Vortrag erwähnt und fehlen dann in den Folien. Daher ist es mir ein Anliegen, dass künftig mehr Präsentationen vertont und dann als Film online gestellt werden", erklärt der gelernte Tierarzt mit hoher Affinität zur IT.
So wurden bereits Kameras samt Zubehör angekauft, ein Mischpult ermöglicht das Nachvertonen von Videos und auf dem Wunschzettel für das Christkind findet sich noch eine Art "Action Cam", wie man sie etwa von Skirennläufern kennt, die ihre Abfahrt mitfilmen. "Damit hat ein Lehrender die Möglichkeit, wichtige Abläufe etwa bei der Untersuchung eines Patienten verwacklungsfrei mitzufilmen bzw. mitfilmen zu lassen. Dank dieser einfach zu bedienenden Kamera wird kein separater Videodreh notwendig. Wir wollen die moderne Technik nutzen, um die Lehre optimal zu unterstützen", erläutert Bernkopf die Vorteile. An der Rinderklinik und an der Kleintierchirurgie würden ähnliche Videos bereits jetzt eingesetzt.
Forschungsjournals: Foto entscheidet
Weil die Lehre allerdings immer (noch) im Windschatten der Forschungstätigkeit steht, fehlt den Lehrenden oftmals die Zeit, um sich mit langwierigen medialen Fragen herumzuschlagen. Aber Forschung und Lehre befruchten sich gegenseitig, und so hängt auch der Publikationserfolg eines Forschers heute stärker als früher von den mitgelieferten Bildern und Videos ab. "Bilder sind grundsätzlich wichtiger geworden. Die Journals legen heute mehr Wert auf ein attraktives Erscheinungsbild", gibt Bernkopf zu bedenken. "Da heißt es dann: Das Journal XY möchte bessere Fotos in Druckqualität, wie kann ich das anstellen?" Das Ziel sei, den Forschern und Lehrenden eine Hilfestellung zu geben, die sie in absehbarer Zeit dazu in die Lage versetzt, sich selbst zu helfen.
"Wir legen Wert auf eine einfache Handhabung und Umsetzung, hochkomplexe Methoden interessieren uns für diesen Zweck nicht", stellt er fest. Deshalb schneide man Videos mit einem Basic-Programm. Damit würde die Hemmschwelle, diese Software selbst einzusetzen, möglichst gering gehalten. Bei einem sechsstündigen Fotografie-Workshop lernten Interessenten außerdem Grundsätzliches, wie etwa den RAW-Prozess, kennen. Durch diese Art der Bildentwicklung außerhalb der Kamera kann die Qualität von digitalen Aufnahmen enorm verbessert werden. "Qualitative Medien sind notwendig. Ein Bild von einem Mäuselungentumor etwa muss absolut scharf und hochauflösend sein", erklärt Bernkopf, der auch die Multimediadatenbank ("VetMediathek") der Vetmed aufbaut.
Die Medienwerkstatt wird über die E-Learning-Plattform beworben und soll zu Beginn des kommenden Jahres in den Echtbetrieb starten.
Forschungsfilme für die Wissenschaftskommunikation
Filme über Wissenschaft produziert auch die Universität Innsbruck seit einem Jahr. Die mittlerweile einige Dutzend Kurzvideos über Forschung dienen aber der Wissenschaftskommunikation im weitesten Sinn, wie der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, Uwe Steger, gegenüber APA-Science erläutert.
"Wir wollen 'unsere' Wissenschaft möglichst vielen Menschen näherbringen. Über bewegte Bilder - also Film - lassen sich komplexe Forschungszusammenhänge einem interessierten Publikum am besten vermitteln, das zeigen viele Studien", so der Kommunikationsprofi. Während früher die Verbreitung von Filmmaterial via Fernsehkanälen der einzige, recht kostenintensive Weg war, stellen heute die diversen Social Media-Plattformen eine einfache und günstige Distributionsmöglichkeit dar. "Kurzvideos helfen außerdem, unsere Forschungs- und Studienschwerpunkte in einem crossmedialen Mix ansprechend präsentieren zu können", so die Vorteile.
Zum einen richten sich die Clips dementsprechend an Schüler, die sich für ein Studium an der Uni Innsbruck interessieren, aber auch höhersemestrige Studierende, die ihren Master oder PhD planen. "Die Videos dienen hier zur inhaltlichen Studieninformation", erklärt Steger. Die zweite Zielgruppe seien Menschen mit einem grundsätzlichen Interesse für Wissenschaft. Mit den Videos habe man die Möglichkeit, ihnen die wissenschaftliche Arbeit an der Uni ebenso wie Erfolge von Forschern zu vermitteln. "Das können Lehrer sein, die Angebote für ihre Schüler suchen oder auch Menschen aus kleinen oder größeren Unternehmen, die etwa auf der Suche nach einer Lösung für ein technisches Problem sind", führt Steger näher aus.
Videos als "Schaufenster in die Uni"
Doch die Wissenschaftsvideos stellen nicht nur die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung als Grundlage für eine Weiterentwicklung der Gesellschaft in den Vordergrund und unterstreichen hierfür naturgemäß die Rolle der diversen universitären Fachbereiche. Sie dienen auch handfesteren Zwecken und bieten eine Plattform, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und das Berufsbild des Forschers oder der Forscherin in der Öffentlichkeit greifbarer zu machen - Elfenbeinturm war gestern. "Wir wollen unter anderem mit diesen Filmen und Clips ein Schaufenster in die Uni schaffen und gehen davon aus, dass sich die Menschen damit ein realistisches Bild davon machen können, wie Wissenschaft funktioniert, wozu sie nützt und wie etwa Teamarbeit bei uns aussieht", unterstreicht Steger.
Ein Teil der Videos wird in der Öffentlichkeitsarbeit selbst produziert und über YouTube oder Facebook in Umlauf gebracht. Kurze, fernsehtaugliche Forschungsfilme entstehen in Kooperation mit dem privaten Lokalsender Tirol TV. "Diese laufen dann natürlich auch auf dem Sender, aber der große Vorteil ist, dass wir die professionell gestalteten Videos zudem auf Social Media-Kanälen verteilen dürfen", erklärt der Fachmann.
Die Crux: Komplexe Zusammenhänge verkürzen
Die Forscher selbst reagierten unterschiedlich auf die Kamera. "Am Anfang fühlt sich der eine oder andere da vielleicht nicht unbedingt wohl und ist zunächst sicherlich auch nervös, das ist ganz normal", befindet Steger. Aber mit der entsprechenden Unterstützung funktioniere es dann, zudem Forscher grundsätzlich sehr interessiert daran seien, ihre Arbeit darzustellen. "Schwierig wird es dann, wenn komplexe Zusammenhänge zu stark vereinfacht werden: Wissenschaft ist das Bohren dicker Bretter, daher muss man sich auch genau überlegen, wie man die Balance zwischen Komplexität und Allgemeinverständlichkeit hält", so der Experte. "Wir unterstützen hier und besprechen solche Drehs vorher mit den Forscherinnen und Forschern."
Im Rahmen eines Projekts werden auch verschiedene Einführungsvorlesungen mitgefilmt. Die können zwar von Studierenden zum Nachholen einer versäumten Vorlesung genutzt werden, sollten aber vorrangig Interessierten die Gelegenheit geben, in verschiedene Wissenschaftsbereiche hineinzuschnuppern.
Von Sylvia Maier-Kubala / APA-Science